
Das Schöne an Geheimtreffen ist, dass sie meist nicht geheim bleiben. Das gilt auch für das Treffen der Finanzminister aus dem Euro-Raum, das am Freitag abend in Luxemburg statt gefunden hat. Nachdem „Spiegel Online“ berichtet hatte, dabei ginge es um einen möglichen Austritt Griechenlands aus der Währungsunion, war an den Märkten die Hölle los. Der Euro sackte ab, die Anleger flüchteten in US-Staatsanleihen.
Die griechische Regierung beeilte sich, die Meldung in das Reich der Fabeln zu verweisen und beteuerte, Griechenland werde in der Währungsunion bleiben und seinen Verpflichtungen durch die vereinbarten Kredit- und Reformprogramme nachkommen.
Dabei ist längst offenkundig, dass Griechenland bei den Reformen und der Konsolidierung des Staatshaushalts weit hinter den vorgegebenen Zielen hinter her hinkt. Die Widerstände in der Bevölkerung gegen die harten Reformmaßnahmen nehmen zu, der Druck der Straße auf die Regierung von Ministerpräsident Papandreou steigt.
Griechenlands Kreditgeber haben schlechte Karten
Damit droht dem Geschäft der Euro-Länder und des Internationalen Währungsfonds (IWF) mit Griechenland die Geschäftsgrundlage entzogen zu werden. Der Deal lautet: Griechenland erhält Kredite von den anderen Euro-Ländern und vom IWF und saniert im Gegenzug das Land durch harte Spar- und Reformmaßnahmen. Allmählich aber scheint den Geldgebern, vor allem dem IWF, die Geduld auszugehen. Der IWF, so heißt es, habe Griechenland gedroht, die für Juni anstehende nächste Kredittranche zurück zu halten, wenn das Land seine Hausaufgaben nicht erfüllt.
Doch Griechenlands Kreditgeber haben schlechte Karten. Athen sitzt in dem Verhandlungspoker am längeren Hebel. Stellt sich die Regierung Papandreou in puncto Reformen stur und halten die Euro-Länder und der IWF die Auszahlung der Kredite tatsächlich zurück, fehlt Athen das Geld, um seine Altschulden zu tilgen. Das Land wäre bankrott, die Gläubiger - zum großen Teil ausländische Banken - müssten auf einen erheblichen Teil ihrer Forderungen verzichten.
Dasselbe wäre der Fall, wenn Griechenland die Währungsunion verließe. Um einen Bank-Run zu verhindern, müsste Athen sofort die Konten seiner Bürger sperren und den Kapitalverkehr mit dem Ausland einschränken. Die wieder eingeführte eigene Währung Drachme würde massiv gegenüber dem Euro abwerten. Die Tilgung der in Euro denominierten Schulden wäre für Griechenland unbezahlbar, Athen würde seinen Schuldendienst einstellen. Auch in diesem Fall verlieren die Gläubiger einen Großteil ihrer Forderungen.
Deutschland muss Währungsunion verlassen
Solange die Euro-Länder und der IWF einen Forderungsverzicht mit Rücksicht auf die Banken ablehnen, sind sie erpressbar. Athen wird das ausnutzen, um weichere Anpassungsauflagen für seine Hilfskredite durch zu drücken. Knicken die Kreditgeber ein, stehen bald auch Irland und Portugal auf der Matte und verlangen weichere Reformauflagen.
Dann aber wird die Währungsunion endgültig zur Transferunion, in der die Steuerzahler aus den soliden Ländern, allen voran die Deutschen, ad infinitum die genesungs- und reformunwilligen Dauerpatienten auf der Intensivstation alimentieren.
Will der gesunde Kern Europas nicht ausbluten, gibt es nur eine Lösung: Er muss sich von den kranken Ländern abspalten und die Währungsunion verlassen. Zwar wäre das für Deutschland nicht kostenlos. Die Forderungen von Banken, Versicherungen und öffentlicher Hand gegenüber den Peripherieländern würden durch die Abwertung der Weichwährungen an Wert verlieren. Doch a la longue dürfte das im Vergleich zur Transferunion die billigere Lösung für die soliden Staaten sein. Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.