Scheitern der Regierungsbildung Spanier geben sich gegenseitig die Schuld

Die Bildung einer Regierung in Spanien ist gescheitert. Die Parteien haben es in vier Monaten nicht geschafft, eine Koalition mit einer ausreichenden Mehrheit zu bilden. Neuwahlen sind nun nicht mehr abzuwenden.

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Spanish Prime minister Mariano Rajoy gives a press Conference after meeting with Spanish King, at La Moncloa palace in Madrid on February 26, 2016. / AFP PHOTO / CURTO DE LA TORRE Quelle: AFP

Madrid Ein riesiges Fiasko! In dieser Einschätzung sind sich die Spanier nach dem Scheitern der Regierungsbildung einig. Auch die Führer der Parteien, die sich in vier Monaten nicht auf ein Regierungsbündnis verständigen konnten, sehen das so. Spaniens Politiker waren mit den komplizierten Mehrheitsverhältnissen nicht zurechtgekommen, die die Wahl am 20. Dezember 2015 gebracht hatte. Nun werden die Spanier mit ziemlicher Sicherheit am 26. Juni - nur gut sechs Monate nach der vorigen Wahl - erneut abstimmen müssen.

Dies bedeutet eine Premiere in der neueren Geschichte des Landes. Seit dem Ende der Franco-Diktatur (1939-1975) hatte noch nie ein spanischer König Neuwahlen ansetzen müssen, weil die Parteien kein Regierungsbündnis mit einer ausreichenden Mehrheit zustande brachten.

Offiziell ist noch bis zum 2. Mai Zeit zur Wahl einer Regierung. Aber dass dies bis dahin noch geschieht, ist praktisch ausgeschlossen. „Wir begeben uns nun an die Ausarbeitung des Dekrets zur Auflösung des Parlaments“, sagte Parlamentspräsident Patxi López.

Parteiführer wie der konservative Ministerpräsident Mariano Rajoy oder der sozialistische Oppositionsführer Pedro Sánchez räumten ein, dass sie gescheitert sind. Die Schuld dafür gaben sie aber dem jeweiligen politischen Gegner. „Alle Parteiführer sind verantwortlich, aber in besonderer Weise Rajoy und Sánchez“, urteilte am Mittwoch die liberale Zeitung „El Mundo“. „Eine Koalition von Konservativen und Sozialisten wäre der einzige Weg gewesen, die Probleme des Landes zu lösen.“

Zwei Faktoren trugen maßgeblich dazu bei, dass kein Regierungsbündnis zustandekam: die Korruptionsskandale in der PP und der Separatismus in Katalonien. Die nicht endende Serie von Schmiergeldaffären bei den Konservativen war der wichtigste Grund dafür, dass keine Partei mit Rajoy koalieren wollte - zumal der Regierungschef keine Anstalten macht, einen Prozess der Erneuerung in seiner Partei einzuleiten.

Das Streben der katalanischen Parteien nach einer Abspaltung ihrer Region von Spanien hatte zur Folge, dass sie als Bündnispartner nicht mehr infrage kamen. In der Vergangenheit hatten die Katalanen in Madrid häufiger den Konservativen oder Sozialisten (PSOE) zu einer Mehrheit verholfen. Aber nach ihrem Schwenk zum Separatismus wollen die großen spanischen Parteien nicht mehr mit ihnen koalieren.

Die Katalonien-Frage spielte auch eine Rolle dabei, dass keine Mitte-Links-Regierung der Sozialisten, der Liberalen und der Linkspartei Podemos (Wir können) zustande kam. Podemos fordert ein Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien; die anderen Parteien lehnen dies ab.

Spanien ist seit dem 20. Dezember 2015 ohne eine gewählte Regierung. Rajoy ist nur geschäftsführend im Amt und beschränkt handlungsfähig. Diese Hängepartie könnte sich nach den Neuwahlen bis in den Spätsommer hinziehen.

Hätte König Felipe VI. sich stärker engagieren müssen? „Nein, auf keinen Fall“, sagte der Historiker Santos Juliá der Zeitung „El País“. „Das Königshaus ist keine politische Macht. In der Vergangenheit hatten spanische Könige schon zweimal die Monarchie mit ihren politischen Aktivitäten in den Ruin gestürzt. Felipe tat genau das, was die Verfassung ihm vorschreibt.“

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