Simbabwe Mugabes makabre Geburtstags-Sause

Simbabwe geht die Luft aus: Der Mangel an Bargeld hat ein Loch in das Finanzsystem gerissen, der Wirtschaft droht der Kollaps. Despot Mugabe lässt sich trotz Hunger und Armut zu seinem 93. Geburtstag üppig feiern.

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Simbabwes greiser Langzeitpräsident Robert Mugabe lässt sich mit einem verschwenderischen Fest feiern. Quelle: AFP

Kapstadt Die jüngste Visite bei seinen Ärzten in Singapur hat offenbar nicht mehr so richtig gewirkt. Als Simbabwes Staatschef Robert Mugabe vor ein paar Tagen im Vorfeld seines 93. Geburtstages vom Staatsfernsehen interviewt wurde, wirkte der Despot über weite Strecken müde und abgekämpft. Trotz der langen Pausen zwischen seinen Sätzen und der oft geschlossenen Augen wollte er von Amtsmüdigkeit dennoch nichts wissen: „Meine Partei möchte, dass ich wieder kandidiere“ sagte Mugabe mit Blick auf die Wahlen im kommenden Jahr. „Sollte ich dann nicht mehr können, werde ich das sagen. Aber gegenwärtig kann ich nicht nein sagen, schon weil die meisten glauben, dass es keinen Ersatz gibt“ erklärte Mugabe, der bei einem Sieg 2018 theoretisch bis zu seinem 99. Lebensjahr im Amt bleiben könnte.

Seit der Unabhängigkeit Simbabwes von Großbritannien im Jahre 1980 herrscht Mugabe im früheren Rhodesien mit eiserner Faust – und vieles deutet darauf hin, dass er dies, wie so viele andere afrikanische Staatschefs der alten Garde vor ihm, bis an sein Lebensende tun möchte. Immer wieder hat er Berichte über seinen angeblich bevorstehenden Tod verlacht und Lügen gestraft. Bei seinem rund einstündigen Auftritt letzte Woche wirkte er zeitweise klar, dann aber auch wieder abwesend und völlig inkohärent.

Seine Anhänger stört das wenig. Sie verweisen mit Vorliebe darauf, dass kaum ein anderer Mann in Mugabes Alters über eine Stunde lang reden könne, noch dazu oft im Stehen. Nachdem der Despot zur Parlamentseröffnung vor zwei Jahren die falsche Rede vorgetragen hatte, sprach er bei den folgenden Auftritten tatsächlich oft aus dem Stegreif und ohne Manuskript.

Auch zu seiner offiziellen Geburtstagsfeier im Matopos-Nationalpark bei Bulawayo, einer Hochburg der Opposition im Südwesten Simbabwes, werden am Samstag Tausende Mitglieder seiner regierenden Zanu PF erwartet und sich dort an Büffel- und Antilopenfleisch laben. Dass seine Herrschaft trotz des wirtschaftlichen Niedergangs seit der Vertreibung fast aller weißen Großfarmer zur Jahrtausendwende so lange halten konnte, liegt vor allem an Mugabes machiavellischem Zug: So hat er sich als Meister darin erwiesen, mögliche Nachfolger aufzubauen, gegeneinander auszuspielen – und den Sieger schließlich zu vernichten. Selbst jetzt gibt es noch immer keinen eindeutigen Favoriten, auch wenn sein früherer Geheimdienstchef und heutiger Vizepräsident Emmerson Mnangagwa die Oberhand haben dürfte. Der 70-Jährige wird vielerorts gefürchtet, weil er in den 1980er Jahren brutal gegen Oppositionelle vorging. Viele machen ihn für die damaligen Massaker im Matabeleland verantwortlich, bei denen bis zu 20.000 Gegner Mugabes ermordet wurden.

Eine Außenseiterchance wird mancherorts auch Mugabes 40 Jahre jüngerer Gattin Grace eingeräumt, die als Präsidentin der Zanu-Frauenliga erst seit kurzem politisch in Erscheinung getreten ist. Der bekannte Oppositionspolitiker David Coltart, der zwischen 2009 und 2013 als Erziehungsminister einer damals gebildeten Koalitionsregierung angehörte, glaubt dennoch nicht an eine familieninterne Nachfolgeregelung. Zum einen habe die frühere Sekretärin Mugabes weder die Aura ihres Mannes noch sei die (wegen ihrer legendären Shoppingtrips auch als „Gucci Grace“ bekannte) First Lady im Volk beliebt.


Wechselt Mugabe nicht die Richtung, droht der Kollaps

Für Coltart ist der Schaden ohnehin getan. So habe Mugabe in den langen Jahren seiner Herrschaft ein System errichtet, das von Korruption und eklatantem Machtmissbrauch durchdrungen sei. Dieses schlimme Erbe werde auch seinen Tod überdauern. Selbst bei einem kompletten Bruch mit der Vergangenheit, auf den viele Simbabwer hoffen, werde es Jahrzehnte dauern bis sich der kranke Staat und die ruinierte Wirtschaft von der viel zu langen Misswirtschaft erholen würde.

Vieles deutet darauf hin, dass Mugabes Macht mit seiner Lebenskraft sinkt. Vor allem in der Wirtschaft sind die Risse tiefer als je zuvor: Bis zu drei Millionen Simbabwer sind ins benachbarte Südafrika geflohen und verdienen dort die Landeswährung Rand, die in den letzten fünf Jahren fast 40 Prozent zum US-Dollar verloren hat – jener Währung, die Simbabwe 2009 wegen seiner damaligen Hyperinflation zur eigenen Landeswährung machte. Offiziell belaufen sich die Rücküberweisungen aus Südafrika im vergangenen Jahr auf fast eine Milliarde US-Dollar – und haben ihrerseits zum Überleben des Mugabe-Regimes beigetragen.

Doch nun geht dem Land offenbar endgültig die Luft aus: Wegen seiner direkten Bindung an den US-Dollar kann Simbabwe weder das nun benötigte Geld aufnehmen noch drucken. Übernimmt nämlich ein Land die Währung eines anderen, muss es diese durch seine Exporte, Investitionen oder die monetären Rückführungen von im Ausland lebender Bürger auch verdienen. Dies ist in Simbabwe schon seit längerem nicht mehr der Fall. Mittlerweile zirkulieren deshalb nur noch so wenige US- Dollar im Land, dass Simbabwes Banken das Abheben von Geld auf 50 US-Dollar am Tag begrenzt haben.

Im Gegenzug hat die simbabwische Zentralbank die Ausgabe einer neuen, an den US-Dollar gebundenen Währung verfügt, die nun unter dem Namen „Bond Notes“ firmiert. Geholfen hat dies nichts: Zwei Monate nach ihrer Ausgabe verlieren die „Bond Notes“ rapide an Wert, weil sie nicht in echte US-Dollar umtauschbar sind, sondern sich als genau das erwiesen haben, was viele Simbabwer zuvor befürchtet hatten: eine Neuauflage des vor fast einem Jahrzehnt wegen der damaligen Hyperinflation abgeschafften und weithin verhassten, weil wertlosen Simbabwe Dollar.

Der Mangel an Bargeld hat bereits ein gewaltiges Loch in das Finanzsystem gerissen, das nun seinerseits die übrige Wirtschaft zu zerstören droht. Viele der wenigen verbliebenen Unternehmen sind inzwischen nicht mehr in der Lage, ihre Arbeiter oder ausländischen Lieferanten zu bezahlen. Viele sind bereits bankrott gegangen. „Die Wirtschaft befindet sich in einer Art Todesspirale“ diagnostiziert der US-Wirtschaftsprofessor Steve Hanke. Sollte Mugabe nicht schleunigst die Richtung wechseln, drohe dem Land schon bald der endgültige Kollaps.

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