Russlands Rüstung Erfolgsmodell Krieg

Krise hin, Sanktionen her: Der russischen Rüstungsindustrie geht es blendend – der Rüstungssektor steuert sogar neue Rekorde an. Das liegt auch an den Krisen in der arabischen Welt. Nun setzt Putin auf Libyen.

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Im Syrien-Konflikt konnte Russland seine Waffen zur Schau stellen – mit Erfolg. Quelle: Reuters

Moskau Luftangriffe als Werbekampagne: Als Wladimir Putin im vergangenen Herbst den Beginn der Luftschläge in Syrien anordnete, zielte der Kreml weniger auf die offiziell ins Visier genommenen Terroristen des Islamischen Staats (IS) als vielmehr auf Rückkehr in die Arena der Weltpolitik – mit Hilfe der Machtdemonstration.

Ein riskanter, aber im Rückblick erfolgreicher Schachzug. Denn Russland gelang es, seinen eigenen Verbündeten Baschar al-Assad in Syrien zu stützen, sich selbst aus der vom Westen erklärten Isolation zu lösen – und nebenbei auch noch Reklame für die eigene Rüstungsindustrie zu betreiben. Ein erfolgreicher Clou.

Umgerechnet eine halbe Milliarde Euro soll der Einsatz gekostet haben. Allein der im Dezember mit Algerien geschlossene Kaufvertrag über zwölf Su-32-Bomber bringt diese Summe vollends wieder herein. Die Verhandlungen waren zuvor acht Jahre lang eher träge betrieben worden, ehe sie durch den syrischen „Anschauungsunterricht“ an Fahrt gewannen. Algier ist nicht der einzige Interessent. Experten rechnen mit Folgeaufträgen von bis zu sechs Milliarden Euro für die russische Waffenindustrie.

Und so steuert der russische Rüstungssektor neue Rekorde an: Auf 48 Milliarden Dollar sei das Auftragsvolumen des Exportmonopolisten „Rosoboronexport“ angewachsen, verkündete der Chef der staatlichen Industrie- und Rüstungsholding „RosTech“ Sergej Tschemesow, ein enger Vertrauter Putins noch aus gemeinsamen DDR-Agententagen. „Es gab noch kein Jahr, in dem die Umsätze gefallen sind, im Gegenteil: Sie sind immer gewachsen“, sagte er und zeigte er sich zufrieden mit der Entwicklung.


Neue Hoffnung: Tripolis

Insgesamt hat Russland laut Tschemesow in den vergangenen 15 Jahren 116 Länder mit Waffen beliefert. Russland hält damit nach Angaben des Militärexperten Viktor Murachowski stabil Platz zwei bei den Waffenexporteuren weltweit – hinter den USA. Die größten Abnehmer sitzen dabei in Asien und Afrika. Neben den miteinander rivalisierenden BRICS-Mächten China und Indien ist Vietnam ein alter und treuer Kunde in Südostasien.

Darüber hinaus gehen viele Lieferungen in Länder des Nahen und Mittleren Ostens. Neben dem schon erwähnten Algerien sind Ägypten und seit kurzem auch wieder Iran wichtige Käufer. So wurden nach dem Fall der Sanktionen zu Jahresbeginn die seinerzeit von Präsident Dmitri Medwedew eingefrorenen Lieferungen von Luftabwehrraketen des Typs S-300 wieder aufgenommen. Moskau habe sogar das neuere System „Antei-2500“ angeboten, doch Teheran habe auf den ursprünglich ausgehandelten Waffen bestanden, sagte Tschemesow.

Der Rüstungsmanager betonte dabei, dass Russland geltende Uno-Waffenembargos strikt beachte und bedauerte in dem Zusammenhang den Wegfall des syrischen und libyschen Markts. Tschemesow räumte zwar Waffengeschäfte mit Damaskus ein, bezeichnete sie aber als „geringfügig“. Statt mit modernen Luftabwehrwaffen helfe Moskau nun mit Reparaturen und Munitionslieferungen aus – die in Syrien stationierten S-400 bleiben ja unter Kontrolle des russischen Militärs.

Immerhin könnte Tschemesow bald ein wenig Trost für den geplatzten Sieben-Milliarden-Deal mit Libyens Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi bekommen: Erst kürzlich wurde bei einer Konferenz in Wien die Wiederaufnahme von Waffenlieferungen an die Einheitsregierung in Tripolis, Libyen für deren Kampf gegen den IS beschlossen. Davon will auch Russland profitieren. Die Chancen stehen nicht schlecht.

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