Soldateneinsatz Russland schickt Kriegsschiffe nach Syrien

Drei Kriegsschiffe wird Russland Militärkreisen zufolge in eine Hafenstadt Syriens schicken. Sie sollen unter anderem dem Schutz von Landsleuten dienen. Indes macht der Iran den Westen für Annans Rückzug verantwortlich.

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Eine Demonstration in Syrien: Immer mehr Syrer flüchten. Quelle: Reuters

Moskau Russland schickt nach Angaben aus Militärkreisen drei große Landungsboote in die Hafenstadt Tartus. Jedes der Kriegsschiffe habe bis zu 120 Marineinfanteristen an Bord, berichteten russische Nachrichtenagenturen am Freitag unter Berufung auf den Generalstab. Unklar war zunächst der Hintergrund der Aktion. Russland hatte aber erklärt, es werde Soldaten nach Syrien entsenden, sollte dies für den Schutz von Landsleuten oder zum Abzug von Material von dem Stützpunkt nötig werden.

In Tartus unterhält die russische Marine einen Stützpunkt, der vor allem der Versorgung und Wartung seiner Kriegsschiffe in der Mittelmeerregion dient. Er ist der letzte Marinestützpunkt Russlands außerhalb der früheren Sowjetrepubliken.

Getrieben von der Angst vor den Kämpfen und Gewaltakten von Regierungssoldaten und Rebellen ergreifen immer mehr Syrer die Flucht. Mehr als die Hälfte von ihnen sind nach Angaben des Hilfsorganisation Unicef Kinder.

Die weitere Entwicklung im Syrien-Konflikt ist nach dem Rücktritt des internationalen Vermittlers Kofi Annan völlig unklar. Nach Einschätzung des französischen UN-Botschafters Gerard Araud wird der Sicherheitsrat höchstwahrscheinlich das Mandat der Beobachter der Vereinten Nationen (UN) in Syrien nicht erneuern. "Ich glaube, die Mission wird am 19. August erlöschen", sagte Araud. In dem Falle müssten die Beobachter Syrien verlassen. Dagegen sagte der russische UN-Botschafter Witali Tschurkin, sein Land werde UN-Generalsekretär Ban Ki Moon drängen, den Beobachtereinsatz fortzusetzen.

Annan hatte bei der Erklärung seines Rückzugs vor allem den UN-Sicherheitsrat kritisiert, der in der Syrien-Frage weitgehend gelähmt ist. Russland und China haben dort immer wieder Resolutionen gegen Syrien blockiert. Sie sehen in den Forderungen der westlichen Staaten nach einem Rücktritt des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad, eine unzulässige Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Landes. Außerdem verlangen sie, dass auf alle Konfliktparteien gleichermaßen Druck ausgeübt werden sollte.

Der Iran hat hingegen den Westen und arabische Staaten für das Scheitern Annans verantwortlich gemacht. "Der Westen und einige Länder der Region waren gegen einen Erfolg Annans, weil dieser die Durchsetzung ihrer eigenen Ziele verhindert hätte", zitierte die Nachrichtenagentur Irna den Außenminister Ali Akbar Salehi. Annan hatte sich mehrfach dafür ausgesprochen, den Iran in die Bemühungen zur Lösung des Syrien-Konflikts einzubeziehen. Dies wurde vom Westen jedoch abgelehnt.


Auswärtiges Amt bildet Task Force Syrien

Das Auswärtige Amt in Berlin habe unterdessen eine ressortübergreifende "Task Force Syrien" eingerichtet, um die umfassenden Aufgaben in der Bundesregierung in Bezug auf Syrien stärker zu bündeln, sagte Außenminister Guido Westerwelle, der zugleich auf die Kompliziertheit der Lage hinwies: "Das Assad-Regime hat die Kontrolle über Teile des Landes verloren. Immer mehr Menschen fallen den brutalen Kämpfen zum Opfer. Wir müssen die humanitäre Hilfe für die Menschen verstärken, die in Syrien Not leiden. Gleichzeitig müssen auch nach dem Rücktritt von Kofi Annan unsere Bemühungen um den Einstieg in einen politischen Prozess weiter gehen. Wir drängen die Opposition, dringend zu größerer Einheit zu finden."

Die Bundesrepublik leistet vor Ort humanitäre Hilfe. Ein Flüchtlingslager werde mit deutscher Hilfe aufgebaut, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Rupert Polenz (CDU), im ARD-Morgenmagazin. "Das THW ist dort vor Ort. Die Bundesregierung hat etwa 11,5 Millionen Euro bereitgestellt für die unmittelbare Hilfe für die Flüchtlinge." Sie leiste aber keine militärische Unterstützung für die syrischen Rebellen. Auf die Frage, ob Deutschland die Rebellen direkt mit Geld oder Kommunikationsmitteln unterstütze, erklärte Polenz: "Wir unterstützen jedenfalls nicht mit Waffen."

Auf die Dringlichkeit humanitärer Hilfe wies das Kinderhilfswerk Unicef hin. "Die Not und Verzweiflung der Kinder im syrischen Bürgerkrieg sind dramatisch", sagte Rudi Tarneden, Sprecher von UNICEF Deutschland. Nach dem Rückzug von Annan drohe eine weitere Verschärfung ihrer Lage. Viele Zivilisten in den umkämpften Gebieten stecken laut Unicef im Kreuzfeuer der Gewalt fest. "Allein aus Aleppo sind 200.000 Menschen geflohen. Über 16.000 haben dort in Schulen, Moscheen und öffentlichen Gebäuden Zuflucht gesucht. Jeden Tag sterben Kinder, verlieren ihre Angehörigen oder sind Zeuge schrecklicher Gewalt." Schätzungsweise zwei Millionen Syrer seien inzwischen unmittelbar von der Gewalt betroffen.

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