Spanien und Portugal EU-Finanzminister wollen Defizitsünder bestrafen

Spanien und Portugal haben im vergangenen Jahr gegen europäische Haushaltsvorgaben verstoßen. Die EU-Kommission will beiden Ländern mehr Zeit zum Sparen einräumen. Bei den EU-Finanzministern stößt dies auf Kritik.

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Erst 2014 konnte Portugal das Hilfsprogramm der EU verlassen, nachdem es mit rund 78 Milliarden Euro vor der Pleite gerettet worden war. Quelle: dapd

Brüssel Im Kreise der EU-Finanzminister regen sich Widerstände gegen das Vorgehen der EU-Kommission gegen die Defizitsünder Spanien und Portugal. Es gebe einige Bedenken zur Glaubwürdigkeit des Stabilitätspakts, sagte der niederländische Finanzminister Jeroen Dijsselbloem am Mittwoch nach einem Treffen mit seinen Amtskollegen in Brüssel. Das Thema solle im Juni erneut besprochen werden. Die Niederlande haben derzeit den Vorsitz unter den EU-Staaten inne.

Die EU-Kommission hatte jüngst entgegen erster Absichten darauf verzichtet, die laufenden Strafverfahren gegen die beiden Länder zu verschärfen. Die Behörde schlug vor, ihnen jeweils ein Extra-Jahr zum Sparen einzuräumen. Das würde bedeuten, dass Portugal im laufenden Jahr die Defizitmarke von 3 Prozent der Wirtschaftsleistung wieder einhalten muss. Für Spanien laute die neue Frist 2017. Beide Staaten hatten 2015 gegen Haushaltsvorgaben verstoßen und das Maastricht-Kriterium, wonach die Neuverschuldung maximal drei Prozent der Wirtschaftsleistung betragen darf, nicht eingehalten.

Der Vorschlag der EU-Kommission stimme nicht mit europäischem Recht überein, kritisierte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). „Den Eindruck zu erwecken, oder das Missverständnis nicht zu vermeiden, man wolle eine Entscheidung wahrscheinlich wegen eines nahenden Wahldatums nicht treffen, ist kein Beitrag, um die Verlässlichkeit in das europäische Regelwerk zu stärken“, sagte er. In Spanien stehen nach gescheiterten Koalitionsverhandlungen am 26. Juni Parlamentswahlen an.

Die EU-Finanzminister peilen zudem eine baldige Einigung zur Bekämpfung von Konzern-Steuerschlupflöchern an. „Wir sind nah dran an einer Abmachung“, sagte Dijsselbloem. Er sei zuversichtlich, dass diese im Juni erreicht werden könne.

Die EU-Kommission hatte Anfang des Jahres eine Initiative gegen Steuervermeidung in der EU vorgelegt. Das übergeordnete Ziel bei der Reform lautete, dass Konzerne, die in mehreren Ländern tätig sind, ihre Steuern dort zahlen, wo die Gewinne anfallen.

Schätzungen zufolge entgehen öffentlichen Kassen in der EU im Jahr 50 bis 70 Milliarden Euro durch Steuervermeidung. Der EU geht es auch darum, Empfehlungen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) umzusetzen. Bei dem Thema gibt es aber hohe Hürden, denn die EU-Staaten müssen einstimmig entscheiden.

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