Roland Berger Beratung im großen Stil

Roland Berger fordert eine griechische Treuhandgesellschaft. Die bekannteste deutsche Unternehmensberatung mischt schon lange in Politik und Wirtschaft mit und entdeckt immer mehr die Schuldenkrise für sich.

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Roland Berger Quelle: WirtschaftsWoche

Projekt Eureca heißt der Masterplan, den die Unternehmensberatung Roland Berger Strategy Consultants gerade quer durch Europa trägt, um die entscheidenden Köpfe von der Idee einer griechischen Treuhandgesellschaft zu überzeugen. Die Idee ist im Allgemeinen nicht neu. Treuhand ist der entscheidende Begriff, wenn es um die Privatisierung der ehemaligen DDR-Betriebe nach der Wende geht. Bereits damals hatte die größte deutsche Beratungsfirma unter Roland Berger ihre Ideen prominent eingebracht.

Im Juli 1990 waren Roland Berger & Partner, wie die Unternehmensberatung damals noch hieß, an den Planungen der Treuhandanstalt maßgeblich beteiligt. So wurde die Unternehmensberatung etwa mit der Entwicklung einer neuen Organisationsstruktur beauftragt, und Vorschläge zur strukturellen Organisation auch umgesetzt. Chef und Gründer Roland Berger selbst wird daher noch heute eng mit der Treuhandanstalt verbunden.

Mit rund 2000 Mitarbeiter und 43 Büros in 31 Ländern ist Roland Berger Strategy Consultants heute die größte deutsche Unternehmensberatung. Weil das Unternehmen seine Geschäftszahlen nicht mehr veröffentlicht, gibt es nur Schätzungen. Experten gehen dabei von einem weltweiten Umsatz von rund 600 Millionen Euro aus.

Große Kunden aus Politik und Wirtschaft

Zu den Kunden gehören die größten deutschen Konzerne ebenso wie zahlreiche Politiker. So beriet Roland Berger bereits Politiker wie Gerhard Schröder, Angela Merkel und Edmund Stoiber. Auf der Kundenliste stehen außerdem Unternehmen wieder Lebensmittelkonzern Oetker oder das Chemie- und Pharmaunternehmen Hoechst. Auch die Bundesregierung ließ sich schon mehrmals von Roland Berger beraten. So etwa in Sachen Opel-Rettung. Das Pikante: Roland Berger beriet gleichzeitig die deutsche Regierung und den amerikanischen Mutter-Konzern von Opel General Motors.

Der langjährige Chef und Gründer des Unternehmens Roland Berger selbst studierte Betriebswirtschaftslehre in Hamburg und München und gründete bereits während seiner Uni-Zeit eine Wäscherei mit 15 Mitarbeitern. Nach dem Studium verkaufte er sie und gründete 1967 in München die gleichnamige Beratungsfirma. Noch heute befindet sich der Hauptsitz der "Roland Berger Strategy Consultans" in der bayerischen Landeshauptstadt. Erster Kunde war damals das Touristikunternehmen TUI, das sich damals aus vielen kleineren Unternehmen zu dem Tourismusriesen entwickelte.

Rückzug nach 43 Jahren

Roland-Berger-Chef Martin Quelle: dpa

Nachdem Berger 2003 bereits den Chefsessel an Burkhard Schwenker abgegeben hatte, trat der Gründer im August 2010 auch als Aufsichtsratsvorsitzender ab - und überließ die Unternehmensspitze anderen. Damit zog sich Deutschlands bekanntester Berater mit 72 Jahren aus dem aktiven Geschäft zurück und wurde Ehrenvorsitzender des Unternehmens.

Der Rückzug Bergers bedeutete für das Unternehmen eine Neustrukturierung: Die Entscheidung fiel gegen die Einzelspitze und für eine Führungsmannschaft. An der Spitze der Beratungsfirma steht heute das internationale "Executive Committee", das von Martin C. Wittig als Vorstandschef (seit August 2010) und von Burkhard Schwenker (seit August 2010) als Aufsichtsratsvorsitzender angeführt wird.

Auch zur europäischen Schuldenkrise hat sich die Beratungsfirma schon früher Gedanken gemacht: Zuletzt machte das Beratungsunternehmen auf sich aufmerksam, weil sie die Diskussion zur Gründung einer europäischen Ratingagentur belebte. Nach anhaltender Kritik an den US-amerikanischen Ratingagenturen waren diese Pläne als Alternative zu Moody's und Co diskutiert worden.

Der Plan zur europäischen Ratingagentur

Im Juni dieses Jahres hatte es deshalb auch Sondierungsgespräche von Roland Berger Strategy Consultants mit Vertretern der hessischen Landesregierung gegeben, um eine derartige europäische Ratingagentur in Frankfurt am Main zu gründen. Mit Erfolg.

Bereits im Frühjahr 2012 soll die Agentur als unabhängige Stiftung erste Länderratings vorlegen und damit die Vormachtsstellung von Fitch, Moody's und Standard & Poor's beenden. Ab 2013 sollen dann auch Bewertungen von Unternehmen hinzukommen. "Bis Ende 2011 werden wir ein Konsortium von bis zu 25 Teilnehmern gebildet haben, die je zehn Millionen Euro investieren", sagte Markus Krall, Partner der Unternehmensberatung Roland Berger. Insgesamt soll der Aufbau nach Medienberichten rund 300  Millionen Euro kosten.

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