Schwellenländer-Börsen Hier ist für Anleger noch etwas zu holen

Seite 2/3

Südafrika und Türkei

Südafrika: Eng vernetzt 

Die südafrikanische Börse hat eine lange Tradition. Schon Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Handelsplatz in Johannesburg gegründet, als im Land Gold gefunden und das Schürfen finanziert werden musste. Heute sind in dem weiterhin für seinen Rohstoffreichtum bekannten Staat mehr als 800 Unternehmen börsennotiert; rund doppelt so viele wie in Deutschland.

Der bekannteste Konzern des Landes kommt jedoch nicht aus dem Rohstoff-, sondern aus dem Mediensektor. Das als Verlag gegründete Beteiligungsunternehmen Naspers hält Anteile an namhaften Unternehmen wie dem chinesischen Socialmedia-Marktführer Tencent oder dem deutschen Lieferdienst Delivery Hero. Dort haben sich die Südafrikaner mehr als jede fünfte Aktie gesichert und kommen inzwischen selbst auf gut 80 Milliarden Euro Börsenwert. Damit würden sie auch im Dax zu den größten Unternehmen zählen.

So gut wie die Naspers-Aktie, die sich in Euro gerechnet in den vergangenen fünf Jahren knapp vervierfachte, lief der südafrikanische Aktienmarkt insgesamt jedoch nicht. In der Heimatwährung Rand steht für diesen Zeitraum ein Plus von lediglich einem Drittel. Gerade in diesem Jahr läuft es schlecht, das Land wurde von den Schwellenländer-Turbulenzen empfindlich getroffen. Ein Fünftel beträgt das Minus seit Jahresbeginn. In Euro gerechnet ist es sogar fast ein Drittel. Mehr verloren seither nur die Leitbörsen in der Türkei und Argentinien.

Zum Problem ist zuletzt die enge Korrelation des südafrikanischen Rands mit dem Goldpreis geworden. Weil Gold seit Jahren schwächelt, leidet auch die Währung. Das mussten Anleger leidvoll erfahren, deren Aktiengewinne in Rand seit 2013 durch Währungsverluste fast komplett aufgefressen wurden. Andererseits haben Investoren in Krisenzeiten mit dem Rand satte Währungsgewinne eingefahren. Nach der Finanzkrise etwa kletterte die Gold-Nachfrage in die Höhe – und mit ihr der Rand. Dieser Zusammenhang kann südafrikanische Aktien auch in Zukunft als Instrument, um ein Depot antizyklisch abzusichern, interessant machen.  

Türkei: Im Krisenmodus 

Seit Jahresanfang ist der türkische Aktienleitindex um 52 Prozent gesunken, in Euro gerechnet. In türkischer Lira betrug der Rückgang nur 25 Prozent. Und das ist auch schon Teil des Problems. Die Lira hatte zuletzt massiv abgewertet, auch weil massive Zweifel an der Unabhängigkeit der Notenbank aufkamen. Der Streit zwischen Präsident Recep Tayyip Erdogan und US-Präsident Donald Trump verschreckte Anleger zusätzlich. Doch die Probleme sind größer. Einige Jahre lang konnte die Türkei hohe Wachstumsraten vorzeigen, doch die waren vor allem schuldenfinanziert. Ein größerer Teil der Kredite läuft auf Fremdwährungen, vor allem Dollar. Nun fällt es den Türken immer schwerer, die Kreditlasten zu stemmen. Es droht eine Pleitewelle.

Die Börse bildet diese Ängste ab. Schon seit Jahresanfang sind die Aktienkurse fast kontinuierlich gefallen, zuletzt mit steigender Dynamik. Erste Kurserholungen in den vergangenen Tagen sind vorerst nicht mehr als eine kleine Gegenbewegung im Abwärtstrend. Auch über fünf Jahre betrachtet steht der türkische Aktienleitindex aktuell gut 50 Prozent tiefer, wenn in Euro gerechnet wird. In Lira ist er um 19 Prozent gestiegen.

Eigentlich gelten türkische Aktien als günstig bewertet. Aktuell notieren sie im Schnitt nur etwa zum sechsfachen Jahresgewinn; in prosperierenden Schwellenländern kann es sonst durchaus drei Mal so viel sein. Die bedeutendsten börsennotierten Unternehmen sind der Bergbau- und Stahlkonzern Ereğli Demir ve Çelik und das Industriekonglomerat Koc Holding mit jeweils 5,5 Milliarden Euro an Börsenwert. Doch angesichts der aktuellen Risiken überzeugen niedrige Bewertungen die Anleger nicht, bilden diese doch nur die absehbare Ertragslage ab. Momentan sieht es danach aus, dass eher stark sinkende Gewinne die Bewertungen wieder auf normale Niveaus bringen werden – und nicht kräftig steigende Aktienkurse. 

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%