Shutdown droht Trumps letzter Mauersturm

Donald Trump, US-Präsident Quelle: AP

In Washington stehen die Zeichen erneut auf Regierungsstillstand. Der US-Präsident will einen Teilhaushalt nur dann unterschreiben, wenn Milliarden für seine Grenzmauer zu Mexiko bewilligt werden. Dafür gibt es im Kongress jedoch keine Mehrheit. Die Situation ist verfahren.

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Eigentlich hatte Paul Ryan, der Noch-Sprecher des Repräsentantenhauses, mit Washington bereits abgeschlossen. Seine Abschiedsrede hatte er bereits gehalten, einige wenige Gesetze während der Lame-Duck-Session noch durch seine Kongresskammer gebracht. Nun fehlten nur noch einige Abstimmungen, dann könnte er sein Büro im Januar quasi besenrein an seine designierte Nachfolgerin, die Demokratin Nancy Pelosi, übergeben.

Doch diesem geordneten Ende von Ryans politischer Laufbahn machte US-Präsident Donald Trump gestern einen Strich durch die Rechnung. Gegen Mittag kündigte das Staatsoberhaupt plötzlich an, er werde einen Teilhaushalt der Regierung nicht unterschreiben. Das Gesetz sah keine zusätzlichen Mittel für Trumps zentrales Wahlversprechen vor, die Grenzmauer zu Mexiko. Das wollte der Präsident plötzlich nicht mehr akzeptieren – obwohl das Weiße Haus in den Tagen zuvor signalisiert hatte, den Kompromiss zwischen Demokraten und Republikanern im Kongress in dieser Form zu billigen.

Hastig machten sich Ryan und andere einflussreiche Republikaner aus dem Kongress auf zu einem Treffen mit Trump. Ihre Hoffnung: Den Präsidenten doch noch umzustimmen. Doch Trump war nicht in der Stimmung für Deals. Trump werde „die Gesetzesvorlage nicht unterschreiben“, so Ryan im Anschluss an das Treffen. Damit ist ein weiterer Stillstand zumindest für einen Teil der Regierung kaum noch abzuwenden. Es wäre bereits der dritte in diesem Jahr.

Die von Donald Trump gewünschte Grenzmauer zu Mexiko wird wieder zum Konfliktstoff in Washington. Nicht nur die Frage der Finanzierung ist bislang ungelöst.
von Alexander Görlach

Anders als bei den bisherigen Shutdowns des Jahres dürften diesmal nur einige bestimmte Dienste und Ministerien betroffen sein. Ihre Finanzierung läuft um Mitternacht Washingtoner Zeit aus. Die entsprechenden Abteilungen müssen dann die Arbeit einstellen, nur zwingend notwendiges Personal darf Dienst tun.
Die Auswirkungen könnten dennoch beträchtlich sein. Tausende Regierungsangestellte könnten über die Weihnachtsfeiertage ohne Gehaltsscheck dastehen, Subunternehmer müssten ihre Arbeit einstellen. Kein Wunder also, dass Regierungsstillstände in der Öffentlichkeit höchst unbeliebt sind. Warum riskiert Trump ihn also trotzdem?

Es ist vor allem die Zeit, die gegen Trump spielt. Für wenige Tage kontrollieren seine Republikaner noch alle Schaltstellen der Macht in Washington. Doch dieser Zustand läuft ab. Anfang Januar werden die neuen Kongressabgeordneten eingeschworen – und damit auch die neue Mehrheit der Demokraten im Repräsentantenhaus.

Kommt Trumps Mauer?

Dass deren Anführerin Pelosi aus dieser Position der Stärke heraus Trump beim Bau seiner Mauer helfen wird, gilt als ausgeschlossen. Die Demokraten denken gar nicht daran, einem unbeliebten Präsidenten dabei zu helfen, Punkte bei seiner eigenen Basis zu machen. Soll heißen: Ab Januar hat der Präsident eigentlich keine realistische Chance mehr, seine Grenzmauer zu bauen. Deshalb erhöht er jetzt, da er den Kongress zumindest auf dem Papier noch mehrheitlich auf seiner Seite hat, den Druck.
Dazu gedrängt wird er von seinen Hardcore-Anhängern und prominenten Radio- und TV-Moderatoren, für die das Versprechen einer Mauer als nicht verhandelbar für ihre Unterstützung gilt. Ohne die Barriere sei Trumps Präsidentschaft lediglich ein „Witz, der das amerikanische Volk betrogen, die Populisten für eine Weile amüsiert und ansonsten nichts erreicht“ haben werde, schrieb die scharf-rechte Kommentatorin Ann Coulter in einer Kolumne. Trump entfolgte ihr daraufhin auf Twitter.

Die Warnung, dass sich auch seine leidenschaftliche Basis von ihm abwenden könnte, nahm er jedoch sehr ernst. Schließlich sind Trumps Zustimmungswerte nach wie vor historisch schlecht. Verliert er noch weiter an Unterstützung, ist seine Rest-Autorität verpufft. Deshalb will der Präsident jetzt auch auf keinen Fall nachgeben. Kompromissbereitschaft könnte ihm schließlich als Schwäche ausgelegt werden.
Angesichts dieser Gemengelage ist es schwer, sich einen Ausweg aus der Situation vorzustellen. Denn auch Trumps Hoffnung, die Mauer noch schnell durch den Kongress zu rammen, ist von der Realität kaum gedeckt. Zwar beugte sich das Repräsentantenhaus am Abend und verabschiedete mit den Stimmen der Republikaner einen Haushaltsentwurf, der fünf Milliarden Dollar für Trumps Mauer vorsieht, dass dieses Gesetz den Kongress insgesamt passiert, ist jedoch höchst unwahrscheinlich.

Im Senat, wo die Republikaner zwar eine knappe Mehrheit haben, sie aber aus Geschäftsordnungsgründen auf die Unterstützung einiger Demokraten angewiesen sind, sieht es für den Präsidenten noch düsterer aus. Auch deshalb ist es Trump in den vergangenen zwei Jahren nie gelungen, die Finanzierung für seine Mauer zu bekommen. Dass es ihm jetzt auf den letzten Metern gelingt, ist höchst unwahrscheinlich.

Wenn nicht noch ein Wunder geschieht, stehen die Zeichen damit auf Shutdown. Die Verantwortung dafür hat der Präsident bereits vor einigen Tagen übernommen. „Ich bin stolz darauf, die Regierung für Grenzsicherheit stillzulegen“, hatte er bei einem Treffen mit den Chefs der Demokraten im Kongress vor laufenden Kameras verkündet. „Ich werde sie stilllegen – ich werde euch nicht die Schuld dafür geben.“

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