Südamerika Morales-Anhänger Daniel Choque wird neuer bolivianischer Parlamentschef

Das Abgeordnetenhaus hat einen neuen Vorsitzenden: den Morales-Anhänger Daniel Choque. Er will mit der Interimsregierung zusammenarbeiten.

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Anhänger von MAS bei einer Pressekonferenz in Laz Paz. Quelle: Reuters

Das Abgeordnetenhaus in La Paz, in Bolivien, hat am Donnerstag einen Morales-Anhänger zu seinem neuen Vorsitzenden gewählt. Der Fraktionschef von Morales' „Bewegung zum Sozialismus“ (MAS), Daniel Choque, setzte sich mit der MAS-Mehrheit im Parlament durch. Sein Vorgänger legte am Sonntag inmitten der Proteste gegen den inzwischen zurückgetretenen Präsidenten Evo Morales sein Amt nieder.

Choque bezeichnete die Entwicklung, die zum Rücktritt von Morales führte, als Staatsstreich. Er erklärte sich aber zugleich zur Zusammenarbeit mit der Interimsregierung bereit, um die Neuwahlen zu organisieren. Die Abgeordnetenkammer wolle die Befriedung Boliviens, erklärte er. Choque kündigte eine Gesetzesvorlage an, mit der das Militär nach dem Machtwechsel in die Kasernen zurückgeschickt und die öffentliche Sicherheit wieder allein der Polizei überlassen werden soll.

Evo Morales, der das Andenland seit 2006 als erster indigener Präsident regiert hatte, war am Sonntag nur drei Wochen nach seiner umstrittenen Wiederwahl auch unter dem Druck von Militär und Polizei zurückgetreten. Der Sozialist, der für eine vierte Amtszeit kandidierte, hatte sich nach der Abstimmung am 20. Oktober zum Sieger in der ersten Runde erklärt. Die Opposition und internationale Beobachter hatten ihm Wahlbetrug vorgeworfen.

Zahl der Todesopfer steigt auf zehn

Am Mittwoch waren im Department Santa Cruz im Osten des Landes zwei Menschen bei Zusammenstößen zwischen Anhängern von Morales, der neuen Interimsregierung und den Sicherheitskräften erschossen worden. Damit stieg die Zahl der Todesopfer bei den seit drei Wochen andauernden Unruhen auf insgesamt zehn. Anhänger von Morales setzten in der Nacht zum Donnerstag die Wohnung eines indigenen Führers der Landarbeitergewerkschaft in Brand, der den Ex-Präsidenten kritisiert hatte, wie die Zeitung „Página Siete“ berichtete.

In der zweiten Parlamentskammer, dem Senat, war die zweite Vizepräsidentin der Kammer, Jeanine Añez, am Dienstag in Abwesenheit der MAS-Mehrheit zur Interimspräsidentin ernannt worden. Das Verfassungsgericht billigte anschließend diese Machtübernahme.

Die Politikerin aus dem wohlhabenderen und konservativen Tiefland Boliviens hatte sich mit einer großen Bibel in den Händen den Weg ins Parlament gebahnt. Sie ist eine scharfe Kritikerin von Morales. Die 52-Jährige muss innerhalb von 90 Tagen eine Neuwahl organisieren.

Unterstützung erhält Añez von US-Außenminister Mike Pompeo. Er begrüßte es auf Twitter, dass sie diese Rolle in einer Zeit großer Verantwortung angenommen habe. Es sei notwendig, dass eine zivile Führung in Bolivien erhalten bleibe.

Morales bezeichnete indessen aus seinem Exil in Mexiko die Ernennung von Añez als einen Verstoß gegen die Verfassung. Das Parlament müsse seinen Rücktritt entweder annehmen oder ablehnen, sagte er am Mittwoch im Interview der spanischen Zeitung „El País“. „Solange es das nicht tut, bin ich weiterhin Präsident.“ Er sei bereit, nach Bolivien zurückzukehren, aber auch bereit, auf die Macht zu verzichten.

UN-Sondergesandter auf dem Weg nach Bolivien

Der russische Präsident Wladimir Putin warnte, Bolivien stehe am Rande des Chaos, wie die Agentur Interfax meldete. Russland sei aber bereit, mit den künftigen Behörden zusammenzuarbeiten, wenn sie von der Bevölkerung ein legitimes Mandat erhielten. Er hoffe, dass sich auch mit der neuen Regierung die Beziehung zwischen beiden Ländern weiterentwickelten.

Aus Sorge vor einer weiteren Eskalation der Lage schickte UN-Generalsekretär António Guterres einen Sondergesandten in das südamerikanische Land. Er habe den Franzosen Jean Arnault gebeten, mit allen Beteiligten zu sprechen und die Unterstützung der Vereinten Nationen bei der Suche nach einer friedlichen Lösung der Krise anzubieten, sagte Guterres nach Angaben seines Sprechers am Donnerstag in New York. Arnault, der zuvor unter anderem bereits als Sondergesandter für Kolumbien, Afghanistan und Guatemala gearbeitet hatte, werde noch am Donnerstag nach Bolivien reisen.

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