Spanische Populisten Podemos bleibt linksradikal

Die spanischen Populisten beenden ihren erbitterten Richtungsstreit und verhindern die Aufspaltung. Damit bleibt die Partei ihrem linksradikalen Kurs treu. Das sind gute Nachrichten für Spanien. Ein Kommentar.

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Die spanischen Linkspopulisten von Podemos beenden ihren Richtungsstreit. Ein Erfolg für Parteichef Pablo Iglesias. Quelle: AFP

Madrid Der erbitterte Richtungsstreit in der jungen linkspopulistischen Partei ist entschieden: Parteichef Pablo Iglesias setzte sich mit seinem Programm und seiner Person in einer Abstimmung der Parteimitglieder dieses Wochenende deutlich gegen seinen Parteisekretär und Nummer zwei Íñigo Errejón durch.

Für die Partei bedeutet das, dass sie weiterhin linksradikal bleibt. Zwar stand Errejón wie Iglesias für dieselbe politische Ideologie, die im Kampf gegen die elitäre Kaste besteht und dem Volk die Macht zurückgeben will. Doch gestritten haben sie sich zuletzt heftig und zudem öffentlich über die richtige Taktik. Errejón setzte dabei auf die Arbeit als normale Partei, die im Parlament für ihre politischen Ziele eintritt und dafür notfalls auch mit den Sozialisten koaliert. Der 33-Jährige Politikwissenschaftler wollte den Spaniern so beweisen, dass die Partei, die aus Straßenprotesten der Krisen-Geschädigten hervor gegangenen ist, auch regierungsfähig ist.

Iglesias will weiter klar links Position beziehen, um das Profil der Partei nicht zu verwässern und von dort gegen die Sozialisten antreten. Die Mobilisierung der Massen mit Straßenprotesten sind für ihn Teil des Versuchs, den Revoluzzer-Geist der Partei wach zu halten. Zwar wählen die Spanier traditionell eher links. Eine Regierungsmehrheit lässt sich mit diesem Profil aber wohl nur schwer erreichen. Spanien hat die Krise überwunden, die Arbeitslosigkeit sinkt und die Wirtschaft wächst stärker als alle anderen großen EU-Mitglieder.

In Umfragen liegt Podemos aktuell trotz der seit Monaten ausgetragenen internen Querelen weiter auf dem  Niveau der vergangenen Wahl im Juni 2016. Doch ihr ist es nicht gelungen, Stimmen von den Sozialisten zu gewinnen, die seit der Wahl fünf Prozentunkte verloren haben. Sie hat der Kampf gegen Podemos in eine interne Krise gestürzt, von der Podemos eigentlich profitieren müsste. Stattdessen hat die Partei sich mit ihren Grabenkämpfen selbst ein Bein gestellt.

Auf dem Parteikongress am Wochenende haben die Mitglieder ihren streitlustigen Führen eine klare Botschaft mitgegeben: „Unidad, unidad!“, Einheit, skandierten sie immer wieder. Sie sind sich durchaus bewusst, dass eine Aufspaltung in zwei Lager sehr gefährlich für die Partei ist.

Iglesias beschwor in seiner Siegesrede folglich „unidad y humildad“, Einheit und Demut. Ob er mit der Demut sich oder eher Errejón meinte, wird sich in den kommenden Wochen zeigen. Anders als Iglesias, der seinen Rücktritt für den Fall angekündigt hatte, dass der bei der Abstimmung unterliegt, will Errejón dem Projekt weiter erhalten bleiben. Für sein moderateres Programm stimmte rund ein Drittel der Parteimitglieder. Auf sie muss Iglesias jetzt eingehen, wenn er sie nicht vergrätzen will. 

Ein Sieg von Errejón der der Rücktritt von Iglesias hätten vermutlich das Auseinanderbrechen von Podemos bedeutet. So zweifelhaft manche Ideen der Linkspopulisten sind – ihre schiere Existenz tut Spanien gut. Sie haben das verkrustete Zweiparteiensystem beendet und frischen Wind in das Parlament gebracht, wo nun Themen wie Korruption deutlich offener diskutiert werden als früher. Insofern ist es zu begrüßen, dass sie sich bei ihrem ersten Streit nicht gleich wieder selbst auflösen.

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