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Südamerika Deutsche Unternehmer entdecken Brasilien

Deutsche Unternehmen entdecken die neue wirtschaftliche Supermacht und finden in vielen Bereichen ihre Chancen.

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Vier Stunden Zeit nahm sich Staatspräsidentin Dilma Rousseff für den deutschen Bundespräsidenten Christian Wulff, als dieser im Mai nach Brasília kam. In dem Gespräch stimmte Rousseff einem Großauftritt in Deutschland zu: Brasilien wird 2012 Partnerland der IT-Messe Cebit in Hannover. Doch das ist noch nicht alles. Die Präsidentin bat deutsche Konzerne auch um Angebote für den geplanten Schnellzug zwischen Rio und São Paulo und für die anstehenden Privatisierungen brasilianischer Flughäfen.

So etwas wie in den Neunzigerjahren, als die Deutschen bei den damaligen großen Privatisierungen in Brasilien anderen Europäern den Vortritt ließen, soll sich nicht wiederholen. Heute ist Deutschland für die Südamerikaner einer der wichtigsten Partner beim Aufstieg zur globalen wirtschaftlichen Supermacht.

Etwa 1200 Unternehmen mit deutscher Beteiligung gibt es in Brasilien derzeit schon. Zehn Prozent der brasilianischen Industrieleistung wird von Töchtern deutscher Konzerne erwirtschaftet. Brasilianer wie Deutsche profitieren vom Wachstumsboom des großen Landes – nach Meinung der Bank Itaú Unibanco bis 2020 im Jahresdurchschnitt 4,5 Prozent.

Schon darum kommt immer mehr Schwung in die brasilianisch-deutsche Beziehung. 2010 reisten 50 Unternehmerdelegationen und ein halbes Dutzend deutscher Minister in das große Partnerland, mehr als im gesamten Jahrzehnt zuvor. Im Spätsommer dieses Jahres lädt auch die WirtschaftsWoche interessierte Kaufleute aus Deutschland zu einer Brasilien-Reise ein, bei der es zahlreiche Möglichkeiten zu direkten Gesprächen mit hochrangigen Regierungsvertretern und zum Knüpfen von Geschäftsbeziehungen zu aufstrebenden brasilianischen Firmen gibt.

Investitionsboom wegen Fußball-WM

Dilma Rousseff, Christian Quelle: REUTERS

Etwa 100 Unternehmen aus Deutschland sind in den vergangenen zwölf Monaten bereits nach Brasilien gekommen und haben dort investiert. "Die deutsche Wirtschaft ist endlich aufgewacht", sagt Stefan Zoller, CEO des EADS-Tochterunternehmens Cassidian und Vorsitzender des Brazil Board im Bundesverband der Deutschen Industrie.

So will der Reifenhersteller Continental seine Produktion im Nordosten Brasiliens in den nächsten Jahren verdoppeln. BMW erwägt den Aufbau einer Pkw-Produktionslinie in Brasilien, BASF will hier demnächst Acrylsäure produzieren, Henkel zwei von weltweit zehn Investitionsprojekten in Brasilien platzieren. Siemens denkt über eine neue Forschungsabteilung für Energie in Rio de Janeiro nach. Und Mittelständler wie der Spezialstahlhersteller C.D. Wälzholz und das Elektronikunternehmen Weidmüller übernehmen langjährige lokale Partner. "Die Unternehmen sind erstmals auch bereit, in Vorleistung zu treten, um in Brasilien Fuß zu fassen", beobachtet Zoller.

Grafik: Brasiliens weltweiter Handel (in Milliarden Euro)

Zusätzlich verlockend für Investoren und Lieferanten ist der öffentliche Investitionsboom, den die Vergabe der Fußballweltmeisterschaft 2014 nach Brasilien und der Auftrag zur Ausrichtung der Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro ausgelöst haben.

Bis 2014 soll rund eine Billion Dollar in die Infrastruktur des Riesenlandes am Amazona fließen. Neue Straßen, Bahnverbindungen und Hafenanlagen sollen den Personen- und Güterverkehr fit für die beiden Großereignisse machen.

Aufbruch im Energiesektor

Brasilien will aber auch stark in den Energiesektor investieren. Da gibt es viele Chancen für Deutsche: So setzt der Maschinenbauer Trumpf auf Werften, die Laserschneider im Schiffs- und Plattformbau für die Ölbranche brauchen. Der Windgeneratorhersteller Wobben investiert 170 Millionen Euro in einen Windkraftpark. Und nicht nur Unternehmen investieren in das Land: Die prächtigen Renditen locken auch internationale Fonds. Sie bringen Milliarden Euro Kapital ins Land. Der IWF und die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich sehen das kritisch und warnen vor einer Blase. Doch Brasilien ist wachsam: Steuern auf ausländische Kapitalzuflüsse sollen die Gefahr eindämmen.

Mit dem deutschen Engagement könnte es aus brasilianischer Sicht aber auf jeden Fall schneller gehen. Damit es dazu kommt, reisen jetzt zum Beispiel die Hafenmanager von Suape an der Nordostküste Brasiliens nach Deutschland, um für die Ansiedlung Metall verarbeitender Konzerne zu werben. "Deutschland hat das perfekte Know-how für uns", sagt Silvio Leimig, Entwicklungschef von Suape.

Nie von Suape gehört? Dort entstehen derzeit unter anderem sieben neue Werften, es ist eines der größten Hafenprojekte weltweit. Deutsche Unternehmer können in Brasilien noch viel lernen.

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