Sicherheitslage Außenamt sieht Lage in Afghanistan uneinheitlich

Laut Regierungsbericht ist die Lage in Afghanistan uneinheitlich. Werden nun die weitgehend ausgesetzten Abschiebungen in das Land wieder aufgenommen?

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Laut Regierungsbericht gibt es bei der Sicherheitslage in Afghanistan „starke regionale Unterschiede“. Quelle: AP

Berlin Die Bundesregierung sieht in Afghanistan laut Medienberichten eine „volatile Sicherheitslage“, aber „keine systematische, staatlich organisierte Gewalt gegen die eigene Bevölkerung“. Eine Empfehlung zur Rechtmäßigkeit von Abschiebungen in das Land gibt das Auswärtige in seinem lange erwarteten Lagebericht zu „asyl- und abschieberelevanten Ereignissen“ in Afghanistan jedoch nicht, wie die Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Samstag) sowie „Süddeutsche Zeitung“ (Samstag), NDR und WDR berichten.

Derzeit gilt ein teilweiser Abschiebestopp für Afghanen – nur Gefährder, Straftäter und Menschen, die bei der Identitätsfeststellung nicht mitwirken, sind davon ausgenommen. Bisher wurden 234 Männer zurückgebracht.

Das Auswärtige Amt hatte zuvor am Freitag mitgeteilt, dass die Lagebewertung dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) und den Verwaltungsgerichten übermittelt, aber aus Gründen des Quellenschutzes nicht veröffentlicht werde.

Die Einschätzung soll den Behörden als Anhaltspunkt bei der Bearbeitung von Asylanträgen von Afghanen und bei der Entscheidung über Abschiebungen in das Land dienen. Der Bericht hätte eigentlich schon im Sommer 2017 vorliegen sollen.

Die Sicherheitslage in Afghanistan weise „starke regionale Unterschiede“ auf, heißt es darin den Medien zufolge. Neben Provinzen mit „aktiven Kampfhandlungen“ gebe es solche, in denen die Lage „vergleichsweise stabil“ sei – trotz gelegentlicher Anschläge oder anderer Gewaltaktionen.

Die Zentralregierung sei „häufig nicht in der Lage, ihre Schutzverantwortung effektiv wahrzunehmen“. Sie habe „seit je nur beschränkten Einfluss auf lokale Machthaber und Kommandeure“. Diese würden häufig ihre Macht missbrauchen.

In verschiedenen Kapiteln beschreiben die Verfasser „asylrelevante Tatsachen“ und gehen zum Beispiel auf die Lage des Wahlsystems, der Justiz, der Religionsfreiheit und die Situation der Kinder ein. So heißt es in dem Lagebericht den Medienberichten zufolge: „Das Justizsystem funktioniert nur sehr eingeschränkt; der Zugang zur Justiz ist nicht umfassend gewährleistet.“ Bei den Menschenrechten habe Afghanistan „unter schwierigen Umständen Fortschritte“ gemacht, außerhalb der Städte aber weniger.

Die Situation der Kinder habe sich „in den vergangenen Jahren insgesamt verbessert“. Weiterhin bestehe jedoch die Gefahr der „Rekrutierung von Kindern durch regierungsfeindliche Gruppen oder afghanische Sicherheitskräfte“. Zudem hätten Kinder im vergangenen Jahr 30 Prozent aller zivilen Opfer in dem Land ausgemacht: vor allem durch sogenannte Kollateralschäden bei Kämpfen, Sprengfallen und zurückgelassene Kampfmittel.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), in dessen Zuständigkeit das Bundesflüchtlingsamt fällt, hatte den Bericht in der vergangenen Woche angemahnt. Die Verzögerung hat nach Angaben des Auswärtigen Amts vor allem mit dem verheerenden Terroranschlag vor der deutschen Botschaft in Kabul vom 31. Mai vergangenen Jahres zu tun.

Abschiebungen nach Afghanistan sind wegen der schlechten Sicherheitslage in vielen Gebieten umstritten. Die radikalislamischen Taliban kontrollieren nach Militärangaben mehr als ein Siebtel des Landes.

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