Schottland Nach dem Brexit ist vor dem Unabhängigkeits-Referendum

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Vorsicht vor dem Domino-Effekt


Das ist nicht sicher. Heute stellt sich die Situation für Spanien und damit auch für die EU anders dar. „Die Spanier müssen nicht wie vor zwei Jahren befürchten, dass das schottische Beispiel Katalonien beeinflusst“, sagt Fritz-Vannahme. Denn diesmal sind die Briten die Spalter und Schottland klammert sich mit aller Macht an den Verbleib in der EU.

Das eröffnet neue Möglichkeiten. Noch ist unklar, wie Spaniens Regierung künftig aussieht. Eine linke Regierung etwa könnte für die „Stimme des Volkes“ deutlich aufgeschlossener sein, schätzt Fritz-Vannahme. „Wie die Spanier im Einzelnen argumentieren werden, wissen wir nach den Wahlen am Sonntag.“

Ein weiteres Problem ist der desolate schottische Haushalt, der wohl kaum den EU-Aufnahmekriterien gerecht wird. Und der anstehende Brexit könnte das noch weiter verschärfen, schätz Fritz-Vannahme: „Die wirtschaftliche Situation Schottlands ist aktuell sehr knifflig.“


Die Chancen für eine Annäherung an die EU stehen alles in allem besser als noch 2014. Ob ein EU-Beitritt allerdings in absehbarer Zeit realistisch ist, bleibt abzuwarten.

Wie wird die EU sich gegenüber einem unabhängigen Schottland positionieren?
Politikwissenschaftler Weidenfeld geht davon aus, dass die EU sehr kooperativ gegenüber Schottland als Beitrittskandidat sein dürfte. Zumal das Land bereits den gesamten Gesetzesapparat der EU übernommen und bis runter in die administrative Ebene umgesetzt hat.
Auch das Haushaltsproblem könnte gelöst werden. Zumal schon EU-Mittel für Beitrittskandidaten fließen. „Für Schottland könnte das höchst hilfreich sein“, sagt Weidenfeld.
„Weniger kooperativ wird die EU im Umgang mit Großbritannien als Ganzes sein“, glaubt er. Wenn sie Großbritannien zu viele Zugeständnisse macht, riskiert sie einen Dominoeffekt. Weitere Länder könnten austreten wollen.

Wird Schottland auch ohne positive Zeichen der EU ein Referendum forcieren?

Großbritannienexperte Sturm geht davon aus, dass die Schotten auch unabhängig von einem EU-Beitritt die Loslösung vom Königreich forcieren werden. „Es geht um eine Identitätsfrage und um Demokratie – und nicht nur um Ökonomisches“, sagt er. „Natürlich wäre es für Schottland einfacher, innerhalb der EU ein unabhängiges Land zu sein.“ Wenn das nicht gehe, werde Schottland Abkommen mit der EU schließen, die den Zugang zum Binnenmarkt ermöglichen, schätzt er.

Ob mit oder ohne EU-Beitritt – Schottland wird ein weiteres Referendum anstreben. Und die Wahrscheinlichkeit, dass die Mehrheit der Schotten für die Nationalbewegung stimmt ist deutlich höher im Vergleich zum Referendum von vor zwei Jahren. Insbesondere wenn die EU die Tür für Schottland offen hält.

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