
Was Wladimir Putin befiehlt, wird umgesetzt, und sei der Aufwand noch so groß. So kam es, dass gar im Wahllokal des Arktis-Dörfchens Zapolarnoje (deutsch: „Jenseits des Polarkreises“) eine Videokamera mit Mikro installiert wurde. Wer wollte, konnte also übers Internet lauschen, was die drei Damen der örtlichen Wahlkommission schwatzten. Um 19.15 Uhr läuft ein Schlager der deutschen Band „Dschingis Khan“ im Radio, ab und an kommen Dorfbewohner und füttern die stählernen Urnen mit Papier.
Mit der „Big Brother“-Show will Putin Transparenz beim Wahlgang heucheln. Wenn jede Urne online ist, so die Logik, kann ja wohl keiner ernsthaft von Wahlfälschung sprechen.
Wahlen indes, werden in Russland nicht spontan, sondern systematisch gefälscht: Offiziere befehlen Soldaten, für wen sie Stimmen. Die Putin-Jugend wird mit Blanko-Wahlscheinen ausgestattet und in Bussen von Wahllokal zu Wahllokal kutschiert. Letztlich bestimmt ohnehin die – Putin-loyale – Wahlleitung das Ergebnis. In der Republik Karelien etwa, wo die arktische Bezirk Zapolarnoje liegt, lag die Wahlbeteiligung laut offiziellen Angaben schon um 15.00 Uhr bei 100 Prozent.





Auf dem Papier hat Wladimir Putin die Wahlen klar gewonnen. Nach ersten Auszählungen schafft er den Wechsel von der Regierungsspitze in den Kreml, ohne gegen einen seiner vier Gegenkandidaten in die Stichwahl zu müssen. Frei von Zweifeln ist das Ergebnis nicht, Manipulationen werden die Putin-Gegner wohl noch am Montag erneut zu Tausenden auf die Straßen treiben. Allerdings ist der unsaubere Ablauf der Wahlen ebenso wenig überraschend wie das eindeutige Ergebnis für Putin.
Überzeugend ist der hohe Wahlsieg mit rund 60 Prozent für Putin dennoch nicht. Zwar hätte der 59-Jährige wohl selbst ohne Schummeleien die Wahl gewonnen – aber nicht, weil die Russen so wahnsinnig von ihm als Garant von Wohlstand und Wachstum überzeugt sind, sondern mangels Alternativen: Der kritischste Herausforderer Michail Prochorow ist als protziger Multimilliardär für die Mehrheit der Russen nicht wählbar. Die Kommunisten um Gennadi Sjuganow trauern der Sowjetunion nach, Nationalist Wladimir Schirinowski gilt als Polit-Clown und der frühere Putin-Fan Sergej Mironow kam als Kandidat ohne Eigenschaften daher.