Braucht Amerika einen Neuanfang mit einem anderen Präsidenten?
Nein. Weder US-Präsident Barack Obama noch sein Herausforderer Mitt Romney haben tatsächlich einen Einfluss auf die Realpolitik in Amerika. Der Kongress und politische Interessengruppen haben das Sagen in Amerika.
Es ist egal, wer Amerika regiert?
Egal ist es nicht, aber in Amerika geben die Wähler Politikern ihre Stimmen, die mehr oder weniger ähnliche Ansichten oder Werte haben – das ist anders als etwa in Schwellenländern, wo ein neuer politischer Anführer tatsächlich das Land reformieren kann. Romney ist ein sehr moderater Republikaner. Er sagt das, was ihm hilft, gewählt zu werden. Genauso hat es doch Obama vor vier Jahren gemacht. Da gibt’s keine radikalen Unterschiede. Wenn Sie mit den Beratern der beiden sprechen, entdecken Sie viele Gemeinsamkeiten.
Wie kann Amerika seine strukturellen Probleme lösen?
Amerika braucht dringend einen Marshallplan, aber dazu ist die politische Klasse Amerikas nicht bereit. Das öffentliche Schulsystem ist schlecht. Strukturelle wirtschaftliche und bildungspolitische Reformen werden nicht eingeleitet. Wer künftig nicht mindestens einen College-Abschluss hat, wird auf dem internationalen Arbeitsmarkt nicht konkurrieren können. Das Problem ist offenbar noch nicht groß genug. Europa hat auch erst gehandelt, als sich die Lage zugespitzt hat.
Wie der Wall-Street-Handel lief
Ist es nicht längst zu spät für eine Rettung des Euro?
Nein. Ich halte eine Bankenunion für eine gute Lösung, um die Probleme in der Euro-Zone in den Griff zu bekommen – es geht doch kein Weg an einer politischen und fiskalischen Union vorbei. Nur wollen das die Deutschen nicht wahrhaben, weil sie dann Souveränität abgeben müssen. Die Deutschen wollten die Griechen doch unbedingt in der Euro-Zone haben. Sie haben Griechenland Geld zu Bedingungen geliehen, die nicht der wirtschaftlichen Realität entsprachen. Warum? Weil sie gierig waren wie alle anderen. Die Deutschen sind genauso verantwortlich für die Euro-Krise wie die Griechen.
Welche Bedeutung wird denn eine Euro-Zone künftig global noch spielen?
Sie wird überleben, weil sie eine freiwillige Union ist, mit gemeinsamen Werten und Interessen. Viele Euro-Länder profitieren von dieser Union. Sie wird als politische und wirtschaftliche Kraft deshalb global eine größere Bedeutung spielen in dieser multipolaren Weltordnung – ob mit oder ohne Griechenland.