Spanien Europäischer Haftbefehl gegen Puigdemont zurückgezogen

Die spanische Justiz hatte nach den Unabhängigkeitsbestrebungen der katalonischen Regionalregierung europäische Haftbefehle gegen Carles Puigdemont und weitere frühere Minister erlassen. Diese wurden nun zurückgezogen.

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Die spanische Justiz wirft dem früheren katalanischen Präsidenten und seinen Mitstreitern Rebellion, Aufruhr und Missbrauch öffentlicher Mittel vor. Quelle: AP

Madrid Das Oberste Gericht in Spanien hat den europäischen Haftbefehl gegen den entmachteten katalanischen Regionalpräsidenten Carles Puigdemont und vier weitere Ex-Minister zurückgezogen. Dies teilte das Gericht in Madrid mit. Die Politiker hatten sich nach dem Unabhängigkeitsbeschluss des katalanischen Parlaments im Oktober nach Brüssel abgesetzt.

Richter Pablo Llarena begründete die Entscheidung spanischen Medienberichten zufolge damit, dass die Ermittlungen und Urteile zu dem Fall nicht in den Händen mehrerer Gerichte liegen dürften. Zudem werde erwartet, dass Puigdemont und seine Mitstreiter früher oder später nach Spanien zurückkehren, da sie als Kandidaten bei den Neuwahlen am 21. Dezember antreten wollen.

Anfang September löste das katalanische Parlament mit der Verabschiedung zweier Gesetze für die Unabhängigkeit Kataloniens, die gegen die spanische Verfassung verstießen, die größte politische Krise des Landes seit dem Ende der Franco-Diktatur im Jahr 1975 aus.

Erster Schritt sollte ein Unabhängigkeitsreferendum sein. Spaniens Regierungschef Mariano Rajoy versprach wochenlang, er werde das Referendum verhindern. Als ihm das nicht gelang, schickte er am Wahltag, dem 1. Oktober dieses Jahres, die nationale Polizei nach Barcelona, um die Urnen in den Wahllokalen zu beschlagnahmen. Dabei kam es zu Gewaltausbrüchen in der katalanischen Hauptstadt – Bilder von blutenden Bürgern gingen um die Welt und sorgten für viel internationale Kritik.

43 Prozent der Katalanen beteiligten sich an dem illegalen Referendum, 90 Prozent stimmten für die Unabhängigkeit. Der inzwischen abgesetzte katalanische Regierungschef Carles Puigdemont wertete das Ergebnis als Mandat, die katalanische Republik auszurufen, wagte diesen Schritt aber zunächst nicht.

Politisch erreichte der Streit Ende Oktober seinen Höhepunkt. Am 27. Oktober griffen sowohl die Zentralregierung in Madrid als auch die Regionalregierung in Barcelona zum Äußersten: Rajoy aktivierte die Zwangsverwaltung Kataloniens nach Artikel 155 der spanischen Verfassung. Die zwei wichtigsten Maßnahmen waren die Absetzung der katalanischen Regierung und die Ausrufung von Neuwahlen in der Region am 21. Dezember. Das katalanische Parlament beschloss seinerseits die Unabhängigkeit Kataloniens. Die spanische Staatsanwaltschaft hatte für den Fall mit einer Klage wegen Rebellion gedroht, die sogleich folgte. Seit dem 2. November saßen deshalb acht ehemalige katalanische Kabinettsmitglieder in Madrid im Gefängnis. Vier weitere waren mit Puigdemont nach Belgien geflohen.

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