Syrien Steinmeier warnt vor „humanitärer Katastrophe“ in Aleppo

In der umkämpften Stadt Aleppo haben Syrien und Russland die Einrichtung humanitärer Korridore angekündigt, damit Menschen die zerstörten Rebellenviertel verlassen können. Doch kaum jemand nimmt das Angebot an.

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Der Krieg in Syrien hat deutliche Spuren hinterlassen: Aleppo liegt in weiten Teilen in Schutt und Asche. Quelle: AP

Damaskus/Genf Trotz der angekündigten Einrichtung humanitärer Korridore bombardiert die syrische Führung weiter Rebellenviertel in der umkämpften Stadt Aleppo. Luftangriffe und Artilleriebeschuss hätten von Rebellen gehaltene Viertel im Norden der Stadt getroffen, berichtete die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Freitag. Zunächst gab es keine Informationen über Schäden oder Opfer. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier warnte vor einer „furchtbaren humanitären Katastrophe“ in Aleppo.

Am Donnerstag hatte die syrische Führung überraschend verkündet, dass sie gemeinsam mit ihren russischen Verbündeten mehrere humanitäre Korridore einrichten wolle, über die Menschen aus den belagerten Vierteln der früheren syrischen Metropole fliehen könnten. Nach Angaben der Beobachter haben aber bislang nur zwölf Menschen das Angebot angenommen. Rebellengruppen hätten Straßensperren errichtet und verhinderten, dass Menschen sich den Korridoren näherten. Die Routen in den von Rebellen kontrollierten Gebieten seien de facto geschlossen, teilte die Beobachtungsstelle mit.

Die Vereinten Nationen riefen Russland auf, UN-Experten die Verwaltung der Fluchtkorridore zu überlassen. Wenn es um humanitäre Hilfe für die notleidende Bevölkerung von Aleppo gehe, seien UN-Organisationen aufgrund ihrer Expertise am besten geeignet, erklärte der UN-Sonderbeauftragte für Syrien, Staffan de Mistura, vor Reportern in Genf. Aktivisten in Aleppo hatten zuvor berichtet, dass die Bewohner der Stadt zögerlich seien und fürchteten, vom syrischen Regime festgenommen zu werden.

Steinmeier sagte in Berlin: „Wer wie das syrische Regime mit Flächenbombardements die Krise auslöst und gleichzeitig unabgesicherte Fluchtwege anbietet, treibt ein zynisches Spiel, stellt die Menschen vor eine erbarmungslose Wahl und versperrt letztlich auch jegliche Aussicht auf eine Wiederaufnahme der Genfer Gespräche.“

Auch Frankreich kritisierte die angekündigten humanitären Korridore als nicht „glaubwürdige Antwort“. „Das humanitäre Völkerrecht verlangt, dass Hilfe schnellstens dorthin gebracht werden kann“, teilte der Sprecher des Pariser Außenministeriums mit.

Die syrische Armee und ihre Verbündeten hatten vor gut zwei Wochen die letzte Versorgungsroute in die Rebellenviertel von Aleppo gekappt. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen sind zwischen 200.000 und 300.000 Menschen von der Außenwelt abgeschlossen. Internationale Hilfsorganisationen befürchten eine Katastrophe, weil es an Lebensmitteln und medizinischer Versorgung fehle.

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