Steueroasen Wolfgang Schäuble will ein bisschen mehr Transparenz

Auf der Frühjahrstagung des IWF in Washington kämpft Finanzminister Wolfgang Schäuble für eine neue globale Initiative gegen Steuerflucht. So richtig ernst meint er die aber nicht.

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Diese Banken sind in die Panama-Affäre verwickelt
Ein internationales Recherchenetzwerk hat Daten der Kanzlei „Mossack Fonseca“ aus Panama ausgewertet, die sogenannten Offshore-Firmen in Steueroasen registriert. Im Auftrag von Banken hat die Kanzlei für viele Kunden solche Konstrukte angelegt, die oftmals der Steueroptimierung dienen. Laut Georg Mascolo, Leiter der Recherchekooperation von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung seien auch deutsche Banken in die Geschäfte verwickelt. Er sagte am Sonntagabend: „Wenn Sie mich fragen würden, welche der deutschen Banken eigentlich nicht dabei gewesen ist, Kunden zu helfen, zu „Mossack Fonseca“ zu gehen, müsste ich lange nachdenken, ob mir überhaupt eine einfällt. “ Die Commerzbank hatte beispielsweise im vergangenen Jahr bereits 17 Millionen Euro Bußgeld wegen umstrittener Geschäfte in Panama und Luxemburg gezahlt. Quelle: dpa
Die Funktionsweise von Mossack Fonsecas Geschäft: Für nur wenige Tausend Dollar bekommt der Kunde eine anonyme Firma. Die Kanzlei stattet die Firma mit Scheindirektoren aus und verschleiert damit den wahren Eigentümer. Dieses Geschäftsmodell ist moralisch zweifelhaft, sie sind aber nicht per se illegal. Der ausgewertete Datensatz zeigt, welche Institute über die Kanzlei in Panama die meisten Schattenfirmen registrierten. Auf Platz 10 landet die Investmentbank Rothschild, eine Tochtergesellschaft des Unternehmens registrierte für seine Kunden 378 Offshore-Unternehmen. Quelle: ICIJ Quelle: dpa
Die Landsbanki Luxembourg ließe den Daten zufolge 404 Schattenfirmen registrieren. Quelle: dpa
Die Luxemburg-Tochter der französischen Großbank Société Générale hat 465 Offshore-Unternehmen für seine Kunden registriert. Quelle: REUTERS
Die britische Privatbank kommt auf eine Zahl von 487 Schattenfirmen, die für ihre Kunden registriert wurden. Quelle: REUTERS
Die Schweizer Großbank UBS ließ im Auftrag seiner Kunden 579 Schattenfirmen registrieren. Quelle: REUTERS
Die Schweiz-Tochter der britischen Großbank HSBC wickelte Deals mit 733 Schattenfirmen ab. Fasst man alle HSBC-Töchter zusammen, landet die britische Bank sogar auf Rang 1 der Geschäftspartner von Mossack Fonseca – mit mehr als 2.300 registrierten Firmen. Quelle: dpa

Es wurde fast zu voll. Nicht einer, nicht zwei, nein gleich fünf europäische Finanzminister drängelten sich auf dem Podium. Und damit nicht genug: IWF-Chefin Christine Lagarde und OECD-Boss José Angel Gurria wollten auch noch etwas sagen.

Alle sieben Mächtigen hatten ein gemeinsames Ziel an diesen Donnerstagnachmittag in Washington, sie wollten "geißeln und anklagen", wie es zuvor aus dem Bundesfinanzministerium hieß. Das heißt: Die bislang gängige Praxis der Steuerflucht anklagen, welche die Veröffentlichung der Panama Papers so in den Blickpunkt gerückt hat. Mit dieser Strategie - dem "name and shame", also der Herstellung öffentlichen Drucks - wollen die Politiker gemeinsam mehr Transparenz gegen Steuersünder herstellen und die dunkle Welt der Briefkastenfirmen besser ausleuchten.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und seine Kollegen aus Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien wollen sogenannte Transparenzregister durchsetzen, um die wahre Identität der Inhaber dieser umstrittenen Vehikel endlich öffentlich zu machen.

Ihr Ziel: eine globale Antwort auf Steuervermeidung. Die hatten die Minister schon vor der Pressekonferenz in einem Brief gefordert, in dem die Aufforderung an die Staaten enthalten ist, „so schnell wie möglich Register oder andere Mechanismen einzuführen“. Diese sollen sicherstellen, dass die wirtschaftlich Berechtigten von Briefkastenfirmen oder Trusts nicht nur „identifiziert", sondern künftig auch für Behörden „verfügbar“ sind.

Der Brief und die Forderungen der Europäer richten sich zunächst an China, derzeit mit dem Vorsitz der G20 befasst. Die Chinesen sollen die OECD beauftragen, im Tandem mit der Geldwäsche-Arbeitsgruppe FATF "einen einheitlichen globalen Standard“ für diese Form von Austausch zu entwickeln.

Der soll ähnlich voran kommen wie zwei andere Initiativen, bei denen sich Schäuble gerne eine wichtige Schrittmacherrolle attestiert – dem Informationsaustausch zu Steuerdaten zwischen mittlerweile schon 98 Ländern. Und die sogenannte BEPS-Initiative von über 60 Staaten, die Konzernen die Steueroptimierung erschweren soll.

Steuersünder bleiben im Vorteil

Doch wie viel ist die neue globale Transparenzoffensive wert? Die Register, von denen nun die Rede ist, sind in Europa schon beschlossen, in einigen Staaten wie Großbritannien gibt es sie bereits. Doch will etwa Deutschland den Einblick darin nichtstaatlichen Akteuren so gut wie vorenthalten.

Zwar sieht Schäubles Plan mittlerweile auch Zugriff für spezialisierte Nichtregierungsorganisationen oder Journalisten vor. Jedoch sollen diese im Gegenzug die Resultate ihrer Recherchen auch den Behörden zur Verfügung stellen. Dagegen wehren sich insbesondere Medienvertreter, sie wollen ihre Quellen schützen.

So sieht Schäubles 10-Punkte-Plan gegen Steueroasen aus

Schäuble glaubt jedoch, dass durch mehr Transparenz die Register weniger effektiv würden - und er steht unter seinen europäischen Kollegen mit seiner Skepsis keineswegs alleine da. Auch Frankreichs Finanzminister Michel Sapin, ein enger Schäuble-Vertrauter, stemmt sich dagegen.

Und in Großbritannien ist Finanzminister George Osborne nach den auch für seinen Premier peinlichen Panama-Enthüllungen zwar sehr bemüht, Engagement gegen Steuersünder zu zeigen. Aber seine Regierung weiß zugleich, dass in Überseegebieten des ehemaligen Weltreiches viele jener Trust-Konstruktionen verbreitet sind, die nach den Veröffentlichungen ins Zentrum der Kritik gerückt sind.

Das müssen Sie zu den Panama Leaks wissen

Und: Verpflichtend kann die Teilnahme an den Registern nicht gemacht werden. Gegenüber dem kleinen Panama mag Druck vielleicht ausreichen. Aber gilt das etwa auch für die USA, wo der kleine Bundesstaat Delaware –nur zwei Autostunden von Washington entfernt – mehr Firmen als Einwohner aufweist und rund jeden vierten Dollar seines Haushaltes durch das Geschäft mit Firmengründungen verdient?

Schäuble-Beamte berichten seufzend, wie lange sie mit den Amerikanern schon über dieses Thema gesprochen haben, mit sehr wenig Erfolg. Denn die Bundesstaaten sind in dieser Frage sehr unabhängig, außerdem denken die Amerikaner, dass der Informationsaustausch bei ihnen schon gelingt. „Es ist, wie es ist, jedes Land ist verschieden“, heißt es aus Schäubles Umfeld. Und weil Steuersünder alle gleich sind und das gleiche Ziel verfolgen, bleiben sie im Vorteil.

Die größten Steueroasen der Welt
Bei der Nichtregierungsorganisation Tax Justice Networks steht die Schweiz an erster Stelle der Steueroasen – trotz aller Abkommen zum Informationsaustausch. Grund für die Top-Platzierung ist für die NGO die nach wie vor hohe Geheimhaltung von Finanzdaten in der Alpenrepublik. Quelle: dpa
Hongkong steht wegen seiner Verschwiegenheit bei der NGO Tax Justice Networks auf Rang zwei der Schattenfinanzplätze. Auch hier spielt der britische Einfluss noch eine große Rolle, da HK über mehr als ein Jahrhundert eine Kronkolonie war, bevor es in den 90er Jahren wieder an China fiel, aber weiter getrennt verwaltet wird. Quelle: AP
Luxemburg hat sich seinen Wohlstand – das Pro-Kopf-Einkommen liegt doppelt so hoch wie in Deutschland – durch eine äußerst wohlwollende Besteuerung erarbeitet, bei dem die Finanzverwaltung in geheimen Vereinbarungen („tax rulings“) gern auch mal nur ein Prozent Steuern verlangt. Quelle: dpa
Der US-Bundesstaat Delaware profiliert sich durch extrem niedrige Unternehmenssteuern. Hunderttausende Firmen sind dort registriert, auch namhafte deutsche. Nicht nur das Steuerklima ist dort günstig; Firmen lassen sich binnen eines Tages gründen. Quelle: dpa
Karibikeilande wie die Cayman Inseln, die Britischen Jungferninseln und die Bermudas zählen zu den echten Paradiesen mit viel Sonne, Strand und keinen Steuern für Unternehmen, Werktätige und Privatiers. Quelle: dpa
Irland ist für Unternehmen ein interessantes Land. Allerdings ist der Klassiker, das Double Irish mit Dutch Sandwich, nicht mehr im Angebot. Statt dessen gibt es nun eine „Knowledge Box“, mit deren Hilfe Unternehmen nur 6,25 Prozent Steuern zahlen müssen. Quelle: dpa
Deutschland gilt ebenfalls für manche als Steueroase, vor allem für reiche Unternehmer, die vererben wollen. Dank großzügiger Verschonungsregeln können selbst Milliardäre steuerfrei übertragen, wenn sich das Vermögen in Unternehmen befindet. Das Bundesverfassungsgericht hat deshalb eine Reform angemahnt. Quelle: dpa
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