Simbabwe Gespannte Ruhe vor Bekanntgabe des Wahlergebnisses in Simbabwe

Nach den Ausschreitungen in Simbabwes Hauptstadt Harare sprechen Präsident und Oppositionsführer nun miteinander. Die EU ruft zur Zurückhaltung auf.

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Ein bewaffneter Soldat patrouilliert nach Demonstrationen von Anhängern der Oppositionspartei in den Straßen der Hauptstadt. Bei Protesten gegen einen befürchteten Wahlbetrug in Simbabwe sind bei Zusammenstößen mit Sicherheitskräften nach Oppositionsangaben drei Menschen ums Leben gekommen. Quelle: dpa

Harare Nach gewaltsamen Zusammenstößen bei Protesten der Opposition ist vor der offiziellen Verkündung der Ergebnisse der Präsidentenwahl in Simbabwe eine gespenstische Ruhe eingetreten. In den Straßen der Hauptstadt Harare patrouillierten am Donnerstag Polizei und Militär, viele Geschäfte waren aus Angst vor neuen Ausschreitungen geschlossen. Die Wahlkommission wollte am frühen Abend bekanntgeben, ob die Ergebnisse der Abstimmung vom Montag noch in der Nacht oder erst am Freitag veröffentlicht würden.

Für die Opposition ist die verzögerte Bekanntgabe der Wahlergebnisse ein Hinweis auf einen bevorstehenden Wahlbetrug. EU-Wahlbeobachter erklärten, jede weitere Verzögerung schade der Glaubwürdigkeit der Ergebnisse. Falls Präsident Emmerson Mnangagwa (75) die Wahl in der ersten Runde gewinnen sollte, würde die von Nelson Chamisa (40) angeführte Opposition das Ergebnis vermutlich nicht akzeptieren. Experten rechnen für diesen Fall mit Massenprotesten.

Umfragen vor der Wahl prognostizierten ein Kopf-an-Kopf Rennen zwischen Mnangagwa, einem Vertreter der alten Garde, und dem Reformer Chamisa. Bei Protesten von Oppositionsanhängern waren bei Zusammenstößen mit Sicherheitskräften am Mittwoch mindestens drei Menschen getötet und zahlreiche weitere verletzt worden.

Mnangagwa forderte eine unabhängige Untersuchung der Vorfälle. Die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden. Simbabwer müssten ihre Differenzen „friedlich und respektvoll“ lösen, forderte Mnangagwa. Er stehe in Kontakt mit Chamisa, um die Lage zu entschärfen.

Mnangagwa hatte die Schuld für die Ausschreitungen zuvor noch allein bei der Opposition gesehen. Die Polizei war mit Wasserwerfern, Tränengas und Gummigeschossen gegen die Demonstranten vorgegangen. Es fielen auch Schüsse, das Militär wurde ebenfalls eingesetzt.

Die Europäische Union forderte alle Parteien angesichts der jüngsten Eskalation zu „Besonnenheit und Zurückhaltung“ auf. Auch UN-Generalsekretär António Guterres zeigte sich über die Gewalt in Harare besorgt. Er appellierte an die politischen Führer und die Bevölkerung Simbabwes, jegliche Form von Gewalt abzulehnen.  

Bei der Parlamentswahl, die ebenfalls am Montag stattgefunden hatte, sicherte sich Mnangagwas seit 1980 regierende Partei Zanu-PF eine solide absolute Mehrheit der Sitze. Es war die erste Wahl nachdem Langzeitpräsident Robert Mugabe (94) im November infolge eines Militärputsches zurückgetreten war. EU-Wahlbeobachter hatten die Abstimmung am Mittwoch insgesamt als frei, aber wegen der Nutzung staatlicher Ressourcen und der parteiischen Berichterstattung der amtlichen Medien zugunsten der Regierung als nicht fair bezeichnet.

Für das verarmte Simbabwe war die Wahl eine Richtungsentscheidung: Mnangagwa war unter Mugabe viele Jahre Minister und später dessen rechte Hand gewesen. Chamisa hingegen, ein eloquenter Pastor, steht für einen Neuanfang. Wer auch immer die Wahl gewinnt, steht vor enormen Herausforderungen.

Infolge von Mugabes gescheiterter Wirtschaftspolitik ist Simbabwes Wirtschaftsleistung heute der Weltbank zufolge mit rund 900 US-Dollar pro Kopf niedriger als 1980, es herrscht Rekordarbeitslosigkeit.

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