Reza Zarrab Erdoğans Dealer

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Gülen-Verschwörung?

Kurz nach Zarrabs Verhaftung 2013 tauchen Tonbandaufnahmen auf, auf denen angeblich Erdoğan und sein Schwiegersohn zu hören sind, wie sie darüber beraten, Bargeld verschwinden zu lassen. Um die Deals mit Teheran abzuwickeln, soll Zarrab in großem Stil und an höchster Stelle geschmiert haben - darunter bei Erdoğans Sohn Bilal, dem damaligen Wirtschaftsminister Zafer Caglayan und dem Chef der staatlichen Halkbank Mehmet Hakan Atilla, der einzige Mitangeklagte in New York. Von Schuhkartons voller Geld ist die Rede.

Erdoğan selbst sieht das als Teil der Gülen-Verschwörung, die er auch für den Putschversuch vom 15. Juli 2016 verantwortlich macht. Die Telefongespräche seien eine Fälschung der Gülenisten. Der Kopf der Bewegung, Fetullah Gülen, lebt seit 1999 in Pennsylvania. „Als ihre Verschwörung in der Türkei zusammenbrach, versuchten sie dasselbe in den USA“, sagte Erdoğan im November vor dem türkischen Parlament.

Für die türkisch-amerikanischen Beziehungen ist der Fall Zarrab Gift und trägt weiter zur Entfremdung der beiden Nato-Partner bei: Seit Oktober tobt ein Visa-Kleinkrieg zwischen beiden Ländern. Nachdem die türkischen Behörden einen Mitarbeiter des amerikanischen Konsulats wegen Verdacht auf Mitgliedschaft einer terroristischen Vereinigung festgenommen hatten, erteilen die amerikanischen Behörden türkischen Staatsbürgern keine Touristenvisa mehr.

Die Türkei tat es den USA gleich. Die Eskalation zwischen den beiden Ländern belastet die Wirtschaft: Die ausländischen Direktinvestitionen in die Türkei fallen: In den ersten neun Monaten dieses Jahres lagen sie 19 Prozent niedriger als im Vorjahreszeitraum. Die Lira hat seit September 25 Prozent an Wert verloren. Das setzt viele türkische Firmen unter Druck, die Kredite in Dollar aufgenommen haben - die Schuldenlast der Privatsektors in Form von Fremdwährungskrediten liegt mittlerweile bei 320 Milliarden US-Dollar - eine schwache Lira lässt die Schuldenlast steigen. Den sechs türkischen Banken, die in den Skandal verwickelt sind, könnte bis zu 20 Milliarden US-Dollar an Strafen drohen.

Auch der türkische Leitindex hat seit den Spannungen um mehr als zehn Prozent verloren - besonders stark fielen Bankaktien.

Laut einer Umfrage des PEW-Instituts in Washington haben nur 13 Prozent der Türken ein positives Bild der USA. Erdoğan hat also gute Chancen, mit seiner Interpretation der Ereignisse erfolgreich zu sein. Die wirtschaftlichen Folgen aber werden schmerzen.

Zarrab selbst dürfte straffrei ausgehen. Beim Prozessauftakt am Dienstag wurde klar: Er hat in einen Deal eingewilligt, sich schuldig bekannt und wird nun als Belastungszeuge auftreten.

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