Syrien Trump attackiert Assad

Mit einem gezielten Raketenbeschuss will der US-Präsident das syrische Regime für den Einsatz von Giftgas gegen Zivilisten bestrafen. Er könnte eine Eskalation in Gang bringen, deren Ausgang völlig offen ist.

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Abschuss einer Tomahawk-Rakete von einem Kriegsschiff der US-Marine Quelle: dpa

Washington Der Angriff erfolgte irgendwo im östlichen Mittelmeer, nicht weit von der syrischen Küste entfernt. In der Nacht zum Freitag feuerten amerikanische Kriegsschiffe mehr als 50 Tomahawk-Raketen ab, die Marschflugkörper schlugen in der Region Homs ein. Offenbar zerstörten sie einen Luftwaffenstützpunkt.

Mit dem Feuerbefehl will US-Präsident Donald Trump Härte zeigen. Die Schreckensbilder der Giftgasattacke auf die von Regimegegnern gehaltene syrische Stadt Khan Scheikhun haben ihn aufgewühlt – und sie haben ihn verändert. Noch vor ein paar Tagen hatte seine Regierung angedeutet, sich mit dem Herrschaftsanspruch des syrischen Despoten Baschar al-Assads abfinden zu können. Nun, nur 72 Stunden nach dem Gasangriff mit Dutzenden zivilen Opfern, übten die Vereinigten Staaten Vergeltung.

Washington hat keinen Zweifel daran, dass Assad für das Kriegsverbrechen verantwortlich ist. Nach Darstellung des Weißen Hauses sind die syrischen Kampfflugzeuge, die die Giftgasbomben über dem Rebellengebiet abgeworfen haben sollen, von der beschossenen Flugbasis aufgestiegen.

Zunächst einmalige Strafaktion

Die US-Regierung sieht die Raketensalve als zunächst einmalige Strafaktion – nicht als Beginn einer Militärkampagne zum Sturz Assads. Darum nahmen die Amerikaner auch nicht die syrischen Luftabwehrsysteme unter Beschuss und setzten mit Marschflugkörpern Abstandswaffen ein, statt das Leben von Kampfpiloten zu riskieren.

Während die Raketenblitze den Himmel über Homs durchzuckten, speiste Trump in seinem Golfressort in Florida mit seinem chinesischen Amtskollegen Xi Jinping. Um zehn Uhr Ortszeit unterbrach er den bilateralen Gipfel. Trump trat vor die Kameras und las unter einem protzigen Kristallkronleuchter ein Statement vom Teleprompter ab. Es sind Bilder, an die sich die Welt gewöhnen muss, nun da der exzentrische Milliardär die USA regiert.

Er habe einen „gezielten Luftschlag“ angeordnet, sagte Trump, dieser sei im nationalen Sicherheitsinteresse gewesen. Trump sprach ergriffen von den Opfern des Gasangriffs, von erloschenen Leben „wunderschöner Babys“. Er rief die „zivilisierten Nationen“ dazu auf, sich Amerika anzuschließen, um das Blutvergießen in Syrien zu beenden.

Der Präsident verfolgte aber auch ein innenpolitisches Ziel, als er den Vergeltungsschlag anordnete: Er wollte demonstrieren, dass er anders als sein Vorgänger Barack Obama seinen Worten Taten folgen lässt. Obama war im Sommer 2013 davor zurückgeschreckt, Assad für den Einsatz von Chemiewaffen zu bestrafen. Unter anderem, weil er eine Eskalationsspirale fürchtete und verhindern wollte, dass Amerika tiefer und tiefer in den syrischen Bürgerkrieg hineingezogen wird.


Innenpolitische Motive

Mit ihrem Angriff auf das Assad-Regime riskiert die US-Regierung eine Konfrontation mit Moskau. Russische Spezialkommandos kämpfen an der Seite der syrischen Armee, täglich fliegen russische Bomber neue Angriffe auf die Rebellen. Bisher gibt es nicht das geringste Anzeichen dafür, dass der Kreml von Assad abrückt. Moskau bestreitet, dass das Regime für den Gasangriff verantwortlich ist. Sie werfen dem Westen vor, nur einen Vorwand für den Sturz Assads zu suchen.

Jede weitere militärische Eskalation könnte zu Kampfhandlungen zwischen Russen und Amerikanern führen. Das russische Militär hat moderne Luftabwehrwaffen in Syrien stationiert, die in der Lage wären, US-Kampfjets vom Himmel zu schießen.
Die Frage ist nun, wie Assad und der russische Präsident Wladimir reagieren.

Im syrischen Fernsehen wurde der Angriff als „Akt der Aggression“ bezeichnet, Russland hatte schon zuvor vor "negativen Konsequenzen" gewarnt. Es ist möglich, dass Assad sich einschüchtern lässt. Ebenso denkbar ist es, dass er versuchen wird, den unerfahrenen US-Präsidenten herauszufordern. Etwa, indem er weitere Gasattacken anordnet. Was dann?

Eigentlich war Trump angetreten, die USA von den Bürden der globalen Interventionspolitik zu befreien. Er werde Amerika zu altem Glanz zurückführen, versprach er seinen Wählern, indem er sich auf die inneren Probleme des Landes konzentrieren werde. „America First“, lautete seine Parole. Doch in der Nacht zum Freitag trat Trump nicht als Nationalist auf, sondern als Verteidiger von Menschenrechten und internationalen Normen. Nach nicht einmal drei Monaten im Amt ist er zum Kriegspräsidenten geworden – und hat eine Eskalation in Gang gebracht, deren Ausgang völlig offen ist.

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