Rumänien EU-Parlamentarierin für Amt des Regierungschefs nominiert

Rumänien bekommt erstmals eine Regierungschefin. Allerdings weckt die EU-Abgeordnete Dancila keinerlei Hoffnungen auf einen verstärkten Anti-Korruptions-Kampf, da sie als Verbündete ihres vorbestraften Parteichefs gilt.

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Die EU-Abgeordnete soll rumänische Regierungschefin werden. Quelle: dpa

Bukarest Die EU-Abgeordnete Viorica Dancila soll neue Regierungschefin in Rumänien werden. Sie wäre die erste Frau in diesem Amt in Bukarest. Staatspräsident Klaus Iohannis schlug die 54 Jahre alte Politikerin der sozialdemokratischen PSD am Mittwoch dem Parlament als Nachfolgerin des am Montag zurückgetretenen Ministerpräsidenten Mihai Tudose vor. Iohannis, der der bürgerlichen Opposition nahesteht, handelte damit auf Druck des PSD-Vorstands.

Dancila verdankt ihre bisherige Karriere dem umstrittenen PSD-Chef Liviu Dragnea, der nicht selbst regieren darf, weil er vorbestraft ist. Kritiker erwarten nun, dass Dancila Dragneas Vorstellungen lückenlos erfüllen wird.

Die Parlamentsabstimmung über Dancilas Kandidatur ist für den 29. Januar geplant. Ihre Wahl gilt als sicher, weil die PSD und der kleinere Koalitionspartner ALDE eine Mehrheit haben. Iohannis hatte diese Nominierung ausschließlich mit dieser „Parlamentsarithmetik“ begründet. Auch ALDE hatte der Nominierung Dancilas zugestimmt.

Rumänien bekommt damit die dritte Regierung innerhalb eines Jahres. Grund sind Dragnea Probleme mit der Justiz. Gegen ihn laufen zwei Verfahren wegen Korruptionsvorwürfen, daher will er das Strafrecht mildern lassen.

Tudose war nach einem wochenlangen Konflikt mit Dragnea zurückgetreten. Unter anderem war Tudose in Ungnade gefallen, weil er zwei Dragnea-treue Ministerinnen entlassen hatte, gegen die die Staatsanwaltschat wegen Korruptionsvorwürfen ermittelt. Sein Vorgänger Sorin Grindeanu war im Juni 2017 von seiner eigenen Partei im Parlament gestürzt worden, weil er Dragneas Forderungen bezüglich der Strafrechtsänderungen nicht nachgekommen war.

Viele Anhänger von Iohannis hatten verlangt, dass der Staatschef einen Politiker des bürgerlich-liberalen Oppositionslagers als Kandidaten für den Premiersposten vorschlägt. Dazu hätte Iohannis formell das Recht gehabt. Zahlreiche Anhänger des Staatspräsidenten reagierten enttäuscht. Nachdem er Dancilas Nominierung angekündigt hatte, verlor der Staatschef innerhalb von nur einer Stunde etwa 1000 Likes auf seiner Facebook-Seite.

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