Syrien Bombardement von Vororten der syrischen Hauptstadt fortgesetzt

Die Zahl der getöteten Zivilisten bei einem seit einer Woche andauernden Bombardement ist laut Aktivistenangaben auf knapp 500 gestiegen. Unter den Opfern sind Dutzende Kinder.

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Beirut Auch am Samstag sind östliche Vororte der syrischen Hauptstadt Damaskus nach Angaben von Oppositionsaktivisten aus der Luft beschossen worden. Dabei seien mindestens fünf Menschen getötet und mehr als ein Dutzend weitere Personen verletzt worden. Der UN-Sicherheitsrat hatte zuvor eine Abstimmung über eine Resolution für eine 30-tägige humanitäre Waffenruhe in Syrien auf Samstag verschoben.

Seit dem Beginn der jüngsten Bombardierungsserie am vergangenen Sonntag sind in der als Ost-Ghuta bekannten Vorortregion nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte 492 Zivilisten getötet worden, darunter 116 Kinder und 64 Frauen.

Die Beobachtungsstelle berichtete, die Luftangriffe am Samstag hätten zwei Menschen in der Stadt Samalka und drei im nahegelegenen Harasta getötet. Die Aktivistengruppe Ghuta-Medienzentrum teilte mit, neun Menschen seien am Samstag in mehreren Städten getötet worden. Die syrischen Staatsmedien meldeten, Rebellen hätten Mörsergranaten auf Damaskus abgefeuert und Sachschäden verursacht.

Die Verschiebung der Abstimmung im Sicherheitsrat sollte es ermöglichen, Differenzen bezüglich des Zeitpunkts einer Feuerpause auszuräumen. Der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja hat eine sofortige Waffenruhe als unrealistisch bezeichnet.

Kuwait und Schweden, die die Resolution ausgearbeitet hatten, kamen den Russen offenbar entgegen und änderten den Text so, dass darin nicht mehr verlangt wird, dass eine Waffenruhe 72 Stunden nach der Annahme der Resolution in Kraft trete. Stattdessen fordert der neue Text, der am Freitagabend im Umlauf war, „dass alle Parteien Feindseligkeiten ohne Verzögerung einstellen“.

Nach sechsstündigen Verhandlungen hatte der aktuelle Vorsitzende des Sicherheitsrats, Kuwaits UN-Botschafter Mansur al-Otaibi, am Freitagabend vor Reportern gesagt, die Mitglieder des Gremiums seien „so nah dran“ an einem Abkommen. Die Verhandlungen gingen weiter. Der Rat werde sich am Samstagmittag (Abend deutscher Zeit) treffen und es werde eine Abstimmung geben.

Der jüngste Resolutionsentwurf gibt vor, dass direkt nach einer Waffenruhe Konvois für humanitäre Hilfe und medizinische Teams Zugang haben müssten, um Schwerkranke und Verletzte herauszuholen. 5,6 Millionen Menschen in 1244 Gemeinden seien dringend auf Hilfe angewiesen.

Eine von Russland vorgeschlagene Änderung an der Resolution hätte statt einer sofortigen Waffenruhe gefordert, dass alle Parteien „Feindseligkeiten so bald wie möglich“ einstellten und auf eine „humanitäre Pause“ von mindestens 30 Tagen hinarbeiteten. Der Vorschlag wurde von Kuwait und Schweden abgelehnt.

Der schwedische UN-Botschafter Olof Skoog sagte, er sei „extrem frustriert“, dass der Sicherheitsrat die Resolution weder am Donnerstag noch am Freitag verabschiedet hatte. Die Lage am Boden sei ernst und der Sicherheitsrat müsse sofort handeln.

Die UN-Botschafterin der USA, Nikki Haley, twitterte, es sei „unglaublich, dass Russland eine Abstimmung über eine Waffenruhe aufhält, die humanitären Zugang in Syrien ermöglicht. Wie viele Menschen werden noch sterben, bevor der Sicherheitsrat entscheidet, mit dieser Abstimmung anzufangen?“

Der Resolutionsentwurf macht bei der Waffenruhe eine Ausnahme. Angriffe auf Extremisten von der Terrormiliz Islamischer Staat und allen Ablegern der Al-Kaida dürften fortgesetzt werden. Der jüngste Entwurf beinhaltet mehrere andere russische Vorschläge. Er betont, dass es „Garantien“ von Ländern mit Einfluss auf Regierungs- und Oppositionskräfte geben müsse, um die Bedingungen für eine erfolgreiche Waffenruhe zu schaffen. Die Verfasser schrieben auch von „Empörung“ über den Beschuss von Damaskus. Diesen Inhalt hatte Russland gefordert. Moskau ist der wichtigste Verbündete für den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad.

Ost-Ghuta wird seit Tagen von Assads Truppen bombardiert. Oppositionsaktivisten werfen Russland vor, dort ebenfalls Einsätze zu fliegen. UN-Generalsekretär António Guterres sagte diese Woche, in Ost-Ghuta lebten 400 000 Menschen „in der Hölle auf Erden“.

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