Rubel-Spekulation Die Jagd nach dem Erdgas-Rubel

Putin akzeptiert künftig nur Rubel für russische Gaslieferungen. Das soll die Währung stärken. Doch wo bekommt man Rubel her? Quelle: dpa

Russlands Präsident Wladimir Putin will sein Erdgas in Rubel verkaufen. Davon sollte die russische Währung stark profitieren. Doch wer auf den Rubel setzen will, hat es nicht leicht.

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Noch fließt das russische Gas normal, aber die Spannung steigt. Die G7-Staaten haben die russische Forderung nach Zahlungen in Rubel für Erdgaslieferungen abgelehnt. Russland will den neuen Zahlungsmechanismus am Donnerstag vorstellen. Die Währungsmärkte setzen auf Russland. Der Rubel hat nahezu sämtliche Verluste seit Kriegsbeginn aufgeholt.

Der Rubel ist die stärkste Währung der Welt – zumindest gerechnet vom 7. März 2022 an. Seitdem legte die russische Währung gegenüber dem Dollar vom Rekordtief bei 177,26 Rubel je Dollar auf zuletzt gut 90 Rubel zu. Russlands Präsident Wladimir Putin kämpft mit harten Bandagen. Bald sollen russische Gaslieferungen an Kunden aus „unfreundlichen Staaten“ nur noch gegen Direktzahlung in Rubel erfolgen. Dollar und Euro werden dann nicht mehr akzeptiert. Das hat den Rubel zuletzt gestärkt. 

Da es die ausreichende Menge Rubel auf den Währungsmärkten aber nicht gibt, müssten die russischen Erdgaskunden Rubel direkt bei der Bank Rossii, der Zentralbank der Russischen Föderation, kaufen. In der Praxis bedeutete dies, dass der Westen die russische Zentralbank wieder von den Sanktionen ausklammern müsste. Diese hätte dann wieder Zugriff auf den Teil ihrer Fremdwährungsreserven, die von den USA und ihren westlichen Verbündeten am 28. Februar eingefroren wurden, und könnte sie wieder einsetzen zur Stützung der eigenen Währung. Die Rede ist von immerhin 300 Milliarden Dollar. 

Damit liegt der Ball jetzt beim Westen, vor allem in Europa, das 40 Prozent seines gesamten Erdgases und 30 Prozent seines Öls aus russischen Quellen bezieht. Die Europäische Union will zwar so schnell wie möglich unabhängig von russischem Gas werden. Aber binnen einiger Wochen ist das nicht möglich. Und ohne Rubel gibt es dann kein Gas.

Bei einem Verzicht auf Energieimporte aus Russland droht die Gefahr, dass die Preise auf dem Weltmarkt komplett durch die Decke gehen. Welcher westliche Politiker aber will dieses Risiko eingehen? Lässt sich der Westen dagegen ansatzweise auf einen Deal mit Putin ein, dann sollte der Rubel davon theoretisch stark profitieren.

Wer eine heiße Rubelwette eingehen will, stößt in der Praxis jedoch auf Probleme. Wo bekomme ich Rubel her? Wir haben das mal probiert:

Wo kann ich Rubel kaufen?

Vielleicht liegen bei der Reisebank noch ein paar Rubel-Noten rum? Das mag sein, aber nicht für uns. Der Handel wurde am 24. Februar eingestellt. Selbst Flüchtlinge aus der Ukraine, die Rubel bei sich tragen, können leider nicht bedient werden. Überweisungen nach Russland sind auch nicht erlaubt.

Zweiter Versuch: Es gibt dieses Londoner Fintech Wise, das auch in Deutschland vertreten ist. Das Unternehmen wurde groß mit der cleveren Idee, Überweisungen nicht grenzüberschreitend auszuführen, sondern die Ein- und Auszahlungen pro Land jeweils abzugleichen. Das spart die Wechselkurskosten. Beispiel: Wer etwa Geld von Deutschland auf ein Konto in Russland überweisen will, zahlt die Summe auf ein Wise-Konto in Deutschland. Wise ermittelt dann Kunden in Russland, die umgekehrt Rubel in Euro tauschen wollen und den Betrag auf ein Konto in Russland überweisen. Euro bleiben dabei in Euroland, Rubel in Russland. Gut, auch Fehlanzeige: „We’ve temporarily stopped transfers to RUB“. 

Wir suchen im Internet weiter, nach Fremdwährungskonten. Hoppla: Die Sparkasse Bielefeld bietet tatsächlich ein Rubelkonto an, zumindest auf ihrer Internetseite. Wir rufen an und fragen nach. Der freundliche Ostwestfale am anderen Ende der Leitung sagt auch „Hoppla“: „Ist das etwa noch eingepflegt auf der Seite?“ Nach unserem Anruf nicht mehr. 

Wir wollen wissen, was denn mit den Bestandskunden ist, die so ein Rubelkonto eröffnet haben. Der Sparkassenmitarbeiter macht sich schlau und ruft zurück: „Einer!“ Wie meinen? „Wir haben einen Kunden, einen mittelständischen Unternehmer aus der Region“, sagt er. Ein absolutes Nischenprodukt also. Wie es dem Kunden denn jetzt gehe, immerhin liegt der Rubel zum Euro seit Jahresanfang trotz jüngster Avancen immer noch ganz tief im Minus, etwa 30 Prozent. „Dem geht‘s gut“, sagt der Bielefelder Sparkassen-Mann. Seine Kundenberaterin habe ihn gerade noch rechtzeitig darauf hingewiesen, dass ihr nicht so wohl sei mit Blick auf seine Rubel. „Da hat er das Konto weitgehend geräumt.“ Fazit: Auch hier keine Rubel, aber ein dickes Lob an die Sparkasse Bielefeld.

Die Lösung: Rubel-Bonds

Von Ostwestfalen weiter ins Schwabenland, zur Börse Stuttgart. Die Suchfunktion der Börse spuckt immerhin 37 Rubel-Anleihen aus. Na also, wenn nicht Bargeld oder Rubelkonto, dann geht vielleicht was mit Rubel-Anleihen. Wir fragen nach bei Jens Furkert, dem Leiter des Anleihehandels der Börse Stuttgart. Der muss es wissen. 

Wegen der internationalen Sanktionen sind russische Staatsanleihen in Rubel derzeit vom Handel ausgesetzt. Aber Rubel-Anleihen anderer Institutionen,  wie beispielsweise der Weltbank oder der Europäischen Investitionsbank, seien weiterhin regulär handelbar, sagt Furkert. Generell könnten Anleger an der Börse die Anleihen gar direkt in Fremdwährungen handeln. Das bedeutet, eine russische Anleihe kann direkt in Rubel gekauft und verkauft werden. Aktuell ginge das aber nicht. Wegen der Sanktionen seien Rubel-Zahlungen innerhalb der EU nicht möglich und daher auch eine Abwicklung von Anleihen in Rubel nicht gewährleistet. 

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Die Alternative: Anleger können Rubel-Anleihen weiter in Euro handeln, indem die Anleihe zum aktuellen Kurs des Währungspaars Euro-Rubel umgerechnet wird. Dabei sind Anleger natürlich dem Währungsrisiko ausgesetzt, sagt Furkert. Oder der Währungschance. Endlich, genau das haben wir gesucht. Und das bei nahezu ausgeschlossenen Totalausfallrisiko: Weltbank und Europäische Entwicklungsbank genießen die höchste Bonität: AAA.

Transparenzhinweis: Dieser Artikel erschien erstmals am 25. März. Wir haben ihn aktualisiert.

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