Sicherheitsbedenken Berlin klagt gegen EU-Standards für Baustoffe

Schädliche Ausdünstungen vom Parkett oder vom Boden der Sporthalle – Baumaterialien können unschöne Auswirkungen haben. Die Bundesregierung ist mit den EU-Normen dazu unzufrieden und handelt.

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Das Bundesumweltministerium reichte Klage beim EU-Gericht ein. Der Grund: Deutschland kritisiert Lücken bei europäischen Standards für Baustoffe. Quelle: dpa

Berlin/Brüssel Deutschland kritisiert Lücken bei Sicherheit und Gesundheitsschutz bei europäischen Standards für Baustoffe und verklagt deshalb die EU. Man habe Klage beim EU-Gericht erster Instanz in Luxemburg eingereicht, teilte das Bundesumweltministerium am Mittwoch in Berlin mit. Hintergrund ist ein schon länger dauernder Streit mit der EU-Kommission über die Frage, ob Deutschland höhere Anforderungen an Baumaterialien stellen darf, als im EU-Recht vorgesehen.

Der Europäische Gerichtshof hatte 2014 gegen Deutschland geurteilt und entschieden, dass EU-Staaten über die europäische CE-Kennzeichnung hinaus keine weiteren Prüfungen verlangen können.

Die aktuellen EU-Normen gefährden nach Auffassung der Bundesregierung allerdings die Bausicherheit und teilweise auch Umwelt- und Gesundheitsschutz. Sie meldete deshalb 2015 bei der EU-Kommission gegen mehrere Normen Bedenken an. Die Einwände gegen die Vorgaben zu Holzfußböden und Sportböden hat die Brüsseler Behörde schon zurückgewiesen. Dagegen klagt Deutschland nun kurz vor Ablauf der Widerspruchsfrist an diesem Mittwoch. Die auf Länderebene geregelten Bauvorgaben gelten damit weiter.

Die EU-Kommission verhandelt seit langem mit Deutschland, bisher aber erfolglos. Ein Argument: Deutschland könne ja Vorschriften für die Sicherheit von Gebäuden machen statt zusätzliche Anforderungen an normierte Produkte zu stellen.

Das löst das Problem aus deutscher Sicht allerdings nicht, weil die EU-Normen bestimmte Angaben zu den Stoffen gar nicht erst vorschreiben. Dann könnten Bauunternehmen, die etwa Fußbodenbeläge für Sporthallen sowie Holz- und Parkettfußböden einbauen, nicht mehr überprüfen, ob diese gesundheitsschädliche Stoffe in die Innenraumluft abgeben, erklärte das Umweltministerium. Die Fußboden-Hersteller wären demnach nicht mehr verpflichtet, einen Nachweis über Ausdünstungen ihrer Bodenbeläge zu geben. „Es bestünde daher die Gefahr, dass Hauseigentümer und Mieter einer höheren Schadstoffkonzentration ausgesetzt werden.“

Unabhängig vom Gerichtsverfahren in Luxemburg könnte sich Deutschland am Ende durchsetzen. So prüft die EU-Kommission derzeit, ob die relevante Gesetzgebung überarbeitet werden könnte, eine Entscheidung dazu soll bis 2019 fallen. Und möglicherweise bekommt Deutschland die Erlaubnis, eine sogenannte Testnorm anzuwenden: Das ist eine Variante, die zwar bislang keine anerkannte EU-Norm ist, aber deutschen Bedenken Rechnung tragen soll. Über die Vorbereitung der Klage hatte zuerst die „Welt“ berichtet.

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