Studie zur Terrormiliz Einnahmen des IS dramatisch gesunken

Die IS-Miliz gilt als reichste Terrororganisation der Welt. Doch die Gebietsverluste im Irak und in Syrien machen den Dschihadisten auch finanziell zu schaffen. Ihr „Geschäftsmodell“ könnte zusammenbrechen.

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Die Terrormiliz Islamischer Staat verliert immer mehr Gebiete und nimmt weniger Geld ein. Quelle: Reuters

London Die Einnahmen der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) sind einer Studie zufolge dramatisch gesunken. Sie seien seit 2014 um mehr als die Hälfte zurückgegangen, heißt es in einer gemeinsamen Untersuchung des Londoner King's College und der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst&Young (EY). Die Autoren erklären den Einbruch vor allem mit dem Verlust von großen Gebieten im Irak und in Syrien. Sollte sich der Trend fortsetzen, könnte das „Geschäftsmodell“ des IS bald zusammenbrechen. Die Studie wird an diesem Samstag auf der Münchner Sicherheitskonferenz vorgestellt.

Der Untersuchung zufolge fielen die IS-Einnahmen von bis zu 1,9 Milliarden US-Dollar im Jahr 2014 bis auf höchstens 870 Millionen Dollar im Jahr 2016. Seit ihrem Vormarsch im Irak im Sommer 2014 habe die Terrormiliz einen Großteil ihres Herrschaftsgebiets verloren: mehr als 60 Prozent im Irak und rund 30 Prozent in Syrien.

Dadurch gibt es weniger Menschen, die besteuert werden können. Zudem kontrolliert der IS mittlerweile auch weniger Öl- und Gasquellen. „Je kleiner dieses Gebiet wird, desto kleiner wird der Kontostand der Terroristen“, erklärte EY-Partner Stefan Heißner. Bislang galt der IS unter Fachleuten als die reichste Terrororganisation der Welt.

Die meisten Einnahmen stammen nach der Studie aus Steuern (bis zu 400 Millionen Dollar) und dem Verkauf von Öl (bis zu 250 Millionen Dollar). Besonders stark gingen die Einnahmen aus Plünderungen und Beschlagnahmungen zurück, der anfangs wichtigsten Geldquelle. Habe diese einst bis zu eine Milliarde US-Dollar eingebracht, versiege sie jetzt zusehends, da der IS kaum noch neue Gebiete erobere.

Lösegeldeinnahmen spielen der Studie zufolge nur eine geringe Rolle. Die Einnahmen aus dem Verkauf von antiken Kulturgütern ließen sich nicht beziffern. Für Zuwendungen aus dem Ausland - etwa aus sunnitischen Golfstaaten - fanden die Autoren keine Belege.

Der Einnahmerückgang habe keine unmittelbare Auswirkung auf die Fähigkeit des IS zu Terrorangriffen. Diese seien oft relativ günstig zu finanzieren. „Einer Schätzung französischer Behörden zufolge wurden für die Anschläge vom 13. November 2015 in Paris nicht mehr als 20 000 Euro aufgewendet“, sagte Terrorexperte Peter Neumann vom King's College, einer der vier Autoren der Studie, dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“.

Die Autoren rechnen damit, dass die IS-Einnahmen weiter sinken werden. Derzeit laufen im Irak und in Syrien mehrere Offensiven gegen die Terrormiliz. Vor allem der Verlust der nordirakischen Millionenstadt Mossul könnte bedeutend sein, heißt es in der Studie.

Allerdings habe der IS in der Vergangenheit bewiesen, dass er finanzielle und militärische Rückschläge überwinden kann, schreiben die Autoren weiter. So könnte er künftig wieder wie früher auf Erpressung und illegalen Handel setzen. Bei den Zahlen handelt es sich um Schätzungen, wie viel der IS maximal eingenommen haben könnte. Sie stützen sich auf öffentlich zugängliche Quellen, darunter durchgesickerte Dokumente der Miliz.

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