Serie ThinkTanks Der liebe Gott der Finanzanalyse

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Keimzelle in einem Londoner Pub

Warum aber ist das IFS so gefragt? Vermutlich, weil es in einer zunehmend von Propaganda und postfaktischen Argumenten unterwanderten Welt erklärt, was hinter großen Ankündigungen der Politik steckt – und seine Erkenntnisse in griffige Botschaften verpackt.

„Wir lassen die Zahlen sprechen“, sagt Johnson. Die Briten müssten 2017/18 so viel Steuern zahlen wie seit 1986 nicht mehr, lautet etwa eine Erkenntnis des diesjährigen Green Budget. Exschatzkanzler George Osborne wies das IFS einmal nach, dass eine von ihm geplante Kürzung der Sozialausgaben britische Familien mehr als 1000 Pfund im Jahr kosten könnte.

Auch wenn sie marktwirtschaftliche Positionen vertritt, gilt die Denkfabrik als parteipolitisch neutral. Sie ist als gemeinnützig anerkannt und finanziert sich über Spenden. Insgesamt speist sich der Jahresetat von rund 7,6 Millionen Pfund aus 40 Quellen, darunter die britische Regierung, die EU, Stiftungen, Wohltätigkeitsorganisationen, aber auch internationale Organisationen wie die Weltbank sowie Unternehmen, die Forschungsprojekte fördern.

Die wichtigsten Denkfabriken der Welt 2016

Gegründet wurde die Denkfabrik von vier Privatleuten: einem Banker, einem Steuerberater, einem Investmentmanager und einem Aktienbroker. Die Freunde hatten sich so über die Einführung der Körperschaftsteuer durch den damaligen Finanzminister Callaghan geärgert, dass sie eines Abends im Pub beschlossen, vier Artikel für die „Times“ zu verfassen. Am 10. April 1967 erschienen diese unter der Überschrift: „Eine Charta für eine Steuerreform“ .

Wenige Monate später schloss sich das Quartett zu einer Forschungsgruppe zusammen, 1996 folgte die Umwandlung in eine GmbH. Den Durchbruch schaffte das IFS Mitte der Siebzigerjahre mit einer Studie über das britische Steuersystem, die unter Federführung des späteren Nobelpreisträgers James Meade entstand.

Das größte Kompliment machte dem IFS Exfinanzminister Osborne auf eine eher indirekte Weise. Bei seinem Amtsantritt gründete er mit dem Office of Budget Responsibility eine Art IFS der öffentlichen Hand – und beauftragte den damaligen IFS-Direktor Robert Chote mit dessen Leitung.

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