Roy Moore Missbrauchsvorwürfe setzen US-Republikaner unter Druck

Roy Moore präsentierte sich in der Öffentlichkeit stets als Hüter christlicher Moral. Vorwürfe, er habe ein Mädchen missbraucht, weist er zurück. Die Partei wünscht sich dennoch seinen Rückzug vor den Wahlen in Alabama.

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Der republikanische Senats-Kandidat Roy Moore galt als Verfechter und Verteidiger der christlichen Moral. Die Vorwürfe, er habe vor Jahren sexuellen Kontakt zu einem 14-jährigen Mädchen gehabt, beschädigen dieses Image schwer. Quelle: AP

Alabaster Der Senatssitz des US-Staats Alabama ist seit 26 Jahren fest in republikanischer Hand. So sollte es nach dem Willen der Partei natürlich bleiben, auch wenn dieses Mal das Rennen enger zu werden schien. Nach Vorwürfen sexuellen Missbrauchs gegen den Kandidaten Roy Moore dürfen die Demokraten hoffen, bei der Nachwahl am 12. Dezember doch noch den Sieg zu erringen. Für die Republikaner eine Art Déjà-vu, verpassten sie doch in den vergangenen Jahren bereits mehrfach sicher geglaubte Sitze wegen Skandalen.

So erging es 2012 Todd Akin in Missouri. Er ließ im Wahlkampf verlauten, eine „echte Vergewaltigung“ führe nur sehr selten zu einer Schwangerschaft der Frau. In den Senat zog er danach nicht mehr ein. Im gleichen Jahr verlor sein Parteikollege Richard Mourdock im konservativen Indiana. Er hatte gesagt, wenn eine Frau nach einer Vergewaltigung schwanger werde, dann sei das Gottes Wille.

Wenig Glück hatten die Republikaner auch in Delaware 2010 mit ihrer Kandidatin Christine O'Donnell von der Tea-Party-Bewegung. Zu Gerüchten, sie habe früher einmal eingeräumt, Hexerei zu praktizieren, erklärte sie: „Ich bin keine Hexe.“ In Nevada verlor im gleichen Jahr Sharron Angle gegen ihren Rivalen, den damaligen Mehrheitsführer der Demokraten, Harry Reid. Sie hatte gesagt, die Trennung von Kirche und Staat lasse sich nicht mit der Verfassung begründen.

Nun haben es die Republikaner mit den Vorwürfen gegen Moore zu tun, die am Mittwoch von der Zeitung „The Washington Post“ enthüllt wurden. Danach hatte der Politiker vor Jahrzehnten sexuellen Kontakt zu einem 14-jährigen Mädchen. Das Opfer von damals ging mit dem Zeitungsbericht an die Öffentlichkeit. Auch drei weitere Frauen im Alter von damals rund 16 Jahren erhoben ähnliche Anschuldigungen gegen Moore.

Der Politiker wies die Anschuldigungen zurück. Er sagte allerdings dem konservativen Radio-Talker Sean Hannity, er habe in seinen 30ern möglicherweise auch Mädchen im Teenager-Alter ausgeführt. „Ich erinnere mich jedoch nicht daran, jemals ein Mädchen ohne Erlaubnis der Mutter getroffen zu haben“, erklärte er. Die Begegnung mit der damals 14-Jährigen, wie sie in dem Zeitungsbericht geschildert werde, habe jedoch nie stattgefunden.

Die Parteispitze der Republikaner in Washington ist nun besorgt, Rücktrittsforderungen wurden laut und die Partei beendete die finanzielle Wahlkampfhilfe für Moore. In Alabama reagierten viele Republikaner dagegen nur mit einem kollektiven Schulterzucken. „Humphrey Bogart traf sich mit Lauren Bacall, als die noch eine Jugendliche war“, sagte der Rechnungsprüfer von Alabama, Jim Ziegler. Allerdings war die Schauspielerin damals bereits 19 Jahre alt.

Der Republikaner Paul Reynolds, der seine Partei im nationalen Organisationsgremium, dem Republican National Committee, vertritt, erklärte, die Vorwürfe seien gezielt gestreut worden, um den Wahlsieg Moores zu verhindern. Treue republikanische Wähler hätten Zweifel an dem Bericht der „Post“. Auch der ehemalige republikanische Parteivorsitzende Marty Connors erklärte, er rechnet nicht damit, dass die Anschuldigungen große Auswirkungen auf das Wahlergebnis hätten. „Das betritt nur die sehr, sehr moderaten republikanischen Wähler, wie ich sie nenne“, sagte er.

Dennoch wäre das ein Problem für die Republikaner. Denn Umfragen vor der Veröffentlichung des Zeitungsberichts zeigten, dass das Rennen auf jeden Fall eng zu werden drohte. Zwar lag Moore knapp vorn, allerdings kam er auf weniger als 50 Prozent der Stimmen - normalerweise ein Warnsignal für die Republikaner in Alabama.

Dabei war Moore, der sich stets als devoter Christ beschreibt, nie ein Herzenskandidat der Partei. Im Gegenteil: Die gesamte Parteiführung, einschließlich Präsident Donald Trump, lehnte Moores Kandidatur in der Vorwahl ab. Unterstützung bekam er dagegen von Trumps ehemaligem Berater Steve Bannon.

Ein Teil der Bevölkerung in Alabama habe sich mit dem Kandidaten Moore nie wohlgefühlt, sagt der demokratische Experte für Meinungsumfragen, John Anzalone. „Diese Vorwürfe geben ihnen nun einen Grund, gegen ihn zu stimmen oder zu Hause zu bleiben.“

Die Demokraten verstärkten unterdessen den Wahlkampf für ihren Kandidaten Doug Jones. Sie bemühten sich jedoch, nicht lautstark Kapital aus den Vorwürfen gegen den republikanischen Kandidaten zu schlagen.

Moore will an seiner Kandidatur festhalten. Um seinen Namen noch von den Wahlzetteln zu streichen, ist es sowieso zu spät, wie die Behörden in Alabama mitteilten. Der republikanische Politiker Henry Barbour sprach von einer schlimmen Lage. Die Frage sei nun, ob die Menschen die Vorwürfe glauben. „Wenn ja, dann wird er verlieren.“

Das muss allerdings nicht so sein, wie die 28 Jahre alte Erica Richard aus Altoona, Alabama, erklärt. Sie werde auf jeden Fall für Moore stimmen, selbst wenn die Anschuldigungen gegen ihn wahr seien. „Er ist ein guter Mann. Ich liebe ihn und seine Familie und sie sind alle gute Menschen.“

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