Russin zeigt ihre Sicht auf Putin "Der Lebensmittel-Boykott bestraft den Westen mehr"

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Putin ist ein starker Mann und ein starker Politiker

Im Büro spüren wir jedoch bereits die negativen Folgen des Boykotts für unser Geschäft. Ich arbeite bei einem Mittelständler, wir exportieren unsere Waren vor allem nach Norwegen und Deutschland. Schon am Morgen nach dem Einfuhrstopp haben unsere Fuhrunternehmer alle Fahrten in diese Länder storniert. Der Transport wurde zu teuer, weil die Lastwagen auf dem Weg zurück bisher immer Lebensmittel für Russland geladen hatten. Das ist nicht mehr möglich, deshalb müssten wir jetzt doppelt so viel wie vorher zahlen. Nun suchen wir nach neuen Lösungen.

Sanktionen werden Deutschland „mit am härtesten treffen“

Allgemein ist die politische Lage für mich sehr kompliziert, ständig passieren unvorhergesehene Dinge. Mein größtes Problem ist, zu verstehen, was die Wahrheit ist. Ich lese sowohl russische als auch ausländische Zeitungen im Internet und es fühlt sich an wie ein Krieg der Informationen: Aus dem Westen heißt es immer, dass Russland mit dem Einmarsch auf der Krim einen Krieg begonnen hat und die Amerikaner die Guten sind.

Dann lese ich in russischen Zeitungen über die schreckliche Situation in der Ukraine, wo meine Landsleute wegen der ukrainischen Armee sterben. Deshalb müssten russische Truppen eingreifen, um die Situation zu beruhigen. Ich selbst weiß nicht, welche Sichtweise wahr ist. Vor allem fehlt mir eine generelle Einordnung. Obwohl ich viel lese, kann ich die grundsätzlichen Fragen nicht beantworten: Wer hat angefangen? Und vor allem: Warum?

Der Präsident ist ein Muss für Russland

Insgesamt hat das Lebensmittelembargo meine Meinung über Putin aber nicht verändert. Der Präsident ist immer noch ein Muss für Russland und seine Bevölkerung. Er ist ein starker Mann und ein starker Politiker. Er weiß, was er tut. Seine außenpolitischen Entscheidungen finde ich gut, auch die aktuelle – zumindest aus politischer Perspektive. Nur als Konsumentin bin ich sauer auf Putin.

Aber ich bin keine Politikerin und kann die Entscheidung nicht gut beurteilen. Vielleicht stecken irgendwelche strategischen Ziele hinter dem Lebensmittel-Einfuhrverbot und ich bin nicht clever genug, sie zu erkennen. Wichtig ist, dass unser Anführer eine harte Entscheidung getroffen hat und zeigt: Ich habe Einfluss!

Allein: Wenn das Embargo Europa und die USA nicht abschreckt, bleibt lediglich die Katastrophe für die Konsumenten."

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