Sanktionen gegen Russland Krim-Bewohner wollen russische Pässe

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Erste Auswirkungen der Sanktionen

Wie es jetzt auf der Krim weitergeht
Ist die Versorgung der Krim gefährdet?Strom und vor allem Wasser erhält die Krim hauptsächlich vom ukrainischen Festland. Zwar schließt die Regierung in Kiew bisher aus, die Versorgung zu unterbrechen. Doch fehlt ein Notfallplan. Die moskautreue Führung der Halbinsel hat wichtige Unternehmen wie den Gasversorger Tschernomorneftegas verstaatlicht. Als wahrscheinlich gilt, das russische Staatskonzerne wie der Monopolist Gazprom die Firmen übernehmen. Die Zugänge zur Halbinsel sind erschwert: Autos und Züge werden kontrolliert. Flüge gibt es fast nur noch von Moskau. Im Eiltempo treibt Russland nun Planungen für eine Brücke über die vier Kilometer lange Meerenge von Kertsch zum Osten der Krim voran. Quelle: dpa
Wie läuft die Währungsumstellung von Griwna auf Rubel?Beide Währungen sollen bis Ende 2015 gleichberechtigt genutzt werden dürfen. Berichten zufolge werden aber Banken schon nicht mehr mit ukrainischer Griwna beliefert, und Russische Rubel sind noch nicht ausreichend im Umlauf. Geldautomaten geben nur geringe Summen aus. Alle Verträge mit ukrainischen Lieferanten sind in Griwna gemacht. Unklar ist die Rechtslage bei Zoll und Steuern. Kremlchef Wladimir Putin verlangt, dass die Renten schon bald dem russischen Niveau angeglichen werden - das bedeutet mindestens eine Verdoppelung. Quelle: dpa
Was passiert mit den ukrainischen Soldaten auf der Krim?Auch der ukrainische Präsidentschaftskandidat Vitali Klitschko fordert nun den kompletten Abzug der Truppen von der Krim - „um Leben zu retten“. Fast alle ukrainischen Militäreinrichtungen sind von Uniformierten umstellt, vermutlich russischen Soldaten. Mehrere Stützpunkte sind bereits in der Hand prorussischer Kräfte, darunter das Hauptquartier der Marine. Zur Selbstverteidigung hatte das Verteidigungsministerium in Kiew zwar den Einsatz von Schusswaffen erlaubt, aber Schüsse fielen nicht. Vielmehr häufen sich jetzt Berichte, dass immer mehr Soldaten die Basen freiwillig verlassen. Quelle: AP
Was geschieht mit der Minderheit der Tataren?Die moskautreue Führung der Krim macht dem Turkvolk, das etwa zwölf Prozent der zwei Millionen Einwohner ausmacht, weitreichende Angebote. So sollen Tataren ein Fünftel aller öffentlichen Ämter erhalten, Krimtatarisch wird Amtssprache. Hinzu kommen massive Finanzhilfen. Zugleich steigt der Druck auf die Minderheit, die einen Anschluss an Russland zum Großteil bisher ablehnt. Vizeregierungschef Rustam Temirgalijew fordert, die Tataren müssten illegal besetzte Grundstücke räumen - angeblich im Austausch gegen neue Ländereien. Das weckt alte Ängste: Vor 70 Jahren ließ Sowjetdiktator Josef Stalin die Tataren als angebliche Verbündete Nazi-Deutschlands deportieren. Quelle: dpa
Was unternimmt die neue ukrainische Regierung?Die Führung in Kiew wirkt machtlos und ist tatenlos. Zwar ist eine Teilmobilisierung verkündet, etwa 20 000 Reservisten sollen bis Ende April einberufen werden. Aber Regierungschef Arseni Jazenjuk (im Bild) und Interimspräsident Alexander Turtschinow schließen einen Krieg um die Krim bisher aus. Eine Reise von Kabinettsvertretern auf die Krim zu einer „Regulierung des Konflikts“ lehnt die dortige moskautreue Regierung ab. Beide Seiten erkennen sich gegenseitig bisher nicht an. Zugleich treibt Kiew den Westkurs voran. So will Jazenjuk noch diese Woche den politischen Teil des Partnerschaftsabkommens mit der EU unterzeichnen. Quelle: dpa
Was machen politische Schwergewichte wie Timoschenko und Klitschko?Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko, die sich zuletzt in Berlin behandeln ließ, verurteilt das russische Vorgehen und fordert internationale Unterstützung. Ex-Boxweltmeister Vitali Klitschko besucht demonstrativ Stützpunkte der Grenztruppen und des Militärs. Zudem spendet er 25 Prozent seines Abgeordnetengehalts für die Armee und wirbt für Sanktionen gegen Russland. Da ihre Parteien aber die Koalition in Kiew stützen, halten sich die wahrscheinlichen Präsidentschaftskandidaten mit offener Kritik zurück. Quelle: dpa

US-Präsident Barack Obama hatte am Donnerstag den Weg frei gemacht für Sanktionen gegen Kernbereiche der russischen Wirtschaft und kündigte weitere Visasperren gegen prominente Russen an. Ins Visier nahmen die USA 20 der engsten Verbündeten von Präsident Wladimir Putin aus Politik und Wirtschaft. Darunter befand sich auch der Milliardär Gennadi Timtschenko, der deswegen seinen fast 50-prozentigen Anteil an dem von ihm mitgegründeten Ölhandels-Konzern Gunvor verkaufte. "Die Unsicherheit ist definitiv zurück", sagte Abhishek Deshpande von Natixis. "Die USA hat deutlich gemacht, dass sie gewillt ist, die Sanktionen gegen Putins inneren Zirkel zu verstärken." Damit könnten auch dem Energiesektor Sanktionen drohen.

Die Bundesregierung setzte alle für diesen und den kommenden Monat geplanten gemeinsamen militärischen Kooperationen mit Russland aus. Alle weiteren geplanten gemeinsamen militärischen Vorhaben stehen nach Angaben des Verteidigungsministeriums unter Vorbehalt. Das Wirtschaftsministerium kündigte an, es würden derzeit keine Rüstungs-Exporte nach Russland genehmigt.

Russlands Finanzminister Anton Siluanow erklärte, die westlichen Sanktionen könnten die Kosten für Anleihen in die Höhe treiben. Er stellte in Aussicht, dass Russland die in diesem Jahr im Ausland geplante Kreditaufnahme stoppt und die Kreditaufnahme im Inland reduziert. Am Freitagmorgen hatte die von den USA mit Sanktionen belegte russische Bank Rossija erklärt, dass sie ihre Arbeit wie gewohnt fortsetzt. Allen Verpflichtungen gegenüber Kunden und Partnern werde nachgekommen. Visa und Mastercard stellten ihre Zahlungstransaktionen für Kunden der Bank kurz darauf ein. Ein Sprecher Putins kündigte an, auf die US-Sanktionen werde ebenbürtig reagiert werden. Putin ließ sein Gehalt demonstrativ auf die Bank Rossija einzahlen. Er werde gleich am Montag bei dem Institut ein Konto eröffnen, kündigte Putin am Freitag in Moskau an.

Die USA sehen in dem Geldhaus, das engen Freunden des Präsidenten gehören soll, die persönliche Bank ranghoher Beamter. Präsidialamtschef Sergej Iwanow schloss sich dem Vorhaben an. Putin ordnete zudem an, die Zentralbank solle Rossija unterstützen.

Mit Stolz reagierten Mitglieder der Schwarzen Liste auf die Zwangsmaßnahmen der USA wie Einreiseverbote und Kontensperrungen. Er sei wegen seiner „ehrlichen Position“ auf die Sanktionsliste geraten, beteuerte der Chef der Staatsbahn RZD, Wladimir Jakunin. Es sei bedauerlich, dass sein Standpunkt Anlass sei für ein Einreiseverbot in ein Land, „das sich demokratisch nennt“.

Der Korruptionsjäger Alexej Nawalny wirft Jakunin vor, dank der Nähe zu Putin hervorragende Geschäfte zu machen. Das gelte auch für die Milliardäre Gennadi Timtschenko und Arkadi Rotenberg. Diese rühmten sich mit den angekündigten Strafmaßnahmen. Die Unternehmer sähen darin „eine Anerkennung ihrer Verdienste um den russischen Staat“, berichteten Moskauer Medien.

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