Schulden, Klagen und Strafverfahren Ex-Präsident ohne Immunität: Das droht Trump jetzt

Donald Trump verließ am Mittwoch wenige Stunden vor Joe Bidens Amtseinführung mit seiner Frau Melania das Weiße Haus mit dem Helikopter Marine One. Quelle: REUTERS

Die Amtszeit des 45. US-Präsidenten Donald J. Trump ist zu Ende gegangen. Jetzt regiert Joe Biden im Weißen Haus. Ein ruhiger Lebensabend dürfte Trump vorerst nicht erwarten. Ihm sitzen juristische Probleme im Nacken – und wohl bald auch finanzielle.

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Als in den letzten Stunden des letzten vollen Tages der Trump Administration das Weiße Haus einen ganzen Stapel an Gnadenakten bekanntgab, fehlte ein Name, über den seit Jahren spekuliert worden war: Donald Trump. Immer wieder hatte der 45. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika während seiner Amtszeit öffentlich mit der Idee gespielt, sich zum Ende seiner Amtszeit hin selbst zu begnadigen und damit vor Strafverfolgung zu schützen. Es wäre ein beispielloser Schritt gewesen – und ein rechtlich höchst fragwürdiger. Bis zuletzt soll Trump sich die Option dennoch offengelassen haben. Erst am Dienstag vor einer Woche, auf den letzten Metern seiner Präsidentschaft, habe er sich die Idee ausreden lassen, berichtet die „New York Times“. Berater konnten ihn demnach davon überzeugen, dass ein solcher Schritt ihm gefährlich werden und nur schaden könne.

Damit beginnt Trump seine Zeit als Ex-Präsident ohne Schutz vor Strafverfolgung. Für andere Staatsoberhäupter im Ruhestand stellte dieser Umstand kein Problem dar, doch Trumps Situation ist eine andere. Er ist juristisch durchaus gefährdet. Insgesamt 18 Ermittlungsverfahren auf Bundesebene und in Bundesstaaten zählte die „New York Times“ vor rund eineinhalb Jahren, in denen entweder Trump, sein Unternehmen oder sein Umfeld eine Rolle spielten. Dabei ging es unter anderem um den Missbrauch von Spendengeldern, um Steuervergehen und Betrug. Einige von ihnen führen Trump als Beschuldigten.

Mehrere dieser Ermittlungen laufen noch. Außerdem könnten noch weitere hinzukommen. Dass Trump bei einem Telefonat Anfang Januar Offizielle im Bundesstaat Georgia unter Druck setzte, den Wahlsieg Joe Bidens nicht anzuerkennen, könnte ihm als Anstiftung zum Wahlbetrug ausgelegt werden. Auch seine Rede vor Anhängern am Weißen Haus, die zum Sturm des Kapitols führte, wird derzeit auf ihre strafrechtliche Bedeutung geprüft. Kurzum: Nach dem Ausscheiden aus dem Amt könnte Trump noch viel Ärger bekommen. Und der zweite Impeachment-Prozess gegen ihn im Senat ist da noch gar nicht mit eingerechnet: Dort ist nun die Anklage für das zweite Amtsenthebungsverfahren gegen den Ex-Präsidenten verlesen worden. 45 der 50 Republikaner im Senat unterstützten am Dienstag einen Antrag ihres Parteikollegen Rand Paul, der das Verfahren verfassungswidrig nannte und dessen Fortgang stoppen wollte. Nur fünf Republikaner stimmten mit den 50 Demokraten. Eine Zweidrittelmehrheit für eine Verurteilung Trumps, die Voraussetzung für die von den Demokraten angestrebte Ämtersperre wäre, erscheint vor diesem Hintergrund aber kaum realistisch.

Trump ist nicht mehr im Amt, das politische Washington dreht sich aber weiter um ihn: Zum zweiten Mal hat der US-Senat eine Impeachment-Anklage gegen den Republikaner empfangen.

Und dennoch: In den vergangenen Jahren war Trump zumindest vor juristischen Problemen noch geschützt. Der Präsident genießt zwar keine formelle Immunität, doch die Hürden für Strafverfolgung sind hoch. Eine innere Richtlinie des Justizministeriums sieht vor, dass das amtierende Staatsoberhaupt nicht angeklagt werden darf. Deshalb verzichtete etwa Sonderermittler Robert Mueller darauf, bei seiner Untersuchung der Russland-Affäre ein Urteil über zehn Begebenheiten zu fällen, die dem Staatsoberhaupt als Justizbeugung hätten ausgelegt werden können. Für unschuldig erklärte er ihn jedoch auch nicht. Dieser institutionelle Schutz ist nun allerdings erloschen.

Damit könnte Trump der erste Ex-Präsident werden, der sich einem Strafverfahren stellen muss. Keiner seiner Vorgänger musste sich dieser Schmach aussetzen. Zwar drohte auch Richard Nixon im Zuge der Watergate-Affäre eine Anklage, er entkam ihr jedoch, da sein Nachfolger Gerald Ford ihn umfassend begnadigte.

Dass Joe Biden ein großes Interesse daran hat, Trump den gleichen Gefallen zu tun, ist eher unwahrscheinlich – auch wenn es durchaus Stimmen gibt, die genau das fordern, damit das Land mit der Ära Trump und ihren Skandalen endlich abschließen kann. Doch selbst wenn das neue Staatsoberhaupt es täte, wäre der Ex-Präsident nicht sicher vor den Ermittlungsbehörden.

Die politische Spaltung der USA wird sich nach dem Ende von Trumps Präsidentschaft verschärfen. Wenn er sagt, „unsere unglaubliche Reise fängt gerade erst an“, ist das eine Kampfansage und eine ernstzunehmende Drohung.
von Dieter Schnaas

Denn das präsidiale Recht zur Begnadigung bezieht sich lediglich auf Strafverfolgung und Urteile auf der Bundesebene. Gegen Trump wird jedoch auch in einigen Bundesstaaten ermittelt, etwa in seinem Heimatstaat New York, wo unter anderem der Bezirksanwalt von Manhattan schon lange wegen des Geschäftsgebarens der Trump-Organisation eine Untersuchung durchführt. Selbst wenn Biden wollte, könnte er seinen Vorgänger vor diesen Verfahren nicht bewahren.

Hinzu kommen mehrere zivilrechtliche Klagen, denen sich Trump stellen muss. Allein die Anwältin Roberta Kaplan vertritt Klienten in drei Verfahren gegen den 45. Präsidenten: Eine Journalistin, die behauptet, Trump habe sie vergewaltigt und die ihn nun wegen Verleumdung verklagt, Trumps Nichte Mary, der er angeblich einen erheblichen Erbanteil vorenthalten haben soll und Geschädigte eines Pyramidenschemas, für das die Trump-Familie in ihrer Reality-TV-Show „The Celebrity Apprentice“ Werbung gemacht hatte. Gefängnis droht ihm hier nicht – aber womöglich hohe Entschädigungszahlungen.

Selbst wenn er alle anstehenden Verfahren gewinnen sollte, wird ihn der juristische Ärger dennoch teuer zu stehen kommen – im wahrsten Sinne des Wortes: Anwaltskosten in Millionenhöhe dürften anfallen. Geld, dass Trump womöglich nicht hat.



Denn der Ex-Präsident ist hoch verschuldet. Allein die Deutsche Bank hat Berichten zufolge der Trump-Organisation Kredite in Höhe von mehr als 300 Millionen Dollar gewährt. Die Rückzahlung steht in den nächsten Jahren an. Eine Neufinanzierung wird das Institut nicht ermöglichen – die langjährige Bank des 45. Staatsoberhaupts will die Zusammenarbeit mit ihm beenden.

Ob die Trump-Organisation die Schulden bedienen kann, ist zweifelhaft. Zwar erwartet Trump-Sohn Eric, der das Unternehmen während der Amtszeit seines Vaters hauptsächlich führte, dass der Familienbetrieb zahlreiche Branding-Möglichkeiten im Ausland wahrnehmen können werde, ob solche Geschäfte angesichts des Ansehensverlustes des Ex-Staatsoberhaupts jedoch noch so lukrativ wie früher ausfallen werden, ist unklar. Und das müssten sie, denn die Covid-Krise hat auch Trumps Geschäft hart getroffen.

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Damit wäre der Privatmann Trump am Haken, wenn sein Unternehmen die Kredite nicht bezahlen kann. Denn er bürgt für einen Teil der Kredite. Sein persönliches Vermögen beläuft sich laut Forbes auf rund 2,5 Milliarden Dollar – genug also, um die Verbindlichkeiten zu bedienen. Trotzdem: Vom ruhigen und lukrativen Lebensabend anderer Ex-Staatsoberhäupter wird der 45. US-Präsident zunächst weit entfernt bleiben.

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