Syrien-Friedengespräche in Genf Ranghoher Unterhändler der syrischen Opposition tritt zurück

Die Friedensgespräche um Syrien hängen bereits seit Wochen am seidenen Faden. Nun trat mit Mohammed Allusch ein ranghoher Unterhändler der Regimegegner zurück. Weitere Rücktritte könnten folgen.

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Das Führungsmitglied der Rebellengruppe Dschaisch al-Islam trat bei den Syrien-Friedensverhandlungen in Genf als Vertreter der Regimegegner zurück. Quelle: dpa

Kairo Aus Protest gegen die Erfolglosigkeit der Syrien-Friedensgespräche in Genf ist ein ranghoher Unterhändler der Regimegegner zurückgetreten. Mohammed Allusch, Führungsmitglied der Rebellengruppe Dschaisch al-Islam, begründete seinen Schritt am Sonntagabend über Twitter mit der Kompromisslosigkeit des syrischen Regimes und den fortgesetzten Angriffen gegen Zivilisten. Zugleich kritisierte er die internationale Gemeinschaft, die ihre eigenen Entscheidungen nicht umsetze.

Womöglich werde auch der Chefunterhändler Asad al-Zubi zurücktreten, sagte am Montag Samir al-Naschar, ein Mitglied der Nationalen Syrischen Koalition (SNC), eines Zusammenschlusses syrischer Regimegegner. „Wir glauben alle, dass diese Verhandlungen eine Zeitverschwendung sind und das Regime keine der Entscheidungen der internationalen Gemeinschaft umsetzt.“ Syrien-Experte Charles Lister schrieb auf Twitter, der Rücktritt von Allusch sollte als „letzte Warnung gesehen werden: kein Fortschritt, keine Gespräche“. Der Genfer Friedensprozess liege in seinen letzten Zügen, schrieb er.

Allusch gehört der Delegation des Hohen Verhandlungskomitees (HNC) der Regimegegner in herausgehobener Funktion an. Seine Gruppe, die radikal-islamische Dschaisch al-Islam, gehört zu den stärksten Rebellengruppen Syriens. Die Gruppe wird vom syrischen Regime und seinem Verbündeten Moskau als Terrororganisation betrachtet. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte zuletzt mit einem Vorstoß im UN-Sicherheitsrat versucht, die Brigade sowie die radikale Gruppe Ahrar al-Scham als Terrorgruppen ächten zu lassen.

Im April hatte die syrische Opposition die Friedensgespräche in Genf frühzeitig verlassen. Sie protestierte gegen einen Anstieg an Gewalt in dem Bürgerkriegland - trotz geltender Waffenruhe - und warf dem Regime vor, Hilfslieferungen für belagerte Städte zu blockieren. Die nächste Runde der Verhandlungen wird UN-Vermittler Staffan de Mistura zufolge nicht vor Mitte Juni beginnen.

Die Rebellen im Norden Syriens stehen zunehmend unter Druck der Terrormiliz Islamischer Staat (IS). In den vergangenen Tagen rückten IS-Kämpfer in einer Enklave der Regimegegner nördlich der Stadt Aleppo vor und lieferten sich heftige Kämpfe mit Rebellen am Stadtrand von Marea. Nördlich der IS-Hochburg Al-Rakka startete jedoch vergangene Woche ein von der Kurdenmiliz YPG geführtes Bündnis eine Offensive gegen die Terrormiliz. Australische Medien berichteten am Montag, ein Australier, der für die Kurden gekämpft habe, sei bei Gefechten mit dem IS umgekommen.

Die YPG ist in Syrien wichtigster Partner der US-geführten Koalition. Bei der Miliz handelt es sich um den syrischen Ableger der verbotenen türkischen Arbeiterpartei PKK. Die Türkei stuft beide Gruppen als Terrororganisation ein. Am Montag warf die YPG der Türkei vor, Stellungen der Gruppe im Norden Syriens beschossen zu haben. Türkische Kräfte hätten die Orte Ain Dikna und Bilunija mit Artillerie und Raketen angegriffen, berichtete die der Kurdenmiliz nahestehenden Nachrichtenagentur Hawar.

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