Teilmobilisierung Putins Stauen sich die Russen wirklich an Finnlands Grenze?

Webcams an der russisch-finnischen Grenze zeigen sich stauende Autos.

Im Internet kursieren Videoaufnahmen von angeblich per Auto flüchtenden Russen, die an der Grenze im Stau stehen. Doch eine Datenrecherche nährt Zweifel. Wir haben bei der finnischen Grenzstation, wo die Kamera hängt, angerufen.

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Die Teilmobilmachung Russlands durch Kremlchef Wladimir Putin sorgt offenbar für Fluchtbewegungen. Das legen zumindest astronomische Preise nahe, die Buchungsportale gerade für Flüge nach Belgrad, Dubai oder Armenien aufrufen. Das letzte Economy-Ticket bei Emirates für den Mitternachtsflug am Mittwoch kostete um 14.30 Uhr fast 10.000 Euro, zeigen Recherchen der WirtschaftsWoche.

Beim Nachrichtendienst Twitter kursieren derweil Aufnahmen von der finnisch-russischen Grenze: Eine Überwachungskamera soll demnach einen langen Stau zeigen, der deshalb entstanden sein soll, weil Russinnen und Russen auch auf dem Landweg fluchtartig das Land verlassen.

Eine Analyse von aktuellen Verkehrsdaten auf Google Maps und dem russischen Pendant Yandex Maps zeigt allerdings keinen größeren Stau an den Grenzstationen.

Verkehrsdaten von Google Maps und Yandex Maps um 17.00 Uhr am Mittwoch zeichnen ein anderes, staufreies Bild mit normalem Verkehrsaufkommen.

Das widerlegt auch Berichte von einzelnen Medien, wie etwa Bild.de, wonach außergewöhnlich viele Russen über die russisch-finnische Grenze strömen. Sie berufen sich dabei auf Videoaufnahmen einer Wetter-Webcam – die allerdings nur einen eingeschränkten Blickwinkel zeigt.

Anruf bei der Grenzstation: „Normaler Verkehr“

Das russische Internetportal „Die Grenze“, das den Verkehr an den Übergängen erfasst, zeigte am Mittwochnachmittag (gegen 17 Uhr deutscher Zeit) Wartezeiten von wenigen Minuten. Deutlich weniger, als beispielsweise an Wochenenden.



Ein Anruf bei den Beamten an der finnischen Grenzstation Vaalimaa bestätigt die Daten. „Es ist normaler Verkehr an der finnischen Grenze. Ich weiß nicht, wie es auf russischer Seite aussieht, aber auf finnischer Seite ist nur normaler Verkehr im Moment“, so eine Grenzbeamtin gegenüber der WirtschaftsWoche am Mittwochnachmittag.

Später am frühen Abend folgte ein Tweet der finnischen Grenzschutzbehörde Rajavartiolaitos. Dort hieß es, es seien Falschinformationen im Umlauf. Die Situation an der finnischen Grenze hätte sich seit der Teilmobilmachung nicht verändert:

von Max Biederbeck, Rüdiger Kiani-Kreß, Angelika Melcher

Der Grenzübergang Vaalimaa, der aufgrund der Live-Kamera am Mittwoch in den Fokus der Öffentlichkeit rückte, ist der wichtigste zwischen Finnland und Russland. Er liegt genau auf der Strecke zwischen St. Petersburg und Helsinki. 

Lesen Sie auch: Keine ungewöhnlichen Staus an der finnischen Grenze – dafür stehen die Russen an der Grenze zu Georgien mit ihren Autos in der Schlange

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