Spenden für den Wahlkampf Wie Donald Trump seine Anklage zu Geld macht

Diese Gerichtssaal-Skizze von Jane Rosenberg zeigt den ehemaligen US-Präsident Donald Trump am 4. April vor Gericht in New York City. Quelle: REUTERS

Das Strafverfahren gegen den Ex-Präsidenten beschert seinem Wahlkampf einen Geldsegen. Den hatte er auch bitter nötig. Denn finanziell hat die dritte Trump-Kampagne bislang enttäuscht.

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Gegen 13:30 Uhr brandet Jubel im Collect Pond Park auf. Es ist der Moment, in dem auf den Smartphones der Demonstranten die Meldung einläuft, auf die viele von ihnen teils Jahre gewartet haben: Donald Trump wurde verhaftet. Zu sehen gab es von dem abgesperrten Areal gegenüber dem Gerichtsgebäude in Lower Manhattan zwar nichts – der Ex-Präsident hatte sich am Hintereingang den Behörden gestellt, geschützt vor den Blicken der hunderten Schaulustigen und Journalisten, die sich vor dem Gericht versammelt hatten – doch allein das Wissen, dass Trump sich in Haft befindet, reichte aus, um Freudenschreie unter den Gegnern des abgewählten Staatsoberhaupts auszulösen. Die rund 150 Trump-Anhänger, die sich ebenfalls in dem Park versammelt hatten, konnten dem für den Moment nichts entgegensetzen.

In New York waren die Trump-Gegner in der Mehrheit. Und auch der Großteil der US-Bevölkerung hält es Umfragen zufolge für gerechtfertigt, dass der Ex-Präsident nun formal als Angeklagter geführt wird. Doch trotzdem weiß Trump seine Verhaftung für sich zu nutzen.

Seit in der vergangenen Woche bekannt wurde, dass der Bezirksstaatsanwalt von New York ein Strafverfahren gegen den Ex-Präsidenten eröffnen würde, ist der Rückhalt für ihn an der Basis anscheinend gewachsen. Und das nicht nur in Form moralischer Unterstützung.

Trump vor Gericht – diese Personen sind jetzt wichtig
Donald Trump wird von seiner Vergangenheit eingeholt. Also doch. Nach Jahrzehnten von Skandalen und Rechtsstreitigkeiten, die ihm nichts anhaben konnten, muss sich der 76-Jährige nun als erster Ex-Präsident in der Geschichte der USA in einem Strafverfahren verantworten. Es geht um Schweigegeld an einen Pornostar. Aber nur entfernt – eigentlich geht es um die Frage, ob die Zahlungen womöglich gegen Regeln zur Wahlkampffinanzierung verstießen. Im Fokus stehen drei Figuren: Die Pornodarstellerin, mit der alles ins Rollen kam. Ein Zeuge, der Trump gut kennt und der eine Schlüsselrolle in dem Verfahren haben dürfte. Und der Staatsanwalt, der es in diesem schwierigen Fall mit Trump aufnimmt. Quelle: dpa
Stormy Daniels: Die Frau, mit der alles begannDie 44 Jahre alte Pornodarstellerin, die mit bürgerlichem Namen Stephanie Clifford heißt, hatte 2006 nach eigener Aussage Sex mit Trump, was er vehement bestreitet. Nach ihren Angaben lernten sich die beiden im Sommer 2006 bei einem Golfturnier-Wochenende am Lake Tahoe kennen und schliefen dort miteinander – nur wenige Monate, nachdem Trumps Ehefrau Melania den gemeinsamen Sohn Barron auf die Welt brachte. Daniels plauderte in Interviews pikante Details der angeblichen Liaison aus und behauptet, Trump und sie hätten auch danach über Monate Kontakt gehabt. Trump weist all das als „falsche und erpresserische Anschuldigungen” zurück. Daniels brachte es durch die Geschichte jedenfalls zu internationaler Bekanntheit. Quelle: imago images
Sie wuchs in ärmlichen und schwierigen Verhältnissen in Baton Rouge im Bundesstaat Louisiana auf. Nach der Trennung ihrer Eltern lebte sie als Kind mit ihrer Mutter, die sie oft allein ließ. Daniels wurde als Neunjährige von einem Nachbarn missbraucht, wie sie später in einem Buch offenlegte. In Interviews hat sie beschrieben, wie sie sich als Kind als eine Art Aussätzige fühlte: arm, etwas verloren, ohne gescheite Klamotten, nach Zigarettenrauch stinkend, mit einer strauchelnden Mutter und ohne funktionierende Familie. Quelle: REUTERS
Als junge Frau stieg sie in die Pornoindustrie ein und machte Karriere – als Darstellerin und später auch als Autorin und Regisseurin. Ihr Ehemann, der vierte, ist ebenfalls Pornodarsteller. Aus einer vorherigen Beziehung hat Daniels eine Tochter. 2016 – mitten im Präsidentschaftswahlkampf, aus dem Trump damals als Sieger hervorging – erhielt Daniels Schweigegeld, um ihre Behauptung zu unterlassen, sie habe Sex mit dem Republikaner gehabt. Dazu dass sich Trump im Zusammenhang mit der Zahlung nun in einem Strafverfahren verantworten muss, sagte Daniels der britischen Zeitung „The Times” vor wenigen Tagen: „Er hat so viel Schlimmeres getan, für das er schon früher hätte bestraft werden müssen.” Quelle: dpa
Michael Cohen: Ex-Trump-Anwalt und wichtigster ZeugeMehr als ein Jahrzehnt lang arbeitete der Jurist für Trump und war eine zentrale Figur in mehreren Affären um den Republikaner. Er wurde oft als Trumps „Ausputzer” beschrieben - bis es zum Bruch zwischen beiden kam. Vor Gericht und dem Kongress erhob Cohen danach schwere Vorwürfe gegen Trump. An der Glaubwürdigkeit Cohens dürfte der Fall maßgeblich hängen, weil er das direkte Bindeglied zwischen Trump und den Zahlungen ist. Er gilt als der wichtigste Zeuge. Quelle: dpa
Der heute 56-Jährige hat gestanden, 130.000 Dollar Schweigegeld an Stormy Daniels gezahlt zu haben, um zu verhindern, dass sie im Wahlkampf 2016 über ihre angebliche Affäre mit Trump sprach. Cohen sagt, er habe Zahlungen dieser Art an zwei Frauen vorgenommen – auf Anweisung von Trump. Im zweiten Fall geht es um Karen McDougal, ein früheres „Playboy”-Model. Sie hatte ebenfalls erklärt, eine Affäre mit Trump gehabt zu haben. Trump streitet auch das ab. Quelle: REUTERS
Cohen selbst stand bereits 2018 vor Gericht. Damals wurde festgestellt, dass er mehr als vier Millionen Dollar Einnahmen nicht versteuert hatte. Außerdem bekannte er sich schuldig, Zahlen über einen Immobilienkredit gefälscht zu haben – und die beiden Schweigegeldzahlungen im Auftrag Trumps vorgenommen zu haben, um den Präsidentschaftswahlkampf 2016 zu beeinflussen. Cohen wurde am Ende zu drei Jahren Gefängnis verurteilt, durfte aber wegen der Corona-Pandemie einen Teil der Strafe im Hausarrest absitzen. Er bekannte sich auch schuldig, den Kongress belogen zu haben. Trumps Anwälte stellen Cohens Glaubwürdigkeit immer wieder in Frage. Sie argumentieren, er sei bereits des Betruges und der Lüge überführt worden. Wenn es zum Prozess gegen den Ex-Präsidenten kommt, ist zu erwarten, dass dessen Verteidiger versuchen, Cohen als Zeugen darzustellen, dem nicht zu trauen sei und dem es nur um Rache gehe. Quelle: REUTERS

Trump hatte die Meldung über seine Anklage früh genutzt, um Spenden zu sammeln. Den ersten Aufruf verschickte sein Wahlkampfteam nur wenige Minuten, nachdem es die offizielle Stellungnahme des Kandidaten über die Eröffnung des Verfahrens verbreitet hatte. Mit Erfolg. Am Wochenende teilte die Kampagne mit, man habe in den ersten 24 Stunden rund vier Millionen Dollar an Zuwendungen eingesammelt. Das Geld sei aus allen 50 Staaten geflossen, 25 Prozent kam von Erstspendern.

Ob diese Behauptungen zutreffen, lässt sich derzeit noch nicht prüfen. Am 15. April jedoch muss Trumps Wahlkampfteam bei der Wahlaufsichtsbehörde FEC den jedes Quartal vorgeschriebenen Bericht über die Finanzen seiner Kampagne offenlegen. Angeblich fließt das Geld weiter. Kurz nachdem Trump am Dienstag dem Richter vorgeführt wurde, verkündete sein Wahlkampfteam, es habe mittlerweile zehn Millionen Dollar an Zuwendungen eingesammelt.

Die drei Schweigegeldfälle in der Trump-Anklage

Vor diesem Hintergrund müsste Trump dem New Yorker Staatsanwalt eigentlich dankbar sein. Denn die Finanzen seiner Kampagne hatten einen Schub deutlich nötig. Nachdem Trump im November 2022 seine erneute Kandidatur fürs Weiße Haus erklärt hatte, tat er sich ungewöhnlich schwer, von seinen Anhängern Geld einzusammeln. Bis zum Jahresende kamen lediglich 9,5 Millionen Dollar zusammen – ein Bruchteil von dem, was andere Favoriten in der Vergangenheit nach ihrem Wahlkampfauftakt an Spenden mobilisieren konnten. Trumps Gesamtsumme entsprach einem Tagesdurchschnitt von 201.000 Dollar. Zum Vergleich: Jeb Bush kam 2015, nachdem er seine Präsidentschaftskandidatur erklärt hatte, auf im Schnitt 762.000 Dollar an Zuwendungen. Hillary Clinton auf 594.400 Dollar. Mitt Romney, 2012 der Nominierte der Republikaner, kam zu Beginn seiner Kampagne auf einen Tagesschnitt von 633.900 Dollar.

Allerdings startete Trump seinen Wahlkampf auch zu einer ungewöhnlich schwierigen Zeit. Nur wenige Tage nach den Zwischenwahlen dürften zahlreiche Spender schlicht nicht in Geberlaune gewesen sein. Das ganze Jahr waren sie von Kongresskandidaten um Zuwendungen gebeten worden. Auch Trump hatte fleißig um Geld geworben, sammelte etwa 80 Millionen Dollar für politische Aktivitäten ein, die er rechtlich allerdings nicht für seinen Wahlkampf nutzen darf.



Dass die Republikaner bei den Midterms dann auch noch enttäuschend abgeschnitten hatten, dürfte die Großzügigkeit der potenziellen Geber weiter gebremst haben. Fällt Trumps nächster Quartalsbericht ebenfalls enttäuschend aus, kann das für ihn zum Problem werden: Der Favoritenstatus hängt in der US-Politik nicht nur von den Umfragewerten ab, sondern auch von der Kriegskasse. Ob ihn die Anklage in New York vor diesem Schicksal bewahrt hat, erfährt die Öffentlichkeit in der kommenden Woche.

Sollte dies der Fall sein, könnte sich das Verfahren für Trump sogar lohnen. Beobachter zeigten sich am Dienstag skeptisch, ob dem Ex-Präsidenten angesichts der in der Anklageschrift aufgeführten Vorwürfe tatsächlich eine Verurteilung droht. Schlussendlich wird darüber das Gericht entscheiden. Klar ist allerdings jetzt schon, dass sich das Verfahren ziehen wird. Der nächste Gerichtstermin steht erst am 4. Dezember an – zwei Monate, bevor der Vorwahlprozess der Republikaner um die Präsidentschaftsnominierung offiziell beginnt. Viel Zeit für den Ex-Präsidenten, sich als Opfer einer politischen Verfolgung zu inszenieren.

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Begonnen hat er damit bereits. Nachdem er im Anschluss an seine Verhaftung wieder auf freien Fuß gesetzt wurde, verließ er seine alte Heimat New York und flog zurück nach Mar-a-Lago, seinen Wohnsitz in Palm Beach, Florida. Dort trat er am Abend noch einmal vor die Kameras, hielt eine etwa 25-minütige Rede, in der er seine Anklage nur am Rande erwähnte. Der Bezirksstaatsanwalt sei voreingenommen und auch der Richters sei voreingenommen, klagte der Ex-Präsident. Genug Gründe also für seine Anhänger, ihm weiter Geld zu schicken.

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