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Schuldenkrise Schwarz-Gelb will die Finanzmarktsteuer

Ausgerechnet eine schwarz-gelbe Koalition einigt sich auf die Einführung neuer Finanzmarktsteuern. Eine Analyse von Henning Krumrey und Cornelia Schmergal.

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Die Partei um Quelle: dpa

Nur kurz zur Erinnerung: Als die damalige PDS, die inzwischen zur Linkspartei fusionierte, in den Bundestags-Wahlkämpfen 2002 und 2005 eine Finanzmarktsteuer forderte, um Spekulationen einzudämmen, da taten die Wirtschaftspolitiker aus Union und FDP das noch als beinahe linksradikale Spinnerei ab, als Angriff auf die Märkte an und für sich und als ökonomische Irrlehre ohnedies.

Nun schreiben wir das Jahr 2010. Und tatsächlich haben sich Konservative und Liberale soeben darauf verständigt, für eine Finanzmarktsteuer zu kämpfen, um Spekulationen einzudämmen. War da was?   

Dabei haben die Koalitionsparteien um diese Lösung noch nicht einmal allzu lange gerungen. Offiziell lautet die Vereinbarung zwischen CDU, CSU und FDP nun, die Bundesregierung werde aufgefordert, auf europäischer und globaler Ebene eine wirksame Finanzmarktsteuer durchzusetzen. Ob es sich dabei um eine Transaktions- oder Aktivitätssteuer handelt, ist allerdings noch zu prüfen.

Zustimmung zur Griechenlandhilfe erleichtern

Vor allem die FDP ist an dieser Stelle eingeknickt, hatte sie eine Finanztransaktionssteuer doch bisher immer abgelehnt. Nach der Finanzkrise und mitten im Griechenland-Debakel argumentiert sie nun, im Zweifel gehe es um die Akzeptanz der Wirtschaftsordnung. Die Liberalen wollen sich nicht den Vorwurf machen lassen, sie seien die Schutzmacht der Spekulanten. Sie haben im Koalitionsausschuss nur noch zu Protokoll gegeben, dass sie eine Transaktionssteuer für wirkungslos und ungeeignet halten und eine Aktivitätssteuer befürworten. Aber wenn der Wille  der Staatengemeinschaft für die Transaktionssteuer stehe, werde sich die FDP nicht als einzige Partei der Welt dagegenstemmen. „Man kann sich auch lächerlich machen mit dem Beharren auf sachlichen Argumenten“, heißt es bei der FDP.

Die Einigung auf Finanzmarktsteuern hat einen politischen Hintergrund: Mit der Öffnung wollen Union und FDP es der Opposition erleichtern, ihre Zustimmung zur Griechenlandhilfe zu geben. Kanzleramtsminister Ronald Pofalla berichtete, erhabe inzwischen auch mit SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier telefoniert, der positiv reagiert habe – aber noch keine Zusage gab, dass SPD dem Paket wirklich zustimmen werde. Am Freitag soll der Bundestag über den deutschen Teil des Hilfspaketes beraten.

Und ganz nebenbei hat die Bundesregierung noch weitere Regulierungspläne für die Finanzmärkte beschlossen. Sie will nun „schnellstmöglich“

ungedeckte Leerverkäufe verbietenden Handel mit spekulativen Kreditausfallversicherungen (CDS) untersagenund Hedgefonds strenger regulieren.

Vielleicht braucht es den Stallgeruch der eigenen Klientel, um wirklich durchgreifende Maßnahmen durchzuboxen. Vielleicht braucht es auch die Hoffnung, die bislang betüdelte Stammwählerschaft werde schon nicht mit Liebesentzug reagieren. So kommt es wohl, dass ausgerechnet ein konservativ-liberales Bündnis beschließt, sich in Europa für neue Finanzmarktsteuern einzusetzen. Von der bundesdeutschen Bankenabgabe mal ganz zu schweigen

Und so war es übrigens wohl auch vor ein paar Jahren, als ausgerechnet eine SPD-geführte Bundesregierung die wohl umfassendste Arbeitsmarktreform der Nachkriegsgeschichte umsetzte – und damit die gesamte Gewerkschaftsbewegung vergrätzte.

Der Rest ist bekannt: Die SPD wurde abgewählt.

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