Russland Goldsuche ohne Rücksicht auf Verluste

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Zyanid kann zum Risiko werden

Die Länder mit den größten Goldreserven
Platz 10: Indien Quelle: REUTERS
Platz 9: Die Niederlande Quelle: REUTERS
Platz 8: Japan Quelle: REUTERS
Platz 6: Schweiz Quelle: AP
Platz 7: Russland Quelle: dpa-tmn
Platz 5: China Quelle: dapd
Platz 4: Frankreich Quelle: dapd

Und was ist mit dem Reizthema Zyanid? Der Konzernchef antwortet, ohne zu zögern: "Eine Goldmine ist zwar kein Atomkraftwerk – aber natürlich ist Zyanid ein gefährliches Instrument. Es sollte ausschließlich eingesetzt werden von speziell ausgebildetem Fachpersonal und von Unternehmen, die nachweisen können, dass sie mit den möglichen ökologischen Folgen eines Unfalls umgehen können." Von dem Dorf Byngi und den Sorgen seiner Bewohner, dass das Lösungsmittel in den Händen unerfahrener Minenarbeiter zum unkalkulierbaren Umweltrisiko werden könnte, hat er gehört – und gibt ihnen recht: "Dieses bürgerliche Engagement kann ich nur unterstützen. Es verhindert dumme und riskante Projekte und stimmt die großen Konzerne ein für den konstruktiven Dialog mit der Bevölkerung."

Die Anwohner der Polymetal-Goldminen haben weniger Probleme mit der Haldenlaugung als die Bürger von Byngi: Nach den gesetzlich vorgeschriebenen Anhörungen überwiegt die Freude über neue Arbeitsplätze die Angst vor dem Zyanid. So klafft inmitten der Wälder des Ural der Krater der Goldmine Voro, als wäre ein Asteroid in die grüne Landschaft eingeschlagen – Betreiber hier ist eine Polymetal-Tochter. "Wir bauen hier jedes Jahr zwei Millionen Tonnen Gestein ab", teilt der ausführende Direktor Aleksandr Novikov mit. Vom Kraterrand schaut er über die Geröllwüste. Von hier oben sehen die voll beladenen Lastwagen wie Miniaturspielzeuge aus, die sich die Kraterwand heraufschrauben. "Jede Tonne enthält fünf Gramm Gold."

Förderung unter strengen Auflagen

Auch die benachbarte Aktiengesellschaft Soloto Sewernowo Urala ("Gold des Nordural") setzt Natriumzyanid ein, um aus dem Erz die Goldpartikel herauszulösen. Das Verfahren sei gefahrlos, versichert Novikov. "Bei uns gibt es keinen Damm, der brechen könnte. Und unser Umweltmonitoring ist streng." Tatsächlich ist das betriebseigene Umweltlabor mit modernster Analysetechnik ausgestattet, Luft-, Boden- und Gewässerproben werden angeblich mit High-Tech-Verfahren ausgewertet. Erst kürzlich, berichtet Novikov, habe die Produktionsstätte erfolgreich eine Überprüfung nach dem international anerkannten Cyanid Management Codex durchlaufen. "Der Betrieb hier ist ein großes Plus für unsere Gegend wegen der Arbeitsplätze, und auf Arbeitsschutz und Ökologie wird viel Wert gelegt", beteuert auch Nikolai Kondakow, zuständig für die Registrierung der frisch geförderten Goldmengen.

Ein blickdichter Zaun, Videoüberwachung, uniformiertes Wachpersonal und ein stolzes Lachen auf dem Gesicht des Minendirektors: In einem hermetisch abgeriegelten Bereich des Betriebsgeländes stapeln sich die frisch produzierten Goldbarren – funkelnd wie zu groß geratene Schokoladentafeln und noch verführerischer. Drei Tage reine Arbeitszeit stecken in jedem dieser bislang ungenormten Exemplare. Novikov greift sich eins heraus und wuchtet es auf eine Waage: 6,582 Kilogramm zeigt die digitale Anzeige, das sind 211,616 Unzen. Bei einem Weltmarktpreis von derzeit 1314 Dollar hat dieser Barren einen Wert von mehr als 278 000 Dollar oder mehr als 209 000 Euro.

Das Freigold geht zur Neige

Doch unmittelbar am Rand des Dorfes Byngi wird das Gold auf viel traditionellere Weise gefördert, immer noch. Wie unter dem letzten Zaren, der mit seiner Familie 1918 im nahen Jekaterinburg ermordet wurde, waschen die Arbeiter hier das Gold. Ihre einzigen Hilfsmittel sind ein paar Bagger und Stufengerüste, die auf Kufen zwischen Wassergruben und Abraumhalden hindurchgezogen werden. Doch das sogenannte Freigold, das sich durch bloßes Spülen und Rütteln vom Erz trennen lässt, geht auch hier allmählich zur Neige.

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