Südamerika Wahl in Bolivien: Morales führt – Stichwahl entscheidet

Es ist das engste Rennen seiner langen Karriere: Bei der Präsidentschaftswahl führt Evo Morales zwar, doch muss er wohl erstmals in eine Stichwahl.

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Der Präsident Boliviens ist seit knapp 14 Jahren an der Macht. Quelle: dpa

Boliviens langjähriger Staatschef Evo Morales liegt bei der Präsidentenwahl vorn, muss aber wohl in eine Stichwahl. Wie die Wahlbehörde nach vorläufiger Auszählung von 84 Prozent der Stimmen mitteilte, führte Morales mit 45,3 Prozent der Stimmen vor seinem ärgsten Rivalen, Expräsident Carlos Mesa, der auf 38,2 Prozent kam. Wenn es bei diesem Ergebnis bleibt, träfen sie im Dezember in einer Stichwahl aufeinander. Um eine zweite Wahlrunde zu vermeiden, hätte ein Kandidat mehr als 50 Prozent der Stimmen erreichen müssen - oder 40 Prozent mit einem Vorsprung von zehn Prozent vor dem schärfsten Konkurrenten.

Morales reklamierte den Sieg vor Anhängern für sich. „Das Volk hat einmal mehr seinen Willen durchgesetzt“, erklärte er am Sonntagabend (Ortszeit) am Präsidentenpalast in La Paz.

Sein Kontrahent Mesa sprach vor seinen Unterstützern indes von einem „unbestreitbaren Triumph“ für seine Koalition. Andere Parteien rief er auf, sich ihm anzuschließen, um in der zweiten Wahlrunde einen „definitiven Triumph“ zu erzielen.

Morales ist seit fast 14 Jahren in Bolivien an der Macht. Damit ist der 59-jährige sozialistische Ex-Gewerkschaftsführer der am längsten amtierende Staatschef in Südamerika. Im Ringen um eine vierte Amtszeit ging es für den Staatschef diesmal wie erwartet so knapp aus wie noch nie. Erstmals muss sich Morales nun wahrscheinlich einer Stichwahl stellen, bei der er gegen eine vereinte Opposition durchaus schlagbar sein könnte.

Als erster indigener Präsident Südamerika nutzte er die Einkünfte des Landes aus Bodenschätzen, um die Massen am Reichtum Boliviens zu beteiligen. Es gelang, Millionen Menschen in den ärmsten Regionen aus der Armut zu holen. Das Wirtschaftswachstum Boliviens lag im Jahresdurchschnitt über 4,5 Prozent und damit deutlich über dem regionalen Durchschnitt. Außerdem setzte sich Morales für die Gleichberechtigung der indigenen Bevölkerung ein.

Trotz dieser Erfolge gibt es aber selbst unter indigenen Gruppen Kritik an Morales, unter anderem wegen Korruption in seiner Regierung. Dass der Langzeit-Staatschef überhaupt noch einmal antreten konnte, hat der dem Obersten Gericht zu verdanken. 2016 entschied ein Referendum, die Amtszeit des Präsidenten zu begrenzen. Doch die Obersten Richter entschieden, dies verstoße gegen Morales' Rechte als Bürger.

Sein ärgster Konkurrent Mesa ist gelernter Journalist und Historiker. Er war zunächst Vizepräsident und 2003 nach dem Rücktritt seines Vorgängers Staatschef geworden. Nach von Morales angeführten Protesten in dessen Funktion als Gewerkschaftsführer von Kokabauern trat Mesa 2005 zurück. Kurz darauf gewann Morales die Wahl.

In einer Umfrage von Anfang Oktober lag Morales mit 32 Prozent fünf Punkte vor Mesa. Bei einer Stichwahl lägen beide demnach gleichauf. Am Sonntag werden auch die 166 Abgeordneten des Kongresses neu gewählt. Bei der Kongresswahl dürfte keine Partei die absolute Mehrheit erreichen.

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