Taliban Friedensgespräche in Afghanistan

Ein Vier-Länder-Treffen in Islamabad soll die Richtung des Friedensprozesses für Afghanistan vorgeben. Ein Ziel: direkte Gespräche zwischen den Taliban und der afghanischen Regierung. Kabul ist pessimistisch.

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Vertreter von Afghanistan, Pakistan, den USA und China bei Friedensgesprächen. Quelle: dpa

Islamabad Auf der Suche nach Frieden und Sicherheit für das zerrüttete Afghanistan sind Vertreter aus vier Ländern zu Gesprächen in der pakistanischen Hauptstadt Islamabad zusammengekommen. Ziel des Treffens sei unter anderem, direkte Gespräche zwischen den radikalislamischen Taliban und der afghanischen Regierung zu erreichen, sagte ein Repräsentant des Gastgebers Pakistan. Die Taliban haben ihre Anschläge seit Ende der Nato-Mission Ende 2014 verstärkt.

Nun soll verhindert werden, dass das Krisenland wieder in die Hände der Extremisten fällt, die große Teile Afghanistans von 1995 bis zur US-geführten Invasion 2001 kontrolliert hatten. Die Aufständischen sind intern seit dem Tod ihres Chefs und Gründers Mullah Mohammed Omar uneins über die Führung, die derzeit der umstrittene Mullah Achtar Mansur innehat. Auch waren keine ihrer Vertreter zu den Gesprächen nach Islamabad eingeladen, an denen Gesandte aus den USA, China, Afghanistan und Pakistan teilnahmen.

Allerdings sagte ein ranghoher Taliban der Nachrichtenagentur AP, zwei Vertreter der im Golfstaat Katar ansässigen Taliban wollten in Kürze mit chinesischen und pakistanischen Vertretern in Islamabad zusammentreffen.

Eine Splittergruppe, die sich nach dem Tod von Mullah Mohammed Omar gebildet hatte, erklärte am Montag, sie sei zu Verhandlungen bereit. Sie wird jedoch als sehr klein eingeschätzt, und ihre Abwesenheit in den umkämpften Gebieten in Afghanistan dürfte die Lage dort nicht verändern.

Gastgeber Pakistan mahnte beim Beginn des Treffens am Montagmorgen die Teilnehmer zur Vorsicht. Sartaj Aziz, der außenpolitische Berater der pakistanischen Regierung, warnte davor, voreilig zu entscheiden, welche Taliban-Gruppierungen für Gespräche infrage kämen. Vielmehr müsse Vertrauen aufgebaut werden, um selbst die widerspenstigen Taliban wieder an den Verhandlungstisch zu bringen. Zugleich erklärte er, der Einfluss Pakistans auf die Taliban werde überschätzt.

Pakistan steht bei den USA und Afghanistans unter dem Verdacht, die afghanischen Taliban finanziell oder materiell zu unterstützen und den Extremisten Unterschlupf zu gewähren. Beobachter und Teilnehmer gehen deshalb davon aus, dass das afghanische Nachbarland den Friedensprozess entscheidend voranbringen könnte. Ein Zeichen für ein Umdenken Pakistans sei der Besuch von Armeechef General Raheel Sharif vergangenen Monat in Afghanistan gewesen, sagte der Politologe Imtiaz Gul vom Zentrum für Forschung und Sicherheitsstudien. Damals hatte Sharif in Kabul die Vier-Länder-Gespräche vereinbart.

Afghanistan seinerseits sieht derzeit kaum Spielraum für einen Frieden mit den Taliban. Die Kluft zwischen beiden Seiten sei einfach zu groß, sagte Maulvi Schasada Schaeid, ein Mitglied des Afghanischen Hohen Friedensrates. „In der aktuellen Situation ist es nicht möglich, Frieden zu erreichen“, meinte er. So will der afghanische Präsident Aschraf Ghani nicht auf die Forderungen der Taliban eingehen. Diese verlangen unter anderem, dass ihre Kommandozentrale in Katar anerkannt wird, wo die Fahne ihres bis 2001 in Afghanistan herrschenden Islamischen Emirats weht. Zudem fordern sie unter anderen Bedingungen die Freilassung all ihrer Gefangenen aus afghanischen Gefängnissen.

Pakistan war im vergangenen Sommer Gastgeber eines Treffens von Vertretern der afghanischen Regierung und der Taliban. Die Gespräche waren allerdings zusammengebrochen, nachdem der Tod des langjährigen Taliban-Anführers Mullah Omar bekanntgegeben worden war.

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