
Kurz nach einem diplomatischen Eklat um den von US-Präsident Donald Trump geplanten Mauerbau an der Grenze zu Mexiko bahnt sich ein Streit in den Handelsbeziehungen der Länder an. Das Weiße Haus brachte am Donnerstag eine Importsteuer auf Waren aus dem Nachbarland ins Spiel, um das Geld für das Großprojekt hereinzuholen. Mexiko wies dies zurück und warnte die USA vor einem Bumerangeffekt, unter dem letztlich Endverbraucher in Nordamerika zu leiden hätten.
Eine von Mexiko finanzierte Mauer an der Grenze war eines der zentralen Wahlversprechen Trumps. Deren Bau veranlasste er denn auch am Mittwoch per Dekret. Doch betonte Mexikos Präsident Enrique Peña Nieto, dass sein Land dafür nicht aufkommen werde.
Über Twitter reagierte Trump mit der Drohung, dann eben ein für den kommenden Dienstag geplantes Treffen mit Peña Nieto abzusagen. Doch Mexikos Staatschef, der im eigenen Land wegen des Mauerstreits massiv unter Druck steht, kam ihm zuvor und ließ den Washingtonbesuch platzen.
Donald Trump und seine „große, schöne Mauer“
Trump will auf dem gesamten Verlauf der 3200 Kilometer langen Grenze eine massive Mauer errichten. „Es wird kein Zaun, sondern eine Mauer“, bekräftigte er bei der Pressekonferenz am Mittwoch in New York. Sie soll bis zu 15 Meter hoch sein und aus Stahl und Beton errichtet werden. Nach einer Studie des Massachusetts Institute of Technology (MIT) wären dafür 9,7 Millionen Kubikmeter Beton und 2,3 Millionen Tonnen Stahl nötig.
Experten rechnen mit Kosten in zweistelliger Milliardenhöhe. Die bisherigen Grenzanlagen auf rund einem Drittel des Grenzverlaufs haben damals 2,5 Milliarden Dollar gekostet. Dabei handelt es sich überwiegend um Zäune an leichter zugänglichen Stellen. Das MIT rechnet mit Kosten von bis zu 40 Milliarden US-Dollar.
Zahlen muss zumindest zunächst einmal der US-Steuerzahler. Die Republikaner-Mehrheit im US-Kongress hat vermutlich die Möglichkeit, den Bau auf der Grundlage eines Gesetzes aus dem Jahr 2006 zu genehmigen und auch die Finanzierung freizugeben, ohne dass die Demokraten dies blockieren können. Trump hat allerdings immer wieder versprochen, er werde Mexiko dazu zwingen, für die Mauer zu bezahlen.
Bei der Pressekonferenz in New York sagte Trump, es gebe verschiedene Möglichkeiten, wie Mexiko die USA für die Baukosten entschädigen könnte. „Es könnte eine Steuer oder eine Zahlung sein.“ Denkbar wäre, dass die US-Regierung die Überweisungen von in den Vereinigten Staaten arbeitenden Mexikanern an ihre Familien in Mexiko mit hohen Abgaben belegt. Rund 25 Milliarden Dollar fließen pro Jahr über die sogenannten Remesas nach Mexiko - mehr als die Erdöleinnahmen.
Die mexikanische Regierung will nicht für die Kosten der Mauer aufkommen. „Natürlich wird Mexiko nicht für die Mauer zahlen“, sagte Präsident Enrique Peña Nieto nach Trumps Pressekonferenz. Auch Finanzminister José Antonio Meade betonte bereits: „Ich kann mit absoluter Sicherheit sagen, dass sie nicht im Budget steht.“
Zumindest in einigen Abschnitten lauern juristische Fallstricke. Teile des Grenzgebiets stehen unter Naturschutz, andere sind in Privatbesitz. Ein 75 Meilen langer Abschnitt zwischen dem US-Bundesstaat Arizona und Mexiko wird von dem Indianerstamm Tohono O'odham verwaltet. Nur der Kongress könnte das Gebiet aus dem Trust herauslösen - das gilt als so gut wie unmöglich.
Auf rund 1000 Kilometern wird die Grenze bereits mit einem Grenzzaun geschützt. Zudem gibt es Kameras, Drohnen und Tausende Grenzschutzbeamte, die an der Grenze patrouillieren. Hinzu kommen natürliche Barrieren wie große Wüstengebiete, der Rio Grande oder der Nationalpark Big Bend in Texas.
Sie soll die illegale Einwanderung in die USA verhindern. „Mexiko schickt uns nicht seine Besten. Es sind Drogenhändler und Vergewaltiger“, sagte Trump im Wahlkampf. Tatsächlich ist die Netto-Einwanderung aus Mexiko in die USA wegen der sinkenden Geburtenquote, besserer Chancen in Mexiko und der schleppenden US-Wirtschaft bereits seit 2012 negativ.
Experten bezweifeln das. „Eine stärkere Grenzsicherung erhöht die Kosten eines illegalen Grenzübertritts, was dazu führt, dass die Menschen länger in den USA bleiben müssen, um die Reise profitabel zu machen“, sagt der Soziologe Douglas Massey von der Universität Princeton. Während Saisonarbeiter früher nur für die Ernte in die USA kamen und danach wieder nach Mexiko zurückkehrten, bleiben sie heute meist in den Vereinigten Staaten, weil sie befürchten müssen, es in der nächsten Saison nicht wieder in die USA zu schaffen.
Bei einer Parteisitzung der Republikaner in Philadelphia sprach Trump später von einer einvernehmlichen Absage des Treffens. „Solange Mexiko die USA nicht fair und respektvoll behandelt, wäre ein Treffen sinnlos. Ich will einen anderen Weg gehen. Wir haben keine Wahl“, erklärte der US-Präsident.
Auf dem Rückflug nach Washington sagte sein Sprecher Sean Spicer dann vor Journalisten, dass Trump über eine Importsteuer von 20 Prozent auf Produkte aus Mexiko nachdenke, um die Rechnung für die Mauer zu bezahlen. Schätzungen zufolge dürfte deren Bau zwischen zwölf und 15 Milliarden Dollar (11,1 und 13,9 Milliarden Euro) verschlingen.
Allein über den Steuerhebel könnten die USA pro Jahr zehn Milliarden Dollar einnehmen und damit spielend die Mauer bezahlen, sagte Spicer weiter. Darüber sei man bereits mit beiden Kammern im Parlament im Gespräch.
Die Ankündigung sorgte in Washington prompt für Verwirrung, woraufhin das Weiße Haus zurückruderte. Bei einem hastig einberufenen Briefing erklärte Stabschef Reince Priebus am Abend, die Einfuhrzölle seien nur eine von vielen Optionen für eine Finanzierung der Mauer.
Die Republikaner im Kongress verstanden Spicers Äußerungen über eine 20-Prozent-Abgabe als Bestätigung ihres eigenen Steuerplans, den der Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Paul Ryan, Trump schmackhaft zu machen versucht. Der Plan sieht vor, Steuern auf Importe zu erheben und steuerfreie Ausfuhren einzuführen, um US-Exporteuren zu helfen und Einnahmen zu steigern.
Mexiko ist einer der wichtigsten Handelspartner der USA. Auf die USA entfallen rund 80 Prozent der mexikanischen Exporte, womit sie der größte Abnehmer von Produkten aus dem Nachbarland sind. Ein radikaler Bruch in den Beziehungen dürfte also die US-Wirtschaft schädigen und sich als desaströs für Mexikos Konjunktur erweisen.
Mexikos Außenminister Luis Videgaray wies in einer Reaktion auf die Idee einer Einfuhrsteuer vor allem auf Nachteile für die USA hin. „Eine Abgabe auf mexikanische Importe in die Vereinigten Staaten ist kein Weg, um Mexiko für die Mauer zahlen zu lassen, sondern ein Weg, die nordamerikanischen Verbraucher durch teurere Avocados, Waschmaschinen, Fernseher dafür zahlen zu lassen“, sagte er.