Roberto Azevêdo "Natürlich gibt es Verlierer"

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Wer sind die Advokaten des Freihandels?

Wer sind denn die Advokaten des Freihandels, die ihre Stimme erheben sollen?
Ich meine nicht nur die WTO, sondern auch die Unternehmen. Sie müssen mit ihren Mitarbeitern sprechen, die dann mit Kollegen und Bekannten und Familien über die Bedeutung von Handel reden. Viele Menschen spüren nicht, dass sie jeden Tag vom Freihandel profitieren. Wenn man den Arbeitern sagt, dass man ihnen künftig 60 Prozent ihres Gehaltes kürzt, gäbe es einen Aufruhr. Aber nichts anderes würde passieren, wenn man Handel verbieten würde. Das ist eine ökonomische Realität.

Aber haben Nichtregierungsorganisationen und Leute wie Donald Trump nicht einen relevanten Punkt, wenn sie auf die Verlierer hinweisen?
Das ist ja genau die Debatte, die wir brauchen. Gibt es Verlierer der Globalisierung? Natürlich. Aber es gibt eben mehr Gewinner als Verlierer. Man darf die Verlierer deshalb aber nicht ignorieren. Regierungen müssen die negativen Einschläge minimieren. Das macht man aber nicht, indem man Handel unterbindet.

Sondern?
Zunächst einmal verlieren Leute ihren Job nicht durch Handel, sondern durch technologischen Fortschritt. In vielen Ländern höre ich Leute, die sagen, dass ihre Produktivität zu niedrig sei. Aber was heißt denn das? Eine höhere Produktivität kann Arbeitslosigkeit bedeuten, denn Unternehmen produzieren mehr mit weniger Leuten. Die entscheidende Frage ist, wie man damit umgeht. Die Regierungen müssen in Bildung investieren und Beschäftigte gegen Arbeitslosigkeit versichern. Es gibt viele Wege.

Dass ein Land auch dann Handel treiben kann, wenn seine Arbeiter weniger produktiv sind als die in anderen Ländern, zeigt David Ricardo in unserer Animation.

Haben Sie schon mit Donald Trump gesprochen?
Nein.

Fürchten Sie sich vor dem neuen Protektionismus der Amerikaner?
Lasst uns nicht naiv sein. Was die Amerikaner an Forderungen auf den Tisch legen werden, hängt sehr stark davon ab, was sie intern besprechen. Nicht jeder in Washington findet Freihandel schlecht. Die Regierung spricht mit der Verwaltung, mit dem Kongress, Unternehmen und Gewerkschaften und natürlich auch mit Regierungen aus anderen Ländern. Die Staatsführer aus China und Deutschland haben mit Sicherheit versucht, Donald Trump von der Bedeutung des Handels zu überzeugen. Das ist ein stetiger Meinungsaustausch. Die amerikanische Regierung wird derzeit ständig mit guten Gegenargumenten konfrontiert.

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