Terrormiliz Von der Leyen: IS ist „nicht geschlagen“

Auf der Münchener Sicherheitskonferenz berät die Anti-IS-Koalition über den weiteren Kurs. Der IS verändere seine Vorgehensweise, sagt die Verteidigungsministerin.

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Von der Leyen begrüßte, dass die US-Regierung nach Abzugsplänen aus Syrien nun wieder auf die Bremse getreten ist. Quelle: dpa

Berlin/Beirut Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat vor der Münchner Sicherheitskonferenz dazu aufgerufen, im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) nicht vorzeitig nachzulassen. „Wir wissen, dass der IS nicht geschlagen ist, aber dass er sein Gesicht, seine Vorgehensweise verändert“, sagte die CDU-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur.

Vor dem Beginn der Konferenz werde die 13 Staaten umfassende Kerngruppe der Anti-IS-Koalition über den weiteren Kurs beraten. „Wir werden intensiv besprechen, wie wir die schleichende, auch überregionale Ausbreitung des IS über Untergrundnetzwerke verhindern und bekämpfen können“, sagte sie.

Von Freitag bis Sonntag werden in München insgesamt 600 Experten für Sicherheitspolitik erwartet, darunter rund 30 Staats- und Regierungschefs sowie rund 80 Außen- und Verteidigungsminister. Sie wollen die ganze Palette sicherheitspolitischer Fragen debattieren.

Im Kampf um die letzte Bastion der Terrormiliz in Syrien haben unterdessen die Kurden nach eigenen Angaben „spürbare Fortschritte“ am Boden erzielt. Allerdings leisteten die Extremisten in dem Ort Al-Baghus erbitterten Widerstand, sagte Mustafa Bali, ein Sprecher der von Kurden angeführten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) am Mittwochmorgen.

In den Reihen des IS seien kampferprobte Anhänger, die in den Kriegen in Tschetschenien oder Afghanistan Erfahrung gesammelt hätten.

„Die Terrororganisation verteidigt ihre letzte Bastion“, sagte Bali. „Sie hat nur die Wahl: Tod oder Kapitulation. Die Dschihadisten ziehen den Kampf vor.“ Der Angriff auf Al-Baghus sei zudem schwierig, weil der IS Zivilisten als menschliche Schutzschilde missbrauche.

Deutschland ist am Kampf gegen den IS in Syrien und dem Irak militärisch beteiligt. Von der Leyen begrüßte, dass die US-Regierung nach Abzugsplänen aus Syrien nun wieder auf die Bremse getreten ist. Es sei gut, dass die Amerikaner „von einem zunächst rein zeitgetrieben Rückzug dazu übergangen sind, inhaltliche Grundbedingungen für einen Abzug zu formulieren“. Aber der Kampf gegen den IS reiche weit über die syrische Frage hinaus.

Zu einer Stabilisierung nach dem Ende der Kampfhandlungen in Syrien sagte sie: „Hier wird Europa eine ganz wichtige Rolle spielen können, aber es hat auch ein Pfund in der Hand, denn der Wiederaufbau von Syrien wird Jahre dauern und Milliarden kosten.“

Der Schutz von Minderheiten und Rückkehrern nach Syrien sei Grundbedingung für jede Unterstützung, die über unmittelbare humanitäre Hilfe hinausgehe. „Diesen Hebel, den Europa hat, sollten wir auch bewusst und sorgsam einsetzen“, sagte sie.

Von der Leyen sprach sich auch für eine enge militärische Zusammenarbeit der EU mit Großbritannien aus. „Das ist in beiderseitigem Interesse“, sagte sie. Dass sie die Sicherheitskonferenz gemeinsam mit ihrem britischen Kollegen Gavin Williamson eröffne, sei ein Signal.

Großbritannien habe ein hohes Interesse, bei bestimmten militärischen Projekten in Europa dabei zu sein. „Und diese Tür wollen wir durch eine Drittstaatenregelung öffnen, die zurzeit in den europäischen Gremien noch endgültig verhandelt wird. Aber das sieht gut aus“, sagte sie. „Das heißt, Großbritannien wird zum Beispiel auch in europäischen Missionen, wenn es das möchte, vertreten sein.“

Von der Leyen warnte die US-Regierung vor den Folgen eines übereilten Abzugs aus Afghanistan. „Die Amerikaner wissen, dass es unserer Meinung nach nicht richtig ist, Afghanistan jetzt im Stich zu lassen. Der Prozess eines klugen Truppenabbaus muss immer gekoppelt sein mit nachhaltigen Fortschritten im Friedensprozess.“

Die Verbündeten seien auf Fähigkeiten der USA in Afghanistan angewiesen, „und die Amerikaner wissen das auch“, sagte sie. „Deshalb haben wir sehr deutlich gemacht: Wenn diese Fähigkeiten der Amerikaner uns und anderen nicht mehr zur Verfügung stehen, können wir den mandatierten Auftrag nicht fortsetzen.“

Das Bundeskabinett beschloss am Mittwoch die Verlängerung von vier Auslandseinsätzen um ein weiteres Jahr. Darunter war auch der Afghanistan-Einsatz „Resolute Support“, der ungeachtet eines möglichen US-Teilabzugs zunächst praktisch unverändert fortgesetzt werden soll.

Auf den Kabinettstisch kamen auch die Mandatsverlängerungen von drei Einsätzen, die öffentlich wenig beachtet werden: Die Nato-Operation „Sea Guardian“ im Mittelmeer sowie die Beteiligung an den UN-Friedensmissionen im Südsudan (UNMISS) und im Sudan (UNAMID). Das letzte Wort hat der Bundestag.

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