Shutdown gefährdet Nationalparks „Es ist die reinste Anarchie“

USA: Shutdown gefährdet Nationalparks Quelle: AP

Der Shutdown in den USA zeigt erste Spuren in den Nationalparks des Landes, denn auch die Ranger sind im Zwangsurlaub. Die Folge: Dort, wo die Natur besonders schön ist, kann sie nicht mehr ausreichend geschützt werden.

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Die Müllberge wachsen, Fäkalien belasten die Vegetation, Geländewagen fahren quer durch die Landschaft. „Es ist die reinste Anarchie“, sagt der 24-jährige Dakota Snider, der im Yosemite Valley lebt. Die Regeln zum Schutz der Natur würden einfach missachtet. „Es ist wirklich herzzerreißend.“ Grund für das Problem: Hunderttausende Regierungsangestellte dürfen in den USA derzeit nicht arbeiten. Betroffen sind auch die Verantwortlichen in den Nationalparks.

Anders als bei bisherigen sogenannten Shutdowns sei diesmal unter Präsident Donald Trump beschlossen worden, die Parks trotz der fehlenden Aufsicht geöffnet zu lassen, sagt John Garder von der Organisation National Parks Conservation Association. „Wir befürchten, dass wir schon bald erhebliche Schäden an Naturschätzen und womöglich auch an historisch und kulturell bedeutenden Stätten sehen werden.“ Zugleich sei die Sicherheit der Besucher nicht mehr gewährleistet, betont Garder. „Es ist ein echtes Horrorszenario.“

Die Bundesbehörde National Park Service betont, dass die Verwalter vor Ort ein Gelände nach eigenem Ermessen schließen könnten, wenn die Tier- und Pflanzenwelt durch Vermüllung oder andere Vorkommnisse bedroht sei.

Ohne Personal erweist sich in der Praxis aber auch dies als schwierig. Und die Folgen sind in vielen der berühmten Naturparks kaum zu übersehen.

Shutdown gefährdet US-Nationalparks: „Es ist die reinste Anarchie“ Quelle: AP

Im Joshua-Tree-Nationalpark in Südkalifornien sind staatliche Ranger normalerweise auch für die Vergabe der Stellplätze für Camper zuständig. Da die Ranger nun aber im Zwangsurlaub seien, habe es in den vergangenen Tagen Rangeleien um bestimmte Standorte gegeben, sagt Ethan Feltges, der vor den Toren des Parks den Souvenirshop Coyote Corner betreibt.

Gemeinsam mit anderen lokalen Geschäftsleuten versucht Feltges, den Betrieb am Laufen zu halten. Unter anderem seien sie in den Park gefahren, um eigenständig überfüllte Mülltonnen zu leeren und Toiletten zu reinigen, sagt er.

„Wir halten hier zusammen“, betont Feltges. „Wir alle lieben den Park. Und es gibt etliche Unternehmen, die vom Park abhängig sind.“ Besucher gebe es trotz des Shutdowns viele. Die meiste Zeit verbringe er momentan daher damit, anstelle der Ranger Tipps und Informationen zum Park zu geben. Neben seinem Laden habe er nun aber auch eine zusätzliche mobile Toilette aufgestellt.

Der Leiter der Parkverwaltung, David Smith, betonte in einer Stellungnahme, dass die meisten Besucher des Joshua-Tree-Nationalparks respektvoll mit der dortigen Wüstenlandschaft und mit den aufgestellten Anlagen umgehen würden. Es gibt aber eben auch Ausnahmen: Wie die „Los Angeles Times“ berichtete, hatten einzelne Besucher in den oft Hunderte Jahre alten Pflanzen, denen der Park seinen Namen verdankt, einfach Weihnachtsbeleuchtung aufgehängt. Andere nutzten nach Angaben der Verwaltung die fehlende Aufsicht, um mit ihren Autos abseits der Wege zu fahren.

Im etwas weiter nördlich gelegenen Yosemite-Nationalpark ist derzeit auch niemand da, der die Eintrittsgelder kassieren könnte. Weil sich das herumgesprochen habe, kämen in diesen Tagen besonders viele Menschen, sagt der Anwohner Snider - und das, wo nur wenige Toiletten geöffnet und wenige Ranger im Dienst seien. Besucher würden ihre Hunde in Gebieten, in denen es Bären und andere Wildtiere gebe, frei herumlaufen lassen und überall ihren Müll verteilen. „Du schaust dir die Yosemite Falls an und vor dir ist alles voller Plastikflaschen und Müllbeutel“, beklagt er.

Die Verwaltung des Rocky-Mountain-Nationalparks im US-Staat Colorado erklärte am Montag, dass ab sofort an vielen Standorten die sanitären Einrichtungen und die Abfallsammelstellen geschlossen bleiben würden. Im Yellowstone-Nationalpark in Wyoming haben private Betriebe große Teile des Unterhalts übernommen, für den eigentlich die Behörden zuständig sind – die Unternehmen bieten Touren mit Schneemobilen und Kleinbussen an und kümmern sich nun nebenbei auch um das Präparieren der Wege sowie um die Müllentsorgung.

Fast alle öffentlichen Straßen im Bereich des Yellowstone-Nationalparks sind im Winter gesperrt. Wer Attraktionen wie den Geysir „Old Faithful“ oder den örtlichen Canyon sehen will, ist derzeit daher auf die Tour-Anbieter angewiesen. Die für die Aufrechterhaltung des Betriebs erforderlichen Zusatzkosten würden sich die örtlichen Unternehmen teilen, sagt Travis Watt, Geschäftsführer von See Yellowstone Alpen Guides.

Sollten sich die Politiker in Washington auch weiterhin nicht einigen, ließe sich das derzeitige System zur Not den ganzen Winter über fortführen, sagt Watt. „Wir kriegen das schon hin.“ Eine Lösung im Streit um den Haushalt wäre ihm aber definitiv lieber, fügt er hinzu. „Die Leute von der Parkverwaltung machen ihre Sache normalerweise gut – und wir sehen es gar nicht gerne, dass sie arbeitslos sind.“

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