Rouhani gewinnt Wahl im Iran Eine klare Absage an die Hardliner

Amtsinhaber Rouhani hat die Wahl im Iran gewonnen. Das Ergebnis zeigt den klaren Willen der Bevölkerung: Sie will den Reformkurs fortführen und die Isolation beenden. Doch es gibt ein großes Aber. Eine Analyse.

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Es darf keine Illusion geben, dass seine Wiederwahl nun schon der große Erfolg ist für Privatwirtschaft, Reformen und Freiheit. Quelle: AP

Teheran In der arabischen Welt, auf dem Gipfeltreffen von US-Präsident Donald Trump und dem saudischen König Salman, waren sich fast alle einig: Der Sieg des iranischen Präsidenten Hassan Rouhani, der seine Wiederwahl mit klarem Vorsprung sichern konnte, bringt keine politischen Änderungen. Rouhani sei „ein Mann der Wahl von Religions- und Revolutionsführer Chamenei“, einer der „die roten Linien des Regimes nicht überschreitet“, ist Majid Rafizadeh, der amerikanisch-iranische Präsident des International American Council überzeugt. Er ist sich sicher: „Rouhani lässt Chamenei und den Revolutionsgarden weiter die Show.“

Das ist leider der verhärtete Tunnelblick der Araber auf ihren schwierigen Nachbarn, der mit seinen (zumeist inoffiziellen) Militäreinsätzen in Syrien und Jemen seine Hegemonie in der Region massiv ausweitet. Doch dieser Blick muss erweitert werden, denn Rouhanis so überraschend klarer Sieg sendet wichtige Signale: Die klare Mehrheit der Iraner will die weitere Öffnung Persiens. Sie wollen den mit den fünf UN-Vetomächten und Deutschland geschlossenen Atomdeal, den die Hardliner in Teheran lange hintertrieben haben.

Und es gibt ein noch wichtigeres Signal: Die deutliche Niederlage des erzkonservativen Klerikers Ebrahim Raisi bedeutet, dass er kaum die Nachfolge des wichtigsten Mannes im Staat antreten kann, des Religions- und Revolutionsführers, Ajatollah Ali Chamenei. Dabei galt Raisi als Favorit Chameneis und viele waren sicher, dass er nicht aufgestellt würde, wenn er am Ende nicht gewinnen würde. Doch Hochmut kommt vor dem Fall.

Trotz erheblicher wirtschaftlicher Probleme, steigender Arbeitslosigkeit und deutlich unter den Erwartungen gebliebenen Auslandsinvestitionen nach dem Atomdeal haben die Hardliner keine Rückkehr ins Präsidentenamt geschafft. Rouhanis Sieg ist eine klare Absage an die Hardliner. Eine Absage an jene, die den Iran wieder in die Isolation führen wollen. In die Zeit vor dem Atomdeal 2015, als ihre gigantischen Firmenkonglomerate der religiösen Stiftungen und der Konzerne der Revolutionsgarden quasi monopolartig die wichtigsten Wirtschaftszweige beherrschten.

Es darf keine Illusion geben, dass Rouhanis Wiederwahl nun schon der große Erfolg ist für Privatwirtschaft, Reformen und Freiheit. Aber sie ist der erste und wichtigste Schritt, diesen Prozess überhaupt fortzuführen und nicht Irans Rad der Geschichte zurückzudrehen. Der wichtigste Meilenstein wird die Nachfolge-Frage für Chamenei sein. Aber da ist die Absage an Raisi ein Signal – der klar geäußerte Wille, einen reformorientierteren Staatsführer zu bekommen. Rouhanis Wiederwahl ist Irans Schrei nach Freiheit.

Nun endlich sollten westliche Investoren die Chancen, die sich in Persien auftun, nutzen, und den Reformkurs Rouhanis mit ihrem Engagement unterstützen. Politisch sollten vor allem die EU und Deutschland versuchen, einen Dialog in der Region zu starten und zu moderieren. Eine Eskalation zwischen Iran und Saudi-Arabien und Iran muss verhindert werden, ein Clash zwischen Sunniten und Schiiten unbedingt umschifft werden. Europa weiß seit dem 30-jährigen Krieg nur zu gut, was ein Konfessions-Krieg ist.

Saudi-Arabien sucht den Schutz von Trump, dessen Außenpolitik mit unklar und verworren noch milde beschrieben ist. Das verleitet zu Verhärtung und zu weiterer Eskalation am Golf. Doch Rouhanis Sieg sollte nicht verschenkt werden durch Rechthaberei, alte Grabenkämpfe und Sturheit. Irans reformorientiertere Wähler haben einen Aufbruch verdient – und der nützt auf beiden Seiten des persischen Golfs.

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