
Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen Mitglieder der syrischen Regierung wegen des Verdachts auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Dies teilte Generalbundesanwalt Harald Range am Dienstag in Karlsruhe mit. "Gegenstand unserer Ermittlungen sind selbstverständlich auch Verbrechen von Angehörigen des Assad-Regimes", sagte er.
Weitere Angaben zu den Beschuldigten wollte er nicht machen. Die Untersuchungen stützten sich auf das Völkerstrafgesetzbuch, in dem Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen geahndet werden, erklärte Range lediglich. Durch einen Giftgasangriff wurden im Nordwesten Syriens unterdessen nach Angaben einer Oppositionsgruppe sechs Menschen getötet.
Die einflussreichsten Rebellengruppen in Syrien
Sie ist ein Zusammenschluss aus sechs großen islamistischen Gruppen. Die Islamische Front ist vermutlich die größte Rebellenallianz in Syrien und verfügt über 40.000 bis 50.000 Kämpfer. Ihre Mitglieder sind sunnitische Extremisten, die einen islamischen Staat in Syrien errichten wollen. Die Haltung der Islamischen Front gegenüber den Extremisten von IS ist ambivalent. Teile der Gruppe unterstützen aber den Kampf gegen sie.
In der einflussreichen Rebellengruppe sind sowohl syrische als auch ausländische Extremisten aktiv. Sie ist von Al-Kaida offiziell als Ableger in Syrien anerkannt. Die Nusra-Front hat als erste Gruppierung in Syrien Selbstmord- und Autobombenanschläge in Stadtgebieten verübt. Sie kämpft für einen islamischen Staat, hat zwischen 7000 und 8000 Anhänger und arbeitete bislang eng mit der Islamischen Front zusammen.
Die Gruppe wurde von abtrünnigen Mitgliedern der Nusra-Front gebildet und vereinigte sich mit dem Al-Kaida-Ableger im Irak. Früher nannte sie sich Islamischer Staat im Irak und der Levante (Isil). Angeführt wird IS von Abu Bakr al-Baghdadi, der die Forderung der Al-Kaida ignorierte, den Schwerpunkt der Aktivitäten auf den Irak zu legen. Anfang des Jahres kappte Al-Kaida die Verbindungen zur IS, die als die militanteste Extremistengruppen in Syrien gilt.
Zunächst hatte die Gruppierung unter anderem wegen ihrer strikten Haltung gegen Plünderungen einen Großteil der syrischen Bevölkerung auf ihrer Seite. Dies änderte sich, als sie begann, Kritiker zu entführen und zu töten.
Derzeit kämpft IS an mehreren Fronten - gegen rivalisierende Rebellen in Syrien und gegen die Kurden im Nordirak. Die Gruppe soll über 6000 bis 7000 Kämpfer verfügen. Im Irak wird sie durch Zehntausende Kämpfer sunnitischer Stämme unterstützt, die von der Zentralregierung in Bagdad enttäuscht sind.
Die Allianz aus weitgehend nicht ideologisch geprägten Rebellen-Einheiten formierte sich im Dezember. Das Rückgrat der Gruppe bildet die Syrische Märtyrer-Brigade, eine einst einflussreiche Gruppe aus der nördlichen Provinz Idlib unter Führung von Dschamal Maruf. Ihm war von rivalisierenden Rebellengruppen vorgeworfen worden, für den Aufstand bestimmtes Geld in die eigene Tasche gesteckt zu haben. Die Anhänger der revolutionären Front sind weitgehend moderate Islamisten. Finanziell unterstützt wird die Gruppe vermutlich von Golfstaaten wie Saudi-Arabien.
Sie bildete sich zu Jahresbeginn aus acht syrischen Gruppen und startete eine Offensive gegen die Extremisten von IS. Die Allianz ist moderat islamistisch und hat nach eigenen Angaben rund 5000 Mitglieder.
Es handelt sich um eine moderate, nicht ideologische Gruppe. Sie wird von westlichen Ländern wie den USA unterstützt. Auch die Türkei und die arabischen Golfstaaten stehen auf ihrer Seite. Sie hat niemals den Eindruck ausräumen können, dass ihre Führung aus dem Ausland kommt.
Unter den Toten in Sarmin in der Provinz Idlib seien ein Mann, seine Frau und ihre drei Kinder, erklärte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Dienstag. Sie seien nach Angaben aus Ärztekreisen am Montagabend durch Gas getötet worden, das aus Fass-Bomben strömte. Vermutlich handle es sich dabei um Chlor. Dutzende weitere Menschen seien bei dem Angriff verletzt worden. Sanitäter stellten Videos junger Kinder ins Netz, die nach ihren Angaben Erstickungssymptome zeigten.
In Militärkreisen wurde der Bericht als Propaganda zurückgewiesen. "Wir bestätigen, dass wir diese Art von Waffe nicht einsetzen würden, und wir haben das auch nicht nötig", hieß es. Die syrische Regierung bestreitet bisher den Vorwurf, in dem seit vier Jahren andauernden Bürgerkrieg Giftgas einzusetzen.
Internationale Organisationen werfen der Regierung in Damaskus zahlreiche Kriegsverbrechen gegen die Zivilbevölkerung vor. So wurden nach einem Bericht der Menschenrechtsorganisation Amnesty International bei Luftangriffen auf Rakka, die Hauptstadt der Extremistenmiliz Islamischer Staat (IS), im November bis zu 115 Zivilisten getötet, darunter 14 Kinder.
"Die Streitkräfte Syriens haben mit diesen Angriffen offenkundig gegen das humanitäre Völkerrecht verstoßen - sie haben wiederholt nicht zwischen zivilen und militärischen Zielen unterschieden", erklärte die Nahostexpertin der Gruppe, Ruth Jüttner. "Einige dieser Angriffe müssen als Kriegsverbrechen untersucht werden".
Laut den syrischen Behörden habe der Beschuss IS-Kämpfern und ihren Stellungen gegolten. Nach Recherchen von Amnesty seien jedoch in den meisten Fällen keine klaren militärischen Ziele in der Nähe der Angriffsorte auszumachen gewesen. Anwohner hätten zwar bestätigt, IS-Kämpfer in der Umgebung gesehen zu haben, diese hätten aber in ziviler Kleidung an den Freitagsgebeten teilgenommen. Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag müsse sich mit der Situation in Syrien befassen.
Die UN erklärten unterdessen in Genf, sie seien bereit, ihre geheimen Listen mit Verdächtigen jeder Staatsanwaltschaft zugänglich zu machen, die eine Anklage wegen Kriegsverbrechen vorbereite. "Wir können der Gerechtigkeit derzeit am besten zu ihrem Recht verhelfen, indem wir gezielt Informationen freigeben", sagte der Vorsitzende der UN-Ermittlungskommission für Kriegsverbrechen in Syrien, Paulo Pinheiro.
Die Vereinten Nationen haben fünf dieser vertraulichen Listen seit Beginn des Bürgerkriegs zusammengestellt. Drei europäische Länder haben nach Angaben eines der UN-Ermittler inzwischen um Informationen gebeten, um sie bei sich vor Gericht zu verwerten. Im syrischen Bürgerkrieg sind in den vergangenen vier Jahren etwa 200.000 Menschen getötet worden.