Strafzölle Die Europäer sind genervt von Trumps Spielchen

Trump lässt die EU zappeln. Brüssel befürchtet, dass er Strafzölle als Druckmittel einsetzen könnte und zeigt sich genervt von seinen Spielchen.

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Brüssel Donald Trump reizte die selbst gesetzte  Frist beinahe bis zur letzten Minute aus. So war es in Europa bereits tiefste Nacht, als die Nachricht Brüssel erreichte: Der US-Präsident verschiebt die Entscheidung erneut, ob die Schutzzölle von 25 Prozent auf Stahl- und zehn Prozent auf Aluminiumimporte auch für europäische Lieferanten greifen. Er verlängerte die Ausnahme von den Ende März verhängten Schutzmaßnahmen vom 1. Mai bis zum 1. Juni.

Die EU-Kommission machte in ihrer ersten Reaktion keinen Hehl daraus, dass sie die Nase voll hat von den Spielchen Trumps. „Die US-Entscheidung verlängert die Marktunsicherheit, die bereits die Unternehmensentscheidungen beeinflusst“, kritisierte die Brüsseler Behörde in einer Stellungnahme. Die Überkapazitäten in der Stahl- und der Aluminiumindustrie hätten ihre Wurzeln nicht in der EU, die Gemeinschaft solle daher vollständig und dauerhaft von den Zöllen ausgenommen werden.

Handelskommissarin Cecilia Malmström hatte diese Forderung in den vergangenen Wochen immer wieder gegenüber Trumps Wirtschaftsminister Wilbur Ross wiederholt. Die EU hält die vom US-Präsidenten genannte Begründung einer Bedrohung der nationalen Sicherheit der Vereinigten Staaten für vorgeschoben und wertet die Schutzmaßnahmen daher als Verstoß gegen die internationalen Handelsregeln.

Auch Regierungssprecher Steffen Seibert betonte, die Bundesregierung erwarte „weiter eine dauerhafte Ausnahme“. Man werde nun mit der Kommission und den anderen EU-Staaten über das weitere Vorgehen beraten, so Seibert. Weder Europa oder die USA hätten ein Interesse an einem Handelskonflikt. „Vielmehr würden sowohl die USA als auch die EU von einer weiteren Vertiefung der Handelsbeziehungen profitieren.“ Dafür solle nun eine positive Handelsagenda im Interesse beider Seiten entwickelt werden.

Auch die EU-Kommission zeigte sich erneut offen für Gespräche mit der US-Regierung über einen Abbau von Handelsbarrieren. Diese könnten aber nicht unter dem Vorzeichen der drohenden US-Zölle stattfinden, betonte die Behörde, die in der Handelspolitik im Namen der EU-Staaten spricht.

Genau darauf aber setzt Trump: Er will die Stahlzölle als Druckmittel einsetzen, um von den Handelspartnern einseitige Zugeständnisse zu erzwingen. Aus Sicht des US-Präsidenten beweist der Handelsbilanzüberschuss der Europäer mit den USA in Höhe von zuletzt 150 Milliarden Euro bei Gütern, dass die Bedingungen nicht fair sind. Trump hat dabei vor allem die Auto-Hersteller und ihre Zulieferer im Blick, die für rund ein Drittel des Überschusses stehen.

Aus Sicht der EU sind dafür aber weniger die höheren Einfuhrzölle in Europa verantwortlich, als die Wettbewerbsstärke der eigenen Industrie.  „Wir importieren Jeans aus den USA – aber es gibt eben mehr Produkte aus Europa, die für Amerikaner attraktiv sind“, sagte Haushaltskommissar Günther Oettinger im ZDF-Interview:  Das gelte insbesondere für Autos: „Das soll nicht abschätzig klingen, aber es gibt kaum einen Grund, einen amerikanischen Wagen nach Deutschland zu holen und hier zu fahren.“

Die Kommission lehnt es daher ab, den europäischen Markt ohne angemessene Gegenleistung stärker für US-Exporteure zu öffnen. „Jedes transatlantische Arbeitsprogramm muss ausgeglichen und zum beidseitigen Nutzen sein“, betonte die Brüsseler Behörde.

Sollten sich beide Seiten auf konkrete Freihandelsgespräche einlassen, würde daher aus Sicht der Handelsexperten in der Kommission eine Senkung der Zölle auf Industriegüter auf beiden Seiten des Atlantiks nicht ausreichen, wie sie Ross in den Verhandlungen mit Malmström verlangt hat.

Vielmehr müssten die USA etwa auch europäischen Unternehmen die Teilnahme an Ausschreibungen für öffentliche Aufträge erleichtern, heißt es in der Kommission. Der Vize-Präsident der Behörde, Jyrki Katainen, sprach sich zudem für eine regulatorische Zusammenarbeit beider Seiten aus

Auch der CDU-Europaparlamentarier Daniel Caspary wirbt für ein umfassendes Handelsabkommen: „Für europäische Exporteure im Maschinenbau, in der Chemieindustrie oder der Landwirtschaft sind regulatorische Hürden das Haupthindernis auf dem US-Markt“, sagte er dem Handesblatt. „Nur die Zölle zu senken, würde den USA mehr nutzen als der EU.“

Der Handelsverband BGA sieht in der Fristverlängerung einen „vorläufigen Sieg der Vernunft und eine gute Nachricht für Europa“. „Uns fällt ein Stein vom Herzen“, sagt BGA-Präsident Holger Bingmann. Es sei allerdings zu früh, Entwarnung zu geben. Mit der Ausnahme europäischer Unternehmen von den aktuellen Strafzöllen sei die Kuh noch lange nicht vom Eis.

Der Maschinenbau-Verband VDMA fordert die EU dagegen auf, die gewonnene Zeit dazu zu nutzen, um in Verhandlungen mit der US-Regierung die strittigen Punkte aus dem Weg zu räumen. „Die EU sollte in die Offensive gehen und versuchen, mit neuen transatlantischen Freihandelsgesprächen die Themen Zölle, Ursprungsregeln und nicht-tarifäre Handelshemmnisse zu lösen“, sagt VDMA-Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann.

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