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Schuldenschnitt Europas Angst vor der Kettenreaktion

Lange hat die Euro-Zone auf Zeit gespielt. Doch ein Schuldenschnitt Griechenlands wird nun immer wahrscheinlicher. Die zentrale Frage lautet: Wie lässt sich der Rest der Euro-Zone vor den Konsequenzen eines Haircuts schützen?

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Europa-Fahne vor der Zentrale Quelle: dpa

Zwei Jahre sind eine lange Zeit in der Politik. Bei seinem Amtsantritt im Oktober 2009 orientierte sich Griechenlands Ministerpräsident Giorgos Papandreou nach oben, versprach sein Land zum „Dänemark des Südens“ umzumodeln. Heute ist ihm wichtiger, sich nach unten abzugrenzen. Seine neue Botschaft an Europa: „Wir sind weder Indien noch Bangladesch.“

Vielleicht wird er sein Land bald mit Nationen wie Argentinien vergleichen müssen, die eine Umschuldung hinter sich gebracht haben. Nachdem vergangene Woche Finanzminister Evangelos Venizelos eingestand, dass der Schuldenberg 2012 voraussichtlich auf erdrückende 172,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) steigt, wird immer unwahrscheinlicher, dass sich Griechenland selber retten kann.

Umschuldung gilt als unvermeidlich

EFSF

Im Bundesfinanzministerium gilt eine Umschuldung inzwischen als unvermeidlich. „Griechenland ist durch, nun müssen wir uns um die Banken kümmern“, heißt es dort. Bis zum 14. Oktober sollen die Mitgliedstaaten Rettungsmaßnahmen für ihre nationalen Finanzinstitute erstellen. Bis dahin soll auch die Slowakei als letztes Euro-Land über den EFSF-Rettungsschirm abstimmen. Dann sei die Euro-Zone einigermaßen für die Griecheninsolvenz gerüstet, hofft man in Berlin. Wann genau der Ernstfall eintritt, darüber wird in Berlin heftig spekuliert. Die ruhigen Weihnachtstage seien am besten geeignet, wenn die Börsen geschlossen seien.

Europäische Finanzminister dementieren zwar noch fleißig, dass Griechenlands Staatsschuld per Haircut gesenkt wird. „Keiner hat einen Schuldenschnitt gefordert“, sagte Jean-Claude Juncker, Präsident der Euro-Gruppe, nach der jüngsten Sitzung des Gremiums vergangene Woche. Die österreichische Finanzministerin Maria Fekter nennt eine griechische Umschuldung eine „hypothetische Angelegenheit, die ausschließlich Spekulanten interessiert“.

Zustimmung nur mit Zähneknirschen

Wer genau hinhört, merkt allerdings, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel bei dem Thema umsteuert. Bei ihrem Besuch in Brüssel am vergangenen Mittwoch betonte sie, die Troika, bestehend aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF), müsse über die Tragfähigkeit der griechischen Schulden entscheiden. „Wir warten auf den Troika-Bericht und werden dann das Notwendige entscheiden.“

Merkel, die einen Schuldenschnitt zuvor noch heftig dementiert hatte, reagiert mit ihrem Kurswechsel auf den wachsenden Unmut im Bundestag. Im Berliner Reichstag ist der Schuldenschnitt schon seit Wochen ein Thema. Der für Wirtschaft zuständige CDU/CSU-Fraktionsvize Michael Fuchs sieht die Schuldentragfähigkeit längst für nicht gegeben und fordert Konsequenzen. Der Unions-Politiker drückt die Stimmung in der großen Regierungsfraktion aus, die Ende September noch der Erweiterung des Rettungsschirms EFSF zähneknirschend zugestimmt hatte. Doch für Griechenland „darf es keinen zusätzlichen Cent ohne Einhaltung der vereinbarten Auflagen mehr geben“, meint Fuchs, „einem Griechenland-II-Paket würde ich ohne eine entsprechende tragfähige Grundlage nicht zustimmen“. Dass die Troika am 24. Oktober einen zufriedenstellenden Bericht abliefert, das glauben immer weniger im Bundestag.

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