Syrien Dutzende Tote bei zwei Selbstmordanschlägen in Damaskus

Eine Al-Kaida-nahe Gruppe verübte in den vergangenen Wochen schwere Anschläge in Syriens Regierungsgebieten. Jetzt wird wieder die Hauptstadt getroffen. Haben die Extremisten ihre Strategie geändert?

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Das von der offiziellen, syrischen Nachrichtenagentur SANA veröffentlichte Foto zeigt stark beschädigte Busse am 11.03.2017 nach einer Explosion in Damaskus. Quelle: dpa

Bei zwei Selbstmordanschlägen in Syriens Hauptstadt Damaskus sind Dutzende Menschen ums Leben gekommen. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte meldete am Mittwoch mindestens 39 Todesopfer, als ein Selbstmordattentäter eine Bombe im Justizpalast der Stadt zündete. Die staatliche Nachrichtenagentur Sana berichtete von 25 Toten und Dutzenden Verletzten. Ein zweiter Angreifer sprengte sich später in einem Restaurant in die Luft. Den Menschenrechtlern zufolge gab es auch hier Tote und Verletzte. Zunächst war unklar, wer für die Taten verantwortlich ist.

„Wir hörten eine schwere Explosion, die Scheiben klirrten“, berichtete eine Anwohnerin der Deutschen Presse-Agentur nach der Explosion im Justizpalast. „Dann sahen wir schwarzen Rauch.“ Dutzende Krankenwagen seien im Einsatz gewesen. Nach Angaben der Menschenrechtsbeobachter waren die meisten Opfer Zivilisten.

Die Attentäter sprengten sich am sechsten Jahrestag des Syrien-Konfliktes in die Luft. Er hatte am 15. März 2011 mit Protesten gegen die Regierung in Damaskus begonnen. Mittlerweile sind in dem Bürgerkrieg mindestens 400.000 Menschen ums Leben gekommen.

Die Akteure im Syrien-Konflikt

Die von der Regierung des Bürgerkriegslandes regierten Gebiete waren in den vergangenen Wochen mehrfach Ziel von Attentaten. Erst am vergangenen Wochenende starben bei einem Anschlag auf schiitische Pilger in Damaskus Aktivisten zufolge mindestens 74 Menschen. Die Al-Kaida-nahe Organisation Tahrir-al-Scham-Front (Ex-Al-Nusra-Front) reklamierte die Tat für sich. Zuvor waren Anschläge in der Hauptstadt selten, da diese von regierungstreuen Truppen stark gesichert wird.

Ende Februar hatten Selbstmordattentäter in der zentralsyrischen Stadt Homs nach Angaben von Aktivisten mehr als 40 Menschen mit in den Tod gerissen. Die Angriffe richteten sich gegen Gebäude des Militärgeheimdienstes und der Staatssicherheit. Zu den Anschlägen bekannte sich ebenfalls die Al-Kaida-nahe Organisation.

Die Gruppe ist vor allem in der Provinz Idlib im Nordwesten Syriens stark. Sie ist wie die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) von der seit Ende des vergangenen Jahres geltenden Waffenruhe ausgenommen. Die wiederholten Anschläge deuten auf einen Strategiewechsel der Extremisten hin. Nach der Niederlage der Rebellen vor allem in der lange umkämpften nordsyrischen Stadt Aleppo könnten sie verstärkt auf Attentate setzen, für die bisher vor allem der IS verantwortlich war.

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Die Anschläge in Damaskus überschatteten auch die neuen Syrien-Gespräche in der kasachischen Hauptstadt Astana, die wie die zwei ersten Runden im Januar und Februar ohne greifbare Fortschritte blieben. Der russische Delegationsleiter Alexander Lawrentjew sagte, die Gespräche in Astana sollten am 3. und 4. Mai fortgesetzt werden.

Verwirrung gab es um die Teilnahme der Rebellen an dem Treffen. Das kasachische Außenministerium erklärte zunächst, diese hätten einen Boykott beendet und wollten doch nach Kasachstan reisen. Später meldete die russische Agentur Interfax unter Berufung auf Diplomatenkreise, die Opposition habe wieder abgesagt.

Bei den Gesprächen in Kasachstan sollte es unter Vermittlung Russlands und der Türkei vor allem um eine Stärkung der brüchigen Waffenruhe gehen. Der Astana-Prozess läuft parallel zu den Genfer Verhandlungen unter UN-Vermittlung, die Ende März weitergehen sollen.

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