Stadt bleibt in höchster Alarmbereitschaft Rechts-Demo in San Francisco abgesagt

Mit Hundekot gegen Rechtsradikale. Ein tierische Fäkal-Einsatz für die Demokratie in San Francisco scheint unnötig gewesen zu sein. Die Veranstalter haben die Demonstration abgesagt. Aber niemand traut dem Frieden so richtig.

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Zwei Frauen halten auf dem großen Platz vor dem Rathaus in San Francisco eine Protestflagge hoch. San Francisco fürchtet schwere Ausschreitungen, sollten sich rechte und linke Demonstranten am Samstag gegenüberstehen. Quelle: AP

San Francisco Die Bürger von San Francisco hatten sich eigentlich schon einiges einfallen lassen, um die Veranstaltung der ungeliebten rechtsgerichteten Gruppierung „Patriot Prayer“, der „patriotischen Beter“ am Samstag zu unterminieren. So hatte ein Organisator auf Facebook alle Hundebesitzer dazu aufgerufen, ihre Vierbeiner am Veranstaltungsort „Crissy Field“, eine riesige Grünfläche, auszuführen und dann deren Hinterlassenschaften nicht wegzuräumen. An sich wäre das in San Francisco nicht nur mit einem Bußgeld bedroht, sondern das Wegräumen der dampfenden Hinterlassenschaften ist für alle Hundefreunde hier eine Selbstverständlichkeit. Aber die Verlockung war zu groß, die Springestiefel der erwarteten Neo-Nazis reihenweise in Hundehaufen tappen zu sehen. Die Patriot Prayer selbst distanzieren sich zwar von Neo-Nazi-Vereinen, aber in der Vergangenheit waren sie immer wieder auf Veranstaltungen aufgetaucht und es hatte auch schwere Ausschreitungen gegeben.

Im Anmarsch waren auch schon Clowns mit roten Nasen und riesige aufblasbare weiße Hühner mit einem verräterischen orangen Hairstyle. Es sollte ein friedlicher Protest gegen rechts werden.

Am Freitag dann die überraschende Ansage: Der Protestmarsch fällt aus. Joey Gibson, Gründer der Organisation, teilte per Facebook-Videoschaltung mit, angesichts der „Massen von Extremisten“, er meinte damit die Gegendemonstranten, die er erwarte, sei es „nicht sicher“ und das „Leben viele sei in Gefahr“. Zuvor hatten sich schon auf dem Platz der Vereinten Nationen am Rathaus von San Francisco hunderte Demonstranten zu einer Gegenveranstaltung eingefunden.
Nur wenig später kam dann auch die Absage eine „Free Speech“-Veranstaltung in der Universitätsstadt Berkeley bei San Francisco am Sonntag. Amber Cumming, Organisatorin des Marsches „Nein zu Marxismus in Amerika“ sagte auch diese Veranstaltung ab. Sie betonte in einer E-Mail an den San Francisco Chronicle, sie werde „alleine“ dort hingehen. Niemand solle vorbeikommen.

Ob wirklich niemand am Samstag oder am Sonntag erscheinen wird, ist unklar. Die Polizei in beiden Städten hat jedenfalls angekündigt, dass es keinerlei Veränderungen im Sicherheitsplan geben werde. Praktisch alle Polizeikräfte seien im Einsatz.
Vor allem die Patriotischen Beter scheinen einen Plan B in der Hinterhand zu haben. Der Organisator kündigte statt des Protestmarsches am Strand der Bucht von San Francisco eine „Pressekonferenz“ im beliebten Alamo-Square im Herzen der Stadt an, sehr nahe am Rathaus, wo sich die Gegendemonstranten versammeln werden. Brian Levin, ein Professor für Kriminologie an der Universität von San Bernadino vermutet in einer Stellungnahme gegenüber der Mercury News, die „Pressekonferenz“ diene nur dazu, den Aufmarsch in die Stadt zu verlagern. Auflagen wie am alten Ort, wie keine Waffen, Helme, Gesichtsvermummung, würden dann nicht gelten und die Nähe zum Rathaus erhöhe die Chance auf eine gewaltsame Konfrontation.
Der städtische Senator Scott Wiener machte per Twitter klar, dass die angekündigte „Verlegung des Protestes“ illegal sei.

San Francisco und Berkeley sind aus gutem Grund in heller Aufregung. In der vergangenen Wochen hatten ähnliche Versammlungen von rechten und Nazi-Gruppen in Charlotteville einen tragischen Höhepunkt gefunden, als ein rechter Demonstrant mit seinem Auto in eine Gruppe von Gegendemonstranten gerast war und eine Frau getötet und viele Menschen verletzt hatte. Die Stimmung könnte an diesem Wochenende schnell in einem Hexenkessel münden.
Zumal noch eine andere Meldung die Runde machte: Donald Trump hatte der 85-jährigen rechtskräftig verurteilten Ex-Scheriff Joe Arpaio in aller Stille begnadigt. Er war berüchtigt für sein illegales Vorgehen gegen Immigranten in Arizona. Ein „Nachmittag aus der Hölle“ twitterte SF-Senator Wiener.

Da hilft selbst der selbstlose vierbeinige Einsatz auf dem Crissy Field nicht mehr weiter. Und die Herrchen und Frauchen werden trotzdem jetzt am Sonntag auf dem Crissy Field erwartet, um die Hinterlassenschaften der vierbeinigen Freiheitskäpfer zu beseitigen. So haben sie es jedenfalls versprochen.

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