Sanktionen gegen russische Oligarchen Trump greift Putins direktes Umfeld an – und trifft so auch deutsche Firmen

Die Schlinge zieht sich enger zusammen. Mit heftigen neun Sanktionen verschärfen die USA den Druck auf den Kreml. Das wird auch Deutschland spüren.

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Die Zeiten, in denen die beiden Staatschefs freundschaftlich verbunden waren, sind lange vorbei. Quelle: Reuters

Berlin Gerade noch hatten sich russische Spitzenpolitiker daran berauscht, dass ihre Dementis zur Verwicklung des Kremls an der Chemiewaffen-Attacke gegen einen ehemaligen russischen Doppelspion in England im Westen verfingen. Immer mehr Zweifel wurden in Medien gesät, Kritik an Londons Vorgehen laut, Beweise gefordert.

Dabei hatte Moskau in allen Fällen brutaler Angriffe seine Beteiligung strikt geleugnet und war dann überführt worden – sei es der Abschuss eines malaysischen Verkehrsflugzeugs über der Ukraine oder den Nuklear-Anschlag auf den russischen Überläufer Litwinenko in London. Nun aber feierten russische News-Seiten Moskaus angeblichen Sieg in der neuerlichen Propaganda-Schlacht. Da krachte am Freitagnachmittag die Nachricht neuer Sanktionen aus Washington ins Wochenende, an dem die orthodoxe Welt ihr Osterfest feiert.

Und getroffen werden russische Konzerne und Oligarchen, die Kremlchef Wladimir Putin sehr nah stehen: Der Gasriese Gazprom und seine Gazprom Bank, der Aluminiumgigant Rusal, die Staatsbank VTB, der Putin- und Trump-nahe Oligarch Oleg Deripaska, der in der Schweiz und den USA aktive Oligarch Viktor Vekselberg, der Chef des Putin zugerechneten Ölkonzerns Surgutneftegaz, der staatliche Waffenexporteur Rosoboranexport, der Chef des russischen Nationalen Sicherheitsrats, der Sohn von einem der engsten Jugendfreunde des Staatschefs - und Putins Schwiegersohn.

Kirill Schamalow, der nach seiner Hochzeit mit Putins jüngster Tochter Katja Tichonowa, zum Milliarden-Unternehmer und Mitbesitzer des Chemieriesen Sibur wurde, ist zugleich der Sohn von Nikolaj Schamalow. Dieser hat mit anderen engen Vertrauten aus Putins Petersburger Zeiten die ebenfalls sanktionierte Bank „Rossija“ (Russland) gegründet. Ein anderer der engsten Jugend- und Judo-Freunde ist Arkadi Rotenberg, der unter Putin zum Multimilliardär dank lukrativer Staatsaufträge aufstieg. Sein Sohn Igor wurde jetzt von den USA auf die Sanktionsliste gesetzt.

Damit macht Washington klar, dass es nun den inneren Zirkel von Putins Oligarchen-Elite treffen und dort Unsicherheit stiften will.

Verbindungen zu Trumps Wahlkampf

Doch für die globale Wirtschaft sind andere Figuren der insgesamt sieben Tycoone, zwölf Firmen und 17 führenden Beamten des Putin-Umfelds, die jetzt von den USA unter Sanktionen gestellt wurden viel bedeutsamer. Das belegt etwa die Kursentwicklung der Aktien des Aluminiumgiganten Rusal und der Energie- und Holdingfirma En+: Sie fielen noch am Freitag gleich nach Bekanntwerden der Strafmaßnahmen um elf bzw. 20 Prozent. Getroffen werden damit Rusal- und En+-Plus-Gründer Oleg Derispaska sowie Rusal-Großaktionär Viktor Vekselberg.

Der auf 6,7 Milliarden Dollar Vermögen geschätzte Dipaska, gegen den lange in den USA wegen Verbindung zur organisierten Kriminalität ermittelt wurde, hatte sich mit Hilfe des späteren Trump-Wahlkampfmanagers Paul Manafort und dessen PR-Firma sein Image aufpolieren lassen. Die Connection Deripaska – Manafort wird von US-Sonderermittler Robert Mueller untersucht als eine der Achsen der russischen Einflussnahme auf den US-Wahlkampf. Manafort ist inzwischen wegen Geldwäsche angeklagt.

Der von den Präsidentenwahlen am 18. März ausgeschlossene russische Oppositionelle und Anti-Korruptionskämpfer Alexei Nawalny twitterte unterdessen, dass er „auf die neue US-Sanktionsliste der russischen Offiziellen und Oligarchen schaut und an den Tag zurückdenkt, an dem sie Champagner feierten, um Trumps Sieg zu feiern. Ich lache.“

Multimilliardär Vekselberg, für den früher der heutige CSU-Generalsekretär Markus Blume als PR-Berater gearbeitet hat, war bei den Amtseinführungs-Feierlichkeiten für Trump in Washington geladen. Einer seiner engsten Geschäftspartner hatte für Trump gespendet. Aufsichtsratschef bei Rusal ist der frühere Stasi-Spion Matthias Warnig, der auch den Pipeline-Konzern Nordstream leitet. Dort wiederum ist Ex-Kanzler Gerhard Schröder – wie Warnig seit langem gut verdrahtet mit Putin ¬ Aufsichtsratschef. Nordstream will gerade eine zweite Gasrohrleitung durch die Ostsee legen und stößt dabei auf den Widerstand in der EU und den USA.

Vekselberg kontrolliert auch über auf den Bahamas registrierte Offshore-Firmen die Schweizer Hightech-Unternehmen Oerlikon, Sulzer und Schmolz + Birkenbach, die auch an den Deutschen Edelstahlwerken beteiligt waren. Insofern betrifft as mit den US-Sanktionen verhängte Verbot von Geschäften mit Vekselberg und seiner Holding Renova und dem Aluriesen Rusal auch deutsche Geschäftspartner. Im Falle Rusals sind dies etwa Volkswagen und der Rohstoffhandelsgigant Glencore.

Der ebenfalls von den Sanktionen betroffene Andrej Kostin, dessen Staatsbank VTB schon länger auf der Strafliste stand, spricht bereits von einem „Wirtschaftskrieg“ gegen Russland. Klar wird dies auch durch das Setzen von Alexej Miller, dem CEO des weltgrößten Gaskonzerns Gazprom, auf die US-Sanktionsliste. Miller, gesundheitlich laut russischen Geschäftskreisen und Diplomaten schwer angeschlagen, ist seit Putins Amtszeit als Vize-Bürgermeister von St.Petersburg ein enger Vertrauter des heutigen Kremlherrn.
Gazprom ist zusammen mit dem Staatsölkonzern Rosneft der wichtigste Devisenbringer Russlands. Rosneft-CEO Igor Setschin wurde bereits zuvor mit einem Reisebann in die USA belegt. Zusammen mit Rosneft-Aufsichtsratschef Gerhard Schröder war Setschin erst im Januar in Schwedt, wo der Kremlkonzern ebenso wie in Bochum und Ingolstadt die Mehrheit an den örtlichen Raffinerien besitzt und 600 Millionen Euro in Deutschland investieren will.

Angriff auf die Devisenbringer

„Russlands Regierung arbeitet für unverhältnismäßige Vorteile für Oligarchen und die Regierungselite“, begründete US-Finanzminister Steven Mnuchin am Freitagnachmittag die neuen Trump-Sanktionen und griff damit Putin erstmals ziemlich deutlich an. „Die russische Regierung unternimmt weltweit eine Reihe von bösartigen Aktivitäten, darunter die Besetzung der Krim und die Anstiftung zu Gewalt in der Ostukraine. Sie versorgt das syrische Assad-Regime mit Material und Waffen, während es seine eigenen Zivilisten bombardiert und versucht, westliche Demokratien mit bösartigen Cyber-Angriffen zu untergraben.“

Die US-Regierung warf dem Kreml vor, sich „zu einem Kurs der Konfrontation entschieden“ zu haben. Die Sanktionen seien aber „nicht gegen das russische Volk gerichtet“, hieß es. „Wir wollen ein besseres Verhältnis zu Russland, das geht nur durch eine Verhaltensänderung Moskaus.“ Solange Russland die Welt zu destabilisieren versuche, würden die USA dagegenhalten. Die neuen Sanktionen würden zusätzlich zu allen bestehenden verhängt.

Nach Handelsblatt-Informationen aus Kreisen in Russland vertretener, westlicher Unternehmensberater haben russische Oligarchen seit Monaten bereits Teile ihres im Westen geparkten Vermögens nach Russland zurückgeholt oder es bevorzugt in osteuropäischen und zentralasiatischen Staaten investiert – um es dort weiter vor dem Kreml zu verstecken. Auch Putins Ombudsmann für Unternehmer, Boris Titow, wirbt seit Monaten dafür, dass ins Ausland geflohene Unternehmer mitsamt ihres Kapitals in die Heimat zurückkehren.

Zusätzlich wird im Kreml nun nach Angaben eines Sprechers über eine „adäquate Antwort“ auf die neuen Sanktionen nachgedacht. Zuvor bereits hatten wegen des Chemiewaffenanschlags auf den russischen Überläufer Sergej Skripal in England der Westen und Russland sich mit gegenseitigen Ausweisungen von jeweils über 100 Diplomaten in eine neue Runde der sich drehenden Eskalationsspirale begeben. Sie dreht sich nun weiter – und ein Ende ist nicht abzusehen.

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